Wie anständig sind die Österreicher? Richtiger gesagt: wie anständig sind die zahllosen „kleinen Leute“, von denen kein Aufhebens gemacht wird?Es war einer jener genialen Einfälle, die bei Jörg Mauthe nicht selten sind, daß er am Ende seiner Fernsehserie „Familie Merian“ die offene Frage in den Raum stellte: Und was hätten Sie getan?Hätten Sie sich der querschnittgelähmten Tochter gegenüber so benommen wie dieser Vater, diese Mutter, und vor allem die beiden Brüder, diese Rabauken -? Hätten auch Sie unter diesen Umständen den millionenschweren Goldschatz nicht
Was die Volksseele immer wieder zutiefst aufwühlt, das sind die Kronprinzentragödien. Von Don Carlos über Mayerling und Sarajewo bis Hannes Androsch. Wochenlang haben wir bei „Androsch im Bild“ und „Androsch vor Zehn“ den Atem angehalten, bis er endlich mit Walther von der Vogelweide ausrufen durfte: Ich han ein Lehn, all die Welt, ich han ein Lehn! Nun spüre ich den Hornung nicht mehr in den Zeh’n! (Auch die Hohenstaufen waren streng, aber gerecht.)Der oberste Lehnsherr kam „fast privat“ zu Wort, wobei allerhöchst Er Seinen bewundernswerten Instinkt unter Beweis
Novalis rotiert im Grabe. Einer seiner späten Nachfahren, auch er ein Hardenberg nämlich, hat den Planeten „Medora“ erfunden. Dort regieren Emanzen mit Glitzerwimpern und Männer werden lediglich als Raumpfleger und Betthasen verwendet. Was hätte ein Egon Frieden, und was hätte ein Alfred Polgar aus diesem Einfall gemacht! Dem Grafen Hardenberg jedoch geriet die Serie „Mädchen aus dem Weltraum“ zum interplanetarischen Fangerispiel, bei dem jede österreichische Staatssekretärin ohne Bedenken zusehen kann.Ohne Bedenken auch konnten zur Kritik gereifte Menschen dem
Die Predigten des Abraham a Sancta Clara sind eine Glanzleistung des großen Schauspielers Romuald Pekny. Die Identifikation mit der geschichtlichen und literarischen Gestalt des Pater Abraham gelingt so vollkommen, daß der bezauberte Zuseher und Zuhörer zur Überzeugung kommt: so und nicht anders muß es gewesen sein!So und nicht anders waren Mimik, Gestik und Suada des großen Kanzelredners, der Hofprediger wurde, nicht obwohl, sondern weil er „dem Volk aufs Maul schaute“. Ein durchaus österreichisches Phänomen.Predigten im Geiste der derzeit geltenden
In Kurt Diemans Serie „Homo Austriacus“ kam anläßlich seines achtzigsten Geburtstages Dr. Josef Schoiswohl, der Erzbischof mit dem scharf gespannten Bogen im Wappen, zu Wort. Wieder bewährte sich, was Erich Feig! vor vielen Jahren bei dem von ihm produzierten Zita-Monolog entdeckt hatte, und was von bundesdeutschen Autoren mit geringerem Erfolg kopiert worden war: die Gesichtszüge eines Menschen, der sein Leben erzählt, sagen mehr aus als Landschaften und Architektur, die nur als kurze Einblendungen den gewaltigen Strom des Erinnerns unterbrechen dürfen - im Falle des Erzbischofs den
Wie ich sie hasse, die Mache der Macher! Der Liedermacher und der Büchermacher und der Filmemacher, einschließlich jener Valie, die zu exportieren Linz nicht umhin konnte.Doch nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ichda, nicht etwa nur, um dem weihnachtlichen Gefühlspensum gerecht zu werden, sondern aus innerstem Antrieb. Und deshalb sei hier in Dankbarkeit aller Monteverdi-Offen-barungen gedacht, rückblickend und vorausblickend, die Nikolaus d'Harnoncourt uns beschert hat und noch bescheren wird (auch er im zivilisierten Ausland ein Graf, in Österreich aber vorschriftsmäßig sogar ohne
Abbitte leisten muß ich den Kunstkritikern. Wenn sie in der (übrigens hervorragend redigierten!) „Galerie" den Österreichern unter Drohungen jenen evidenten Schwindel aufschwafeln wollen, der in zehn Jahren unfehlbar auf den MUllhalden landen wird, sind sie nicht eine Quelle des Ärgers, sondern der nicht enden wollenden Erheiterung.Abbitte leisten muß ich der Barbara Coudenhove-Kalergie. Nicht etwa deshalb, weil sie im zivilisierten Ausland eine Gräfin ist, hierzulande aber keine, sondern weil sich seit einem unguten Telefongespräch vor vierzehn Jahren so vieles geändert hat.
