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An der Revolte vorbei

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Im Studentenstreik der Akademie der bildenden Künste (Klasse Roland Rainer) zeichnet sich vorerst nun doch eine Beruhigung ab: Zwar ist der Vorsitzende der österreichischen Hochschülerschaft an der Akademie, Franz Enzenhofer, zurückgetreten, weil er über den geringen Erfolg seines Bekenntnisses zu demokratischer Diskussion enttäuscht ist. Er wollte die weitere Entwicklung des Streiks nicht mehr verantworten, seit das Professorenkollegium (gegen Minister Dr. Firnbergs Wunsch) eine Drittelparität im höchsten Gremium der Akademie ahgelehnt hatte. Und um ein Haar wäre sogar die ÖH, die einzige legale Vertretung der Studenteninteressen an der Akademie, in der allgemeinen Panik von den Hörern selbst aufgelöst worden. Das heißt, der Streik wäre in eine unorganisierte „Revolte” ausgeartet.

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Im Studentenstreik der Akademie der bildenden Künste (Klasse Roland Rainer) zeichnet sich vorerst nun doch eine Beruhigung ab: Zwar ist der Vorsitzende der österreichischen Hochschülerschaft an der Akademie, Franz Enzenhofer, zurückgetreten, weil er über den geringen Erfolg seines Bekenntnisses zu demokratischer Diskussion enttäuscht ist. Er wollte die weitere Entwicklung des Streiks nicht mehr verantworten, seit das Professorenkollegium (gegen Minister Dr. Firnbergs Wunsch) eine Drittelparität im höchsten Gremium der Akademie ahgelehnt hatte. Und um ein Haar wäre sogar die ÖH, die einzige legale Vertretung der Studenteninteressen an der Akademie, in der allgemeinen Panik von den Hörern selbst aufgelöst worden. Das heißt, der Streik wäre in eine unorganisierte „Revolte” ausgeartet.

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Buchstäblich in letzter Minute gaben Rektorats am Schillerplatz ausge- die Verantwortlichen im Ministerium hängt, marschierten zum Heldennach: Studenten hatten die Tür des platz, forderten ein Gespräch mit

Bundeskanzler Kreisky und verhandelten im Unterrichtsministerium am Minoritenplatz mit Ministerial- beamten. Schließlich ließ Minister Firnberg die Protestierergruppe ins Parlament kommen und versuchte, mit den Studenten ein provisorisches Übereinkommen zu treffen. Inzwischen hatte allerdings auch eine Hörerversammlung der Studienrichtung Architektur an der Technischen Hochschule Wien den streikenden Kollegen der Akademie ihre Solidarität mitteilen lassen und kündigte ihrerseits Mitbestimmungsbestrebungen an.

Seither wird an der Akademie zwar gestreikt, aber es sind kaum noch Vorfälle zu melden. Minister Firnberg hat inzwischen Stellung bezogen: Sie tritt „aus eigener Überzeugung für die Drittelparität ein, obwohl manche Professoren meinen, der Untergang des Abendlandes sei nah, wenn Studenten in ihren Gremien sitzen”. Aber sie steht auch auf dem Standpunkt, „daß die Studenten sich nichts erstreiken können”, weil die Frau Minister sich von solchem Druck in ihren Entscheidungen nicht beeinflussen lassen darf.

Und obwohl der eine Streik nicht zu Ende ist und die Hochschulen und ihre Gesetzgebung noch genügend Zündstoff enthalten, droht nun schon wieder eine neue Protestwelle! Alle fünf österreichischen Kunsthochschulen reagierten heftig auf die Formulierungen des neuen Universitäts-Organisationsgesetzes und protestierten, weil nämlich, ähnlich wie früher die Gliederung in Akademien und Hochschulen, nun eine Teilung in Hochschulen und Universitäten geplant ist. Professoren und Studenten,. in diesen Fragen sogar einer Meinung, arbeiteten eine

Eingabe aus, wonach beide gleichrangig behandelt werden sollten, und forderten dafür die Einsetzung einer Subkömmission im Parlament…

*

Hinsichtlich der Stellung der Akademien und der autoritären Position ihrer Professoren innerhalb des Lehrbetriebes scheinen wir an einem Wendepunkt angekommen. Die hier von Hörern geforderte Drittelparität scheint freilich zahm und harmlos, mißt man sie etwa an den radikalen Forderungen deutscher Studenten, die nicht bloß Einblick in die Verwendung von Akademiegeldern, eine organische Erneuerung durch Zuzug neuer, junger Lehrkräfte, Schutz der Klassenvertreter gegen Repressalien und eine Mitbestimmung im administrativen Bereich fordern (siehe auch „Kaputtes System”, FXJRCHE-Num- mer 13, vom 27. März).

Daß es hier nicht mehr gegen ein zelne Professoren, konkret gegen die Person Roland Rainers geht, sondern gegen ein System, dessen Altersschwächen an allen Ecken und Enden sicht- und spürbar werden, ist längst klar.

Wie lange aber werden es sich vor allem Professoren leisten können, prinzipiell gegen ihre Studenten zu sein? Die Akademie ist schließlich keine Versorgungsanstalt für Professoren, sondern dazu da, ihren Hörern ein Maximum an Information und technischer Fertigkeit zu vermitteln. Schöpferische Kräfte sind aus Österreich schon genug abgewandert. Soll auch noch die jüngste Generation hier vertrieben werden und das Renommee der Institute noch mehr angeschlagen sein als bisher, und lediglich damit ein paar Herren die Gewißheit haben, daß ihre „heile Welt” in den nächsten Wochen noch nicht untergeht?

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