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Alltag und Mythos

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Mit der Fortschrittsskepsis geht in den Künsten auch die Bestrebung / einher, Archaisches mit dem Intellektuellen zu verbinden. Wenn schon nichts besseres, sondern immer wieder nur anderes entsteht, warum sollen wir auf das andere von ehemals, auf frühere Stufen der Menschheitsgeschichte verzichten? Diese allgemeine Tendenz findet in Albanien besondere geschichtliche Antriebskräfte.

In der vorliegenden Auswahl aus acht Gedichtbänden des Autors Ali Podrimja aus dem Kosowo (geboren 1942) verschmelzen Motive des Märchens, der Mythen und ballades-ker archaischer Figuren mit den bestürzenden Fakten des zeitgenössischen Alltags in diesen Regionen. Zur Eigentümlichkeit gehört es, daß weltweite Widersprüche und Konflikte hier auf engstem Raum ausgetragen werden müssen, und daß ein gewaltsamer Rückstau der allgemeinen europäischen Evolution während vieler Jahrzehnte nun zu überstürzten und unkontrollierbaren Durchbrüchen führt.

Dies alles spiegelt sich im Stil und der Thematik der Gedichte. Einerseits lebt der Poet in einer urtümlichen Bildsprache („wird der Wolf gesattelt, schattet an unseren Fenstern der schwarze Vogel, werden Königreiche durchwandert") andererseits schlägt der Alltag hart zu: „Morgens früh weckte mich der Polizist mit der Maschinenpistole."

Der im derzeitigen Europa nicht nur intellektuell, sondern auch geographisch gut bewanderte Dichter hat sich aber einen ungebrochenen, man möchte sagen „familiären" Sinn gegenüber dem Leben bewahrt, worin man das eigentlich Albanische dieser Kunst sehen mag.

ICH SATTLE DAS ROSS DEN TOD. Von Ali Podrimja. Ausgewählt und aus dem Albanischen übersetzt von Hans-Joachim Lanksch. Wieser Verlag, Klagenfurt/Salzurg 1991. 143 Seiten, öS 178,-.

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