An Erik von Kuehnelt-Leddihn, Lans. Lieber Erik.Da es unmöglich war. Deiner zwischen Alaska und dem Cafi Landt-mann habhaft zu werden, wähle ich den Weg einer Buchbesprechung, um Dir dafür zu danken, daß Du endlich wieder ein Buch geschrieben hast und aufs neue die Zuchtrute über roten und schwarzen Jakobinern schwingst.Du hast recht getan, denn was kann unsereinem denn noch viel passieren? Vor den Fallbeilen und Gaskammern der Nazis haben uns Schutzengel, an die Progressivpriester nachweislich nicht glauben, seltsamerweise gerettet, und die demokratischen Totschweige-Inquisi-toren sind
„Umsonst habe ich mich vom ersten Tag an bemüht, zu zeigen, daß es mir in ,Jonny spielt auf nicht auf die Verherrlichung des amerikanischen Jazz-Wesens ankam, sondern auf die Darstellung der tragischen Situation der abendländischen Kultur, deren schöpferische Kräfte, von ihrer eigenen Problematik paralysiert, dem skrupellosen Ansturm einer vehementen Vitalität ausgesetzt sind."So Ernst Kfenek 1935 in einem Aufsatz, den er mir für die „Akademischen Blätter" geschenkt hatte. Wir monarchistischen Studenten kämpften nämlich damals für eine Aufführung Kfeneks „Karl
Es begann im Norden, wo die Glaubensbrüder, auf Kommando singend, auf Kommando betend, in bewundernswerter Disziplin dem Regen und dem Sturm standhielten, wo aber auch niemand ahnt, daß Christentum so heiter sein kann wie eine Mozartmesse, so turbulent wie ein Gottesdienst in Neapel und so ekstatisch wie ein nächtlicher Augenblick in der Grotte von Massabielle bei Lourdes.Und es endete, nach einem sehr innigen und fast schon heimatlichen Abend angesichts der karolingischen Pfalzkapelle von Altötting, mit wuchtiger baju-warischer Festlichkeit auf der Münchener Theresienwiese, unter einem
Die Frage „Gibt es österreichisch?" wurde um 22.30 Uhr erörtert, also zu einer Stunde, in der die Österreicher als einziges Volk der Welt bereits beginnen, sich langsam vom Schlafe zu erheben, und dann anderntags um 1125 Uhr, also wieder zu einer Zeit, da die Österreicher ihr Mittagsschläfchen halten. Und das ist schade, denn die Österreicher kamen dadurch um einige jener kostbaren Improvisationen Hans Weigels, die niemand mitschreibt, und die daher verlorengehen, und außerdem um sehr wesentliche Denkanstöße, die Wolf In der Maur der Diskussionsrunde lieferte.Daß es
Um wieder einmal Karl Kraus zu zitieren: „Was ist denn los? Was ist denn los? - Der längst erwartete Gegenstoß!”Die unglaubliche Popularität, die neuerdings Maria Theresia, Joseph und Franz Joseph genießen (und bald steht uns auch der Erzherzog Johann ins Haus!) muß die Schicht raffgieriger Spießbürger, die uns beherrscht (vor wirklichen „Proletariern” hätte ich nämlich Respekt), in Panik versetzt haben, und es war demnach an der Zeit, die wahrhaft abscheuliche Inszenierung der „Letzten Tage der Menschheit”, die man aus der Schweiz in die Wiener Festwochen transportiert
Einem Ungarn muß, wenn er nur will, und wenn er begabt ist, nach jahrhundertelangem Training so gut wie alles gelingen. Wie etwa unlängst dem großartigen Paul Lendvai mit „Duell im Äther” die Umsetzung des akustischen Phänomens Hörfunk in durchkomponierte Bildfolgen, die nicht mit dem Herzeigen von Mikrophonen, Sendemasten und Schalttafeln langweilten, sondern immer neue dramatische Höhepunkte sichtbar machten.Sichtbar, und nicht nur hörbar, war das Aneinander-Vor-beireden westlicher Interviewer und östlicher Radiomachthaber, für deren dogmentreues Denken jeder Versuch, der von
Als unlängst „Paul et Michelle" (zweiter Teil der „Jungen Liebenden") über die Bildschirme lief, begriff ich, um wieviel gefährlicher als Brutalität und stumpfsinniger noch die in Mode geratenen verlogenen Lovestories doch sind. Sie sprechen ein ungleich breiteres Publikum an und befriedigen dessen Kitsch- und Schluchzbedürfnisse. Zugleich wird eine religiös garantiert aseptische Idealwelt als selbstverständlich vorausgesetzt. Als ebenso'selbstverständlich gilt, daß die Folgen sentimentaler Promiskuität abzutreiben sind. Die Embryonenzer-metzelung vollzieht sich
Ich weiß nicht, was soll sie bedeuten. Die Serie nämlich, die unter dem Titel „Raumschiff Terra" an Freitagen um 17 Uhr 45 eine Viertelstunde lang von den Bildschirmen strahlt.Denn es ist ein Dilemma seit uralten Zeiten, daß es auf unserem „Raumschiff Erde" Alphamenschen und Betamenschen, Begabte und Unbegabte gibt, und daß die Alphas dazu neigen, ihre Überlegenheit zu mißbrauchen. Gelingt es den Betas, die Macht zu ergreifen und Alphas, die sich nicht anpassen wollen, auszurotten, dann geraten die Dinge vom Argen zum Ärgeren und zu Resultaten, die uns Österreichern vor
Es stand wahrhaftig dafür, etwas länger wach zu bleiben, um den „truc aux plumes", den Federntrick der Zizi Jeanmaire noch einmal, und in neuer Version wiederzusehen. Diesmal, nach zwanzig Jahren des Erfolgs mit dieser Nummer, war es nicht „schwarzes Theater" und es waren nicht mehr weiße Federnfächer, die in Marschordnung, scheinbar freischwebend, hinter Zizi einher flatterten, diesmal waren es heliotropfarbene Pfauenräder und Seeanemonen, aus denen sie mit dem berühmten gallischen Kriegsschrei auftauchte, und man durfte - denn der „truc" ist längst kein Trick mehr
