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Aufbewahren!

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Wenn der ORF geräuschlos und ganz, nebenbei etwas aus seiner Videothek hervorholt, steht es dafür, einen Blick darauf zu werfen. So auch neulich, als uns mit Andre Roussins von Hans Weigel übersetzter „Schule der Ehe“ eine Aufzeichnung aus jener Zeit ins Haus gesandt wurde, in der die Großen der Josefstadt und der Burg noch sehr jung waren. Zwei Nichtigkeiten, zwei Kostbarkeiten.

Von deutschen Literaturgeschichten wurde bislang der französische Alexandriner mit bornierter Verachtung behandelt, und mit ihm somit die ganze französische Klassik. Die Wahrheit aber ist, daß der Alexandriner heranrollen kann wie Meeresbrandung, dahinfegen wie ein Wirbel- sturm, in Konversation zersplittern wie eine Rakete. Manchmal trägt er purpurne Schleppen, immer aber muß das zweite Reimwort des Dop- pelverses die Pointe knallen lassen. Deshalb galt der Alexandriner als unübersetzbar.

Daß er übersetzbar ist, bewies Hans Weigel (nicht nur mit Moliöre, sondern auch hier, mit Roussin), und daß man ihn im rasanten französi- , sehen Tempo auch auf Deutsch sprechen kann, bewies der unvergeßliche Theo Lingen, der irrtümlich für einen Klamaukkomiker gehalten wurde. Ein Dutzend Theaterbesucher und zwei Dutzend Femseh-Konsumenten werden begriffen haben, was da geboten wurde: ein Sprachkunstwerk hohen Ranges. Unbedingt aufbewahren, bitte!

Silberer, der sich Sil Vara nannte, schrieb zu Beginn der dreißiger Jahre eine Bombenrolle für die noch junge Alma Seidler und baute um die Seid- ler herum ein Stück. Als „Mädchenjahre einer Königin“ hatte es im Burgtheater Erfolg. In den fünziger Jahren drehte man unter gleichem Titel einen Film, den man nicht hätte aufheben müssen, denn er ist so verlogen und zuckerlsüß wie die gleichzeitige Sis- si-Serie. Jene Romy war natürlich mit von der Partie.

Oh wär’ man doch bei Silberer geblieben!

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