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Auf Stolperwegen der Kindheit

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In seinen Jugenderinnerungen unternimmt Albert Janetschek das Wagnis, auch die pränatalen Bedingungen seines Werdens in ihrer absurden Tragik aufzudecken. Daß sich dabei Wahrhaftigkeit und Pietät nicht ausschließen, ist die ungewöhnliche charakterliche und stilistische Leistung des Autors.

Er schreckt nicht davor zurück, das „Muß der Menschwerdung" als Erbfluch eines Ehedramas zum Ausgangspunkt seines „Erkenne dich selbst" zu machen. Und doch liegt über diesen ergreifenden Miniaturen vom Scheitern eines „Nicht-Wohlgeborenen" ein geheimer, tröstlicher und stiller Zauber. Denn bei diesem Maximum an hemmenden Momenten, denen der junge Janetschek ausgeliefert ist, den Wirrnissen der dreißiger Jahre und der aggressiven Pädagogik der „Tanten" in einer ehrwürdigen, weitverzweigten Lehrerfamilie, bei all dem wird doch spürbar, wie sich das Au-tochthone des Geistes in dem Pubertierenden langsam aber stetig entwickelt. Daß es schließlich höchste Souveränität erreichen wird, schwingt von allem Anfang an als Verheißung mit, wie ja die Haltung des Erzählers beweist, der bei aller ironischen Relativierung niemals verletzt.

Trotz ungünstiger Vorau s Setzungen hat die Lebensarbeit des Erziehers und Selbsterziehers Albert Janetschek und nicht zuletzt die verbale Katharsis seiner Dichtungen dazu geführt, daß nach aller Wirrnis der Ahnen die Generationskette das Sinnvolle aus dem absurd Scheinenden emporzuziehen vermochte.

SPUREN DER HERKUNFT. Jugenderinnerungen 1925-1943. Merbod Verlag, Wiener Neustadt 1992. 147 Seiten, öS 160,-.

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