Klausjürgen Wussow ist ein hervorragender Schauspieler und ein hervorragender Reiter. Nun reitet er wieder wie vor undenklichen Zeiten als „Kurier der Kaiserin".Klausjürgen Wussow, ein hervorragender Reiter, Schauspieler und Fechter, sprengt, dem Willen des ZDF gehorsam, von Hietzing kommend, durch den Park von Schönbrunn, stürmt die großen Staatsanlässen vorbehaltene Freitreppe hinauf und erstattet Meldung. Worauf die Darstellerin der Maria Theresia die lapidaren Worte zu wiederholen hat: „Leutnant von Rotteck, ich hab' einen Auftrag für Ihn." Und dann geht's los. „Von
Am elterlichen Abendtisch ereiferten sich Gäste gegen .jenen entsetzlichen Wedekind". Mit der provokanten Arroganz, deren man nur als Fünfzehnjähriger fähig ist, warf ich ein: „Aber die beiden Lulu-Dramen sind Meisterwerke."Nach einer Pause des Entsetzens fragte jemand lauernd: „Du hast das doch nicht etwa gelesen?" - „Doch, zweimal", sagte ich und legte damit das Fundament meines Rufs als Anarcho-monarchist.Inzwischen ist Frank Wedekind zum Klassiker geworden, und seine Bänkellieder sang in FS 2 Helmut Lohner. Lohner ist unübertrefflich, wenn er von innerlicher
Das Gespräch, das Otto Schulmeister mit dem Wiener Oberhirten vor laufender Kamera führen durfte, war ein freundschaftlicher Notentausch auf höchster diplomatischer Ebene. Alles wurde gesagt, aber nichts wurde vergröbert.Vorbei die Zeiten, da sie alle den Kardinal kritisierten. Die einen hinterrücks, die anderen öffentlich. Die aufgeregt Engagierten, weil sie genau spürten, wie eine vorsichtige, aber zielsichere Hand im milderen österreichischen Klima das Einreißen von Zuständen verhinderte, wie sie in westlicheren Gegenden das innerkirchliche Leben vergifteten und zur Zerreißprobe
Den Moskauer Spielen, die sich zu Olympia verhalten wie die Pripet-Sümpfe zu einem römischen Brunnen Berninis, auf unseren Bildschirmen zu entgehen, ist unmöglich. Und siehe: alles vollzieht sich, wie vorausgesagt. Die Herren der Welt sind ganz unter sich.Was tut's, ob dieses oder jenes der degenerierten Randvölker sich der ihm gebührenden Verachtung preisgibt und teilnimmt? Man braucht ja nur zu warten, bis auch diese Völker den Schritt vom institutionalisierten Jakobinertum zur Diktatur der Unterentwickelten vollziehen und sich selber auf der Servierschüssel darbieten.Wer Augen hatte,
Nicht zeitgenössische Musik ist gemeint. Gemeint sind vielmehr Bildschirmserien, die an den dunstigen Horizonten dieses Fernsehsommers aufgetaucht sind.Zuerst erschien Rockford, keine falschgeschriebene Käsesorte, sondern ein bildschöner Detektiv. Er wird, was ihm Sympathien sichert, regelmäßig von häßlichen Gangstern zusammengeschlagen, bringt aber, indem er mit blonden Gangsterbräuten ins Bett geht, dennoch alles an den Tag. Das ist so einleuchtend, daß der Ablauf sonstiger verworrener Ereignisse keiner weiteren Beachtung bedarf.Dem bildschönen Rockford auf dem Fuße folgte der
Claus Gatterers „Teleobjektiv” reizt oft zum Widerspruch, regt aber stets zum Denken an, und das ist dankenswert. Unlängst warf da ein hervorragend gestalteter Beitrag die Frage auf: Wo kommen die kleinen Burger-Stimmen her?Gewiß, das Angstgeschrei der Neuen Klasse, als sie der Spitze des Eisbergs ansichtig wurde, entbehrte nicht der Komik, unterstrich aber vor allem die Tatsache, wie volksfremd Volksvertreter sein können.Nach erfolgreicher Umerziehung außerstande, geschichtliche Zusammenhänge zu erkennen, hat sich die Neue Klasse etliche Begriffs-Amalgame eingeredet. Es geht nämlich
Wie blockfrei sind wir Neutralen? Klare Fragen, von Hubert Feichtlbauer im „Club 2” gestellt, wurden von gescheiten Leuten unklar beantwortet.Unbestritten blieb jedenfalls der Umstand, daß Österreich außenpolitische Unzucht nicht nur mit der demokratischen PLO und dem demokratischen Kuba, sondern auch mit demIran treibt, wo die jüngst von Olof Palme als „besonnders grrausameDiktatür”bezeichnete Herrschaft des Schah endlich von der Herrschaft mehrheitlich (no na) gewählter Inkompetenzen abgelöst wurde und somit die Demokratisierung unter den täglichen Freudensalven der
Sieht man, dank der Video-thek des ORF. jene Dokumentation über die Ereignisse des 15. Juli 1927 wieder, die 1977 von Hans Zerbs und Norbert Hoch-mayr versucht wurde, so verstärkt sich der Eindruck, den die erste Ausstrahlung hinterließ. Des Kopfschütteins ist kein Ende.Jedes intelligente Volk wirft sich, sobald es kracht und knallt, zu Boden. Die Dokumentaraufnahmen aus jenen Tagen zeigen hingegen eine Volksmenge, die sinnlos durcheinanderrennt, sobald sie erfahren muß, daß Dummheit kein Privileg ist und daß nicht nur sie selbst, sondern auch die staatliche Exekutive den Kopf verlieren
Nach dem Zita-Monolog der Schuschnigg-Monolog. Die Vi-deothek des ORF erweist sich in einem Maße als fündig, das alle Erwartungen übertrifft. Gold-gräberei dieser Art ist allerdings insoferne nicht ungefährlich, als der Vergleich mit Sprache, Habitus und seelischem Niveau von damals für sehr viele Zeitgenossen nachgerade tödlich ausfallen muß.Das sagt nichts darüber aus, wo Schuschnigg recht und wo er unrecht hatte. Seit Jahren hatten wir Habsburgtreuen ihm ja vorgeworfen, er glaube mit Deutschen zu sprechen und wisse nicht, daß er mit Gangstern spreche. Später warfen wir ihm vor,
Die vom ORF dargebotene Serie kanadischer Filme ist nun zu Ende gegangen.Kanada, dieses weite, weithin leere Land, ist ein seltsames Land. Die Bevölkerung dieses flächenmäßig ausgedehntesten Königreiches der Welt besitzt, soweit sie Englisch spricht, nicht die Wohlerzogenheit und den hintergründigen Humor der Engländer. Den Quebekern - sie sprechen ein im 18. Jahrhundert steckengebliebenes Französisch - fehlt die Fähigkeit der Reichsfranzosen, auch aus tiefster Schmach noch einen Funken von Glorie zu retten. Glaubt man den gezeigten Filmen, so besitzt der Kanadier jedoch einen
Als der jüdische Studienkollege Franz im Jahre 1945 plötzlich wieder vor uns stand, blieb uns, den aus Zuchthäusern und Gefängnissen lebend Heimgekehrten, sekundenlang das Herz stehen. Wir hatten ihn für tot gehalten. Wir wußten zwar, daß er sich anfangs bei Osttiroler Gesinnungsfreunden aufgehalten hatte, wußten aber auch, daß er später in Wien gesichtet worden, dann aber verschwunden war.,,Wo bist du gewesen, Franz”, fragten wir. - „Die letzten Tage verbrachte ich unter einem Kohlenhaufen”, sagte er. - „Wie überlebt man unter einem Kohlenhaufen?” - „Ich weiß es
Warum man im wjlhelminischen Deutschland Kaiser Maximilian I. als den „deutschesten” aller Habsburger zu propagieren pflegte, bleibt unerfindlich. In Wirklichkeit war Kaiser Max mütterlicherseits Portugiese, und väterlicherseits muß man fünf Generationen zurückgehen, um auf einen Deutschschweizer und eine Tirolerin zu stoßen. Dagegen waren gerade jene Ururenkel Maximilians, die der wilhelminischen Geschichtsschreibung als besonders „verwälscht” galten, allesamt Söhne deutscher Prinzessinnen.Maximilian I. war auch keineswegs ein „letzter Ritter”, sondern viel eher der erste
Der größte Sprung nach vorne, der diesem Lande, und mit ihm den ,,Erblanden” zwischen Belgien und Siebenbürgen, zwischen Böhmen und der Toskana jemals gelang, ereignete sich in den vierzig Jahren der Regierung Maria Theresias. Unter Joseph vergrößerte sich dieser Vorsprung so sehr, daß es fast zur Katastrophe gekommen wäre.Um diesem grandiosen Erbe in zwei Fernsehabenden gerecht zu werden, bedurfte es eines Dichters. Daß György Sebe-styen hinreißende Texte schreibt, sogar dann, wenn diese Texte nahezu ausschließlich aus Zitaten bestehen, weiß man hinlänglich. Wie aber diese
Kultur findet, alternierend mit dem Cafe Central, am Mittwoch statt.Um mit dem Lustigen zu beginnen: Lange haben alle Fort-schrittsbeflissenen darauf ge-wartet, daß sie es den starrköpfigen Künstlern hierzulande endlich zeigen, jetzt aber ist unser Glück vollkommen, sie ist uns erschienen: Niki de Saint-Phalle. Ein sinniger Name verpflichtet. Nikis Talente verhalten sich denn auch verkehrt proportional zur Grauslichkeit ihrer Produktionen.So weit, so chuzpe, hätten schon die alten Ostgoten gesagt. Heiterkeit breitet sich in ähnlich gelagerten Fällen erst aus, wenn man die
Da ich nicht willens bin, mir von den wesentlich jüngeren Herren Turrini und Pevny einreden zu lassen, daß ich alles, was ich recht aktiv erlebt habe, gar nicht erlebt habe und daß alles, was ich mit eigenen Augen gesehen habe, nicht war, wie es war, sondern so, wie die heutigen Machthaber gerne hätten, daß es gewesen sei, werde ich die hochgepriesene, von Millionen eingeschaltete und preisgekrönte „Alpensaga” auch in Hinkunft „nicht einmal ignorieren”.Erwähnt sei vielmehr der hervorragend gemachte kanadische Film „Einer allein”, der die Umweltverschmutzung durch gierige
Am Abend nach dem Tode Jean-Paul Sartres änderte der ORF sein Fernsehprogramm und strahlte die (hervorragende) Verfilmung eines der wesentlichsten Stücke des französischen Dichter-Philosophen aus. „Die Eingeschlossenen” lautet die notwendigerweise mangelhafte Ubersetzung des Originaltitels „ A huis clos - bei verschlossenen Türen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit”.Der „huissier” bewacht die Riegel und Schlösser des heimlich tagenden Gerichts. Unter Anklage steht das Prinzip Familie, dargestellt am Beispiel einer (Industriellen-)Dynastie. Familie, patriarchalische Dynastie,
Dort, in den USA, laufen die Vorwahlen zu den Präsidentenwahlen. Hugo Portisch und Sepp Riff berichteten darüber und was die Autoren als Dokumentation gedacht hatten, geriet ihnen unter den Händen zur De-maskierung.Eine Weltmacht befand sich „auf dem Prüfstand”, wurde gewogen und als zu leicht befunden. Ein System, das der kleinen Bauernrepublik des 18. Jahrhunderts wohlangemessen war, muß im Zeitalter telekratischer Massenmanipulation zur Absurdität entarten.Uns Europäern freilich hat man mit Erfolg eingeredet, Absurdität sei die einzig denkbare Garantie für Freiheit, Toleranz
Liest man Imre Läzärs „Fall Horst Wessel", so hat man, soferne man jene Tage bewußt erlebt hat, vorerst alle Emotionen hintanzustellen. Das Buch ist eine einzigartige Dokumentation nicht nur des „Falles", sondern des Wessel-Typs überhaupt: des Wessel-Typs, dem infolge seiner Fähigkeit zu gedanklichen Kurzschlüssen und infolge des beschränkten Horizonts seiner kleinbürgerlichen Herkunft von Natur aus jener Mut zu eigen war, der unsereinem erst aus der Empörung über Mord, Raub, Lüge, Kitsch Verherrlichung und Massenwahn erwuchs.Imre Läzärs Dokumentation birgt viele
Als bald nach 1950 „Rasho-mon" durch die Kinos lief, taten alle Kritiker, als wüßten sie Bescheid und als seien ihnen die Namen japanischer Regisseure und Darsteller längst geläufig. In Wirklichkeit waren die Kritiker ebenso verblüfft und hingerissen wie unsereiner.Das japanische Meisterwerk hieß, als es zum erstenmal vom ORF ausgestrahlt wurde, in deutscher Fassung noch „Das Höllentor". Kürzlich, als Wiederholung, hieß es „Das Tor der guten Geister". Beides ist natürlich Unsinn. Es handelt sich um das Tor zum Unterbewußten, zu jenem Bereich, in dem die
Sie reden immer noch, obgleich sie nichts mehr zu sagen haben.Wenn ich etwas wie die Verfilmung des „Schlosses in Schweden" (nach dem Roman der Sagan) über die Bildschirme flimmern sehe, dann steigt in mir die Erinnerung an meine kommunistischen Kameraden im Widerstand auf. Denn die haben an etwas geglaubt, wie ja auch ich an etwas geglaubt habe. Und glaube. Demokraten lernten wir, die Kommunisten und ich, erst 1945 kennen. Unsere Verblüffung war grenzenlos.Und die Literatur der Nachkriegszeit brach über uns herein. Die Romane aus der Fabrik, die unter dem Markennamen Sagan in den
Wir Wilden auf dem Kontinent sind doch bessere Menschen. Diese Schlußfolgerung drängt sich auf, wenn man sich die eine oder andere Folge der laufenden britischen Fernsehserien „Rumpole" und „Pol-dark" zu Gemüte führt.„Rumpole" bestätigt den Verdacht, das angelsächsische Rechtssystem sei (um Oscar Wilde zu variieren) in-einem Irrenhaus entworfen und während eines Gewitters kodifiziert worden. Da werden Zeugen angeschrien, ohne daß jemand eingreift, da wird öffentliche Moral geheuchelt, da gibt man vor, Angeklagte müßten, wenn vereidigt, in eigener Sache die
Als die Kommunisten kamen, war der große ungarische Meister Zoltän Kodäly schon zu alt um zu emigrieren. Dem Regime kam das sehr gelegen. Es überhäufte ihn mit Ehren. Auf einem Staatsbankett, bei dem die rote Prominenz den Meister feierte, hörte man den schon ziemlich schwerhörigen Kodäly in einer Gesprächspause zu seiner Tischdame sagen: „Nehmen Sie sich in acht, der Mensch zu meiner Rechten ist ein fürchterlicher Kommunist!"Der ORF holte unlängst aus seiner „Videothek" Kodälys „Hary Jänos" hervor, eine Verfilmung, die wieder einmal bewies, daß auch das
Österreich läuft nicht mehr Gefahr, in einzelne Bundesländer oder sonstige Bestandteile zu zerfallen, denn die An-namirl und die Sozialversicherung garantieren die Einheit der Nation. Und seit nicht mehr der Klammer als Klammer wirkt, verklammern uns der Leonhard und der Toni und der Peter und der Hans e tutti quanti. Und daß die österreichischen Kameramänner Besseres leisten als die amerikanischen, wird manchem schon aufgefallen sein. Immer wieder Österreich.Immer wieder aber sieht die Welt nicht die Schrift an der Wand und will sie nicht sehen. Nicht die für eine Supermacht armselige
Endlich signalisiert man an allerhöchster Stelle mit jener Pestflagge, die zu hissen in den vergangenen Jahrzehnten versäumt wurde, und der ORF, dem Wink gehorsam, befaßte sich in einer Diskussion und in einer „Ohne-Maulkorb"-Re-portage mit der „Drogenszene" in Österreich.Der herrschenden Doktrin zufolge wird die Tatsache, daß immer mehr Jugendliche und immer jüngere Jahrgänge auch hierzulande in die Paradiese des Teufels flüchten und sich mit Giften, Poplärm und gelangweilter sexueller Promiskuität zu betäuben suchen, auf „gesellschaftliche Zwänge"
Einem „Club 2" war die Aufgabe gestellt, den Zweck mit den Mitteln zu verwechseln und angesichts Afghanistans über Auf- oder Abrüstung zu diskutieren.Hätten anstelle der beiden abgewählten Ministerpräsidenten zwei entthronte Monarchen die Runde bevölkert, die Massenmedien wären sogleich mit dem Stichwort „Gespensterreigen" zur Hand gewesen. Daß ehrenwerte, aber volks- und weltfremde Männer wie der Schwede Olof Palme und der Holländer Joop den Uyl in den sechziger und siebziger Jahren an den Schalthebeln der Macht saßen, erklärt den Zustand der Welt von 1980.
Fellini, der angegraute Heide, feierte seinen sechzigsten Geburtstag, und der ORF holte ihm zu Ehren aus dem Abgrund der Zeit die 1950 entstandenen „Lichter des Varietes". Noch keine Sensation, noch kein Meisterwerk. Aber eine Gelegenheit, das Phänomen Fellini zu analysieren, denn alle Motive, die der. Meister später zu Färb-, Bild- und Tonorgien ausweiten sollte, sind hier schon angedeutet.Noch hat Fellinis Gattin, die 'Masina, nicht herausgefunden, welche Wirkung sie mit der Darstellung schwachsinniger Verzweiflung und verzweifelten Schwachsinns („La Strada", „Giulietta
Aus Beiträgen zur Zeitgeschichte, Briefen, Dokumenten und zahlreichen Interviews ließ. Reinhold Ib-lacker die Gestalt des Josef Mayr-Nusser wiedererstehen, des Mannes, der als Südtiroler zwangsweise und völkerrechtswidrig zur SS eingezogen wurde und am 4. Oktober 1944 den Eid verweigerte.Nach der ersten Schrecksekunde begann die Todesmühle des Dritten Reichs: Mayr-Nusser kam in ein Straflager bei Danzig, dessen Insassen beim Herannahen der Russen in Richtung Dachau verfrachtet wurden. Am 24. Februar 1945 starb Mayr-Nusser um 6 Uhr morgens im Viehwaggon auf dem Bahnhof Erlangen.
Unter dem Titel „Ich klage an" hat der ORF eine Serie ausgestrahlt, die sich wieder einmal mit der Sache Dreyfus befaßte. Den Franzosen, die sie drehten, stand zwar nicht, wie einst den Deutschen, ein Kortner zur Verfügung, dafür aber der Sinn für zeitgemäße Kostüme und Innenräume, und die Fähigkeit, in Außenaufnahmen auf Gemälde von Sisley und Monet anzuspielen. In. Wirklichkeit ging es ihnen allerdings um die Möglichkeit, der kirchenfreundlich regierenden Mitte, den Giscardia-nern.und den Gaullisten, eins auszuwischen.Denn in der Sache Dreyfus standen die Klerikalen wieder
Seit Journalisten das Dogma von der Unfehlbarkeit des Küng feierlich und ex machina scribifactoris verkündet haben, seit der Nobelpreiska-thole Boll aus der Kirche ausgetreten ist, während die katholische Modellkommunistin Luise Rinser offenbar noch überlegt, ob sie zu ihrer ersten Liebe, den in einem Jugendgedicht angehimmelten großen Adolf, zurückkehren soll, kann sich der österreichische Kirchenfunk endlich aktuelleren Themen zuwenden - etwa der Frage: „Warum Christen glauben". Die ersten Folgen dieser aus der Bundesrepublik übernommenen Serie ließen bereits erkennen, daß
Und Lorin Maazel kann es. Er kann es wirklich. Und er hat Humor. Er ließ nicht nur beim Neujahrskonzert fernsehwirksam die Wiener Philharmoniker schmunzelnd und achselzuckend dort scheinbar loslegen, wo sie es besser wußten, er imitierte auch bei der Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt" jene Schwertstreiche, die Jacques Offenbach (dem dieses Gedenken galt) mit dem Taktstock über das Orchester hinweg gegen die Cancantänzerinnen auf der Bühne führte, wobei Offenbach, bis ins Parkett hörbar, in den Schrei auszubrechen pflegte: „Mais tre-moussez-vous donc - Schüttelt euch,
Wir Christen sollten nicht die Augen niederschlagen, die seelischen Rollbalken nicht niederziehen, Wenn uns das Fernsehen Ausblicke in jene weite, infernalische Welt gewährt, die man an ihren Früchten erkennt.Gemeint ist hier nicht etwa die Welt der unsagbar miesen Erfolgs- und Geldmenschen, die als „Prominente" gelegentlich von Frau Dünser geschaukelt werden. Die sind nur komisch. Nein. Gemeint ist die Wunsch- und Illusions-welt des Films, in die uns abwechselnd zwei Fenster aufgestoßen werden. Das eine heißt „Trailer", das andere „Apropos Film".Gewiß, auch in
Als die aufgebrachten wittels-bachischen Verwandten 1472 den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zwangen, seine Geliebte, die Augsburger Bürgerstochter Klara Dett zu heiraten, glaubten sie, sich des Raufbolds endlich entledigt zu haben. Sie irrten, denn sie gaben damit Anlaß zur Entstehung der Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, einer der begabtesten Familien Deutschlands, die in jeder Generation etwas, und zwar zumeist Positives, zu vermelden hatte. Unser Zeitgenosse ist DDr. Hubertus Prinz zu Löwenstein, Journalist, rabiater Widerständler gegen Hitler, Emigrant, Remigrant,
Viel länger hätte ich diesen „Sandorf“ nicht mehr ausgehalten. Da haben sich Italiener, Franzosen, Bundesdeutsche und Rotmagyaren zusammengetan, nicht etwa nur, um den schlechtesten Roman zu verfilmen, den Jules Verne je geschrieben hat, sondern um den Österreichern vorzuhalten, wie niederträchtig sie doch waren und sind.Glaube kein Zweitrepublikaner, es gebe nur um die bösen Habsburger. Oh nein, wir alle sind gemeint, die wir trotz Umerziehung immer noch getarnte Nazis sind, was allein schon Lederhosen, Gamsbärte und die hochgetürmten Blondzöpfe unserer Frauen beweisen.Jules Veme
Bei Hexenjagden immer auf Seiten der Hexen. Als General de Gaulle noch lebte und Meinungsproduzenten rund um den ganzen Globus versuchten, ihn mit Hilfe von Verwün- schüngen in seine Bestandteile aufzulösen, hielt ich es mit den Franzosen und war mehrheitlich für ihn. Nicht anders ergeht es mir derzeit mit Franz Josef Strauss: er wird mir täglich sympathischer. Und daß in jeder meiner Glossen das Wort Habsburg vorkommt, seit die Meinungsproduzenten nach vorangegangener Brüllphase übereingekommen sind, Otto und das Europa-Parlament mit Totschweigestrafe zu belegen, versteht sich von
Ich hab’ etwas gegen Bunte Abende. Auch dann, wenn das Theater an der Wien „sich gerne Gäste einlädt“. Wenn aber Otto Schenk sich als lästiger Bühnenarbeiter an der Rampe zu schaffen macht und wenn schließlich Renė Kollo, Udo Jürgens und Michael Heltau im Terzett Heurigenlieder singen, dann freilich - dann ist das a G’schicht.Spannend wird es allerdings erst spät nachts bei der Frage „Warum mußte Staatsanwalt Traini sterben?“, denn auf italienische kommunistische Regisseure ist Verlaß. Inhalt des wieder einmal hervorragend gemachten Streifens: edler Kommunist versucht
An Samstagen erleben wir das Leben des Jean-Baptiste Poquelin, der sich Moliere nannte. An dieser Lebensgeschichte stimmt alles, außer der Tendenz. Es stimmen die Daten, die Kostüme, die Perücken, dieMöbel.Aber es geht nicht an, der Mentalität des französischen Grand-Siěcle, des Zeitalters des großen Ludwig, den Maßstab der französischen Linken von heute anzulegen, einer Linken, die seit der Großen Revolution nicht etwa nur Geistlichkeit und Kirche kritisiert, sondern aus ihrem Haß gegen das Christentum, ja gegen jede Art von Religion kein Hehl macht.Mit dieser speziellen Abart des
Wenn der ORF geräuschlos und ganz, nebenbei etwas aus seiner Videothek hervorholt, steht es dafür, einen Blick darauf zu werfen. So auch neulich, als uns mit Andre Roussins von Hans Weigel übersetzter „Schule der Ehe“ eine Aufzeichnung aus jener Zeit ins Haus gesandt wurde, in der die Großen der Josefstadt und der Burg noch sehr jung waren. Zwei Nichtigkeiten, zwei Kostbarkeiten.Von deutschen Literaturgeschichten wurde bislang der französische Alexandriner mit bornierter Verachtung behandelt, und mit ihm somit die ganze französische Klassik. Die Wahrheit aber ist, daß der
Eine neue Erfahrung. Ich vermag sie innerlich nicht nachzuvollziehen.Die anderen, die Gefährten meiner Jugend, habe ich ja ge kannt. Die Emigranten, die nach dem Ende des Schreckens zurückkehrten und sich sehr rasch in der veränderten alten Heimat wieder zurechtfanden. Die Emigranten, die nicht zurückkehrten, weil sie, verbittert, nicht begreifen konnten, daß Völker reuelos weiterleben, daß kein Volk bereut, was immer auch geschehen sein mag. Ich habe die in Israel Geborenen gekannt, alle selbstbewußt wie die kriegerische Schar des jungen David. Und ich habe sie gekannt und verloren,
Wir Bürger sind stolz darauf, verlogen, verklemmt und nicht existent zu sein, wie man uns täglich versichert.Wir Bürger haben Macht und Geld längst den neuen Herren abgetreten, den Funktionären, Büro- und Technokraten, die sich selbst zum souveränen Volk ernannt haben. Wir beobachten sie neugierig aus dem Untergrund, gemeinsam mit Aristokraten und Bauern, wie sie, mangels jahrhundertelanger Immunisierung, schon in der ersten Generation degenerieren.Wir Bürger genießen Donnerstag um Donnerstag die elfteilige Verfilmung der Buddenbrooks sehr. Dunkel erinnern wir uns daran, daß es bei
Ein Buch setzt Italien in Aufregung. Die Tageszeitungen veröffentlichen die Biographie des Autors, Wochenblätter berichten über drei bis vier Seiten hinweg, Professoren setzen sich auseinander. Der italienische Kosmos erzittert in seinen Grundfesten, die Schulweisheit ließ es sich bisher nicht träumen, Pilatus fragt: Was ist Wahrheit? Neuauflagen sind in Vorbereitung.
Der Versuch, Wien durch das Niederbrennen einzelner Gebäude zu demolieren, ist zum Scheitern verurteilt und verläuft auch viel weniger dramatisch als die vorangegangene Periode der Brük- keneinstürze. Nicht immer entspricht der Erfolg dem Aufwand, und so haben denn auch die Bombenteppiche des Zweiten Weltkriegs das Antlitz der Stadt weniger zu verändern vermocht als die Regulierungspläne des Bürgermeisters Lueger. Bedroht aber wurde die innerste Substanz Wiens erst, als die Kaffeehäuser dem Siechtum verfielen. Gegen diese Krankheit zum Tode wollte Hans Weigel Straßendemonstrationen
Als man die Queen an ihrem fünfundzwanzigsten Hochzeitstag fragte, was sie von der Ehe halte, sagte sie „Ich bin dafür“.Und wenn man mich fragt, was ich vom neuen Programmschema des Fernsehens halte, so kann auch ich fürs erste nur sagen, daß ich dafür bin. Es kommt gewiß noch vieles nach und ein krummgeschlossener Bacher ist immer noch besser als gar keiner. Ich bin dafür, daß ZiB 1 und mitunter wirklich hervorragende Vorabendprogramme einander nicht mehr überschneiden und daß man auf beiden Kanälen zur gleichen Zeit erfährt, wie sehr österreichische Parteiereignisse die Welt
Soll der Staat - so fragte sich eine Diskussionsrunde des „Club 2“ -, soll der Staat unbekannte junge Künstler fördern? Ja, er soll. Denn auf tausend Nullen kommt ein großer Meister von morgen, und das steht dafür. Soll der Staat dabei auf das berühmte Volks- empfinden Rücksicht nehmen? Nein, er soll nicht. Hätten die Medici erst bei den Florentinern um Erlaubnis gefragt, die Welt wäre ärmer.Soll man zu einer Diskussionsrunde über Kunst einen ehrenwerten und braven, aber völlig ahnungslosen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in den „Club 2“ einladen und ihn dortselbst von
Ob Metternich mit Baßstimme gesprochen hat, ahne ich nicht. Henry Kissinger jedenfalls vermag, wenn er nachdenklich wird, sein Organ auf Sarastro-Tiefen zu senken.Es war das große Fernseh- Ereignis des 11. Oktober, Henry Kissinger, den Mann, dessen Staatsweisheit die Welt heute bitter nötig hätte, in einem „Club 2“ des ORF zu erleben. Und es war kein Geringerer als Manės Sperber, der das Stichwort „Metternich“ brachte und damit Kissinger veranlaßte, sich zum Gleichgewichtsdenken des österreichischen Staatskanzlers zu bekennen, das wiederum eineFünf-Mächte-Konstellation
Lieber Stipe, ich weiß, Du magst keine Komplimente, und deshalb wäre dieser Brief ungeschrieben geblieben, gälte es lediglich, meinen und meiner Freunde Dank für Deine Kommentare während der Papstreise auszusprechen.Doch da war eine Gruppe von Gehbehinderten, die bat, man möge doch die Rollstühle rund um den Bildschirm aufstellen, und die aufgeregt fragte, ob das nun „der Herr Dalma” sei, der, da spreche, und wieso „der Herr Dalma” denn nicht in Rom sei, sondern in Irland, in den USA … ach so, in Wien! Und da war das Altersheim in Meidling, das (warum bei mir? Ich ahne es
Um Franz Jägerstätter ist es seit einiger Zeit wieder still geworden. Der Versuch aufgeregter Linksintellektueller in den sechziger Jahren, den jungen Bauern aus Sankt Radegund zum Wehrdienstverweigerer zu stilisieren, scheiterte kläglich. Denn Jägerstätter war kein Wehrdienstverweigerer, sondern ein Naziverweigerer und Anschlußverweigerer, wie sich alsbald herausstellte. Seine Haltung hatte nicht das geringste gemein mit der Disziplinscheu verwöhnter Arbeitersöhne. Jägerstätter hätte, im Gegenteil, sofort zur Waffe gegriffen, um Österreich zu verteidigen.
Der „Club 2” ist nicht zu retten, solange er bleibt, was er in den letzten Jahren geworden ist, eine Spielwiese der linken Schickeria. Meinungskonform und sich duzend, bleibt sie dort ganz unter sich, es sei denn, ein vereinzelter Konservativer wäre zur Schlachtung auserkoren. In diesem Falle ist dafür gesorgt, daß es sich um ein unbeholfenes und weltfremdes Exemplar dieser Gattung handelt, was freilich nicht immer zutrifft. Denn mitunter wehrt sich der Delinquent, entpuppt sich als Fachmann und geht zum Angriff über. Dann unterbleibt die öffentliche Hinrichtung und der Moderator
Sobald man in Kindheitstagen, beim Französischunterricht, einmal „Les Malheurs de Sophie” von Madame de Sėgur (nee Rostopchine!) bewältigt hatte, kam Bernardin de Saint-Pierres Novelle „Paul et Virginie” dran, und kultivierte Langeweile breitete sich aus.Erst später erfuhr man dann, daß Bernardin de Saint-Pierre einer der großen französischen Aufklärer gewesen und daß „Paul et Virginie” ein klassisches Werk sei. Sophies Mißgeschicke, von der Gräfin Sė- gur-Cabanac beschrieben, waren trotz allem unterhaltender.Die „braven” Sėgurs, nach Österreich emigriert und
Die hahaha, die „Munsters” hahaha, blieben uns erhalten, aber Tozzers „Horizonte” wurden abgeschafft. (Ich hätte sie nicht loben sollen.) Erhalten blieb uns auch, obgleich das liebe Vieh mitunter umsteht, der Doktor, aber Tozzers „Horizonte” wurden abgeschafft. (Ich hätte andernorts nicht schreiben sollen, „Horizonte” seien ein Licht am dunklen Horizont.)Ein Mädchen fällt unentwegt aus französisch-schweizerischen Himmeln, aber das Magazin „Horizonte” wurde abgeschafft. (Ich hätte nicht fragen sollen, ob Tozzer denn nicht wisse, daß seine Waden schon ganz zerbissen
Die Joseph-Roth-Retro- spektive des ORF brachte uns Johannas Schaafs filmisches Meisterwerk „Trotta” wieder einmal auf den Bildschirm. Vorsichtshalber versichert Sch’aaf, er habe nur „Motive” aus Roths „Kapuzinergruft” verwendet; denn alle bisherigen Verfilmungen und Dramatisierungen der Werke Roths verkürzen den Dichter um seine eigentliche Aussage.Welcher Fernseher erriet denn schon, was es ist, das der vor dem Wahnsinn dieser Welt ins Irrenhaus geflüchtete polnische Graf Chojnicki aus bunten Stoff- und Papierresten zusammensetzt? Es ist die Landkarte
„Wie soll ich bis zum 1. September den Zweiten Weltkrieg zustande bringen?” seufzte Kurt Grotter am Telefon noch vor wenigen Monaten. „Wie ich den Grotter kenne”, meinte ich zögernd, „bringt er ihn zeitgerecht zustande.”Und es gelang. Aus Bekanntem und noch nie Gesehenem, aus Filmdokumenten und klug abwägenden Kommentaren hat Grotter ein Ganzes gestaltet - den Versuch einer Antwort nämlich auf die Frage, wie es dazu kam und wie es begann.Begann es in den dreißiger, in den zwanziger Jahren, oder nicht eigentlich schon 1918? Was an Grotters Montagen immer aufs neue besticht, ist
Luchino Visconti, Herzog von Modrone, war Kommunist und einer der genialsten Regisseure, die Italien bislang hervorgebracht hat. Nun kann man zwar recht gut Kommunist und Herzog zugleich sein, nicht aber dogmentreuer Kommunist und Genie. Das hat sich im Falle des Bert Brecht schon längst herausgestellt. Unter den Händen eines Genies gerät das marxistische Dogma auf Abwege.Visconti wollte nachweisen, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse vor dem Ersten Weltkrieg an allem schuld seien, aber im „Tod in Venedig“ geriet ihm der Nachweis zu einer rauschhaften Jugendstil-Mixtur aus Thomas
Den an Händen und Füßen gefesselten Gerd Bacher jetzt plötzlich für die täglichen Schrecknisse des Bildschirms verantwortlich zu machen, ist so kindisch, als wollte man einen an den Marterpfahl Gebundenen fragen, wie er denn die sadistischen Kulttänze der ihn umkreisenden Rothäute zulassen könne. Ich verstehe auch die allgemeine Aufregung über den in einem fortgeschrittenen Stadium der Demokratisierung befindlichen Dieter Seefranz nicht, der uns immerhin Gelegenheit bot, an einer irrenhausreifen Popsängerin und ihrem offenbar schwachsinnigen Gitarristen das Endprodukt der
In Wirklichkeit war es ja ein Sowinetz-Solo, was da Silke Schwinger unter dem Titel „Weanastadt - Weanaleut“ zusammengestellt hatte und was vom ORF im Anschluß an ein Wienprogramm unlängst ausgestrahlt wurde. Jeder Auftritt des Kurt Sowinetz ist ein Ereignis. Wenn er ironisch und boshaft wird, dann bin ich beruhigt; sobald er aber gemütliche Töne anschlägt, spüre ich den kalten Schauer im Nacken.Alle Abgründe der österreichischen Seele, die von harmlosen Ausländern mit Charme verwechselt werden, öffnen sich, wenn Sowinetz mit halb geschlossenen Lidern und kurzen Seitenblicken
Weithin wahrscheinlich unbemerkt, weü in das Vorabendprogramm eines Sommersonntags verlagert, lief unlängst ein Film mit dem unvergeßlichen Fernandel. Für Kenner war das ein gerührtes Wiedersehen. Ein Blick zurück ohne jeglichen Zorn.Freilich, das deutschsprachige Publikum kennt Fernandel fast nur als Don Camil-lo, als einen Italiener also, der er nicht war. Darauf beruhen die Mißverständnisse des Publikums. Und auch diesmal mußte er einen Italiener unter Italienern spielen, einen Tierarzt, um den herum man eine Klamaukhandlung aufgebaut hatte, wobei der beste Einfall zum Überdruß
Wenn Sie des Nachts noch einmal die „Straßen von San Franzisko“ sehen und im Originalslang hören wollen, dann fliegen Sie bitte schleunigst nach England! Sie finden, was Sie suchen, auf einem der zahlreichen Femsehkanäle. Für unsereinen ist dabei die Feststellung beruhigend, daß wir Österreicher doch nicht in allen Dingen die letzten sind.Beruhigend ist auch die Tatsache, daß bei den Briten wie bei uns herkömmliche Scheuermittel kratzen, kratzen, kratzen, während die bloße Erwähnung jenes anderen Scheuermittels Sphärenklänge aufrauschen läßt. Jeder britische Jüngling weiß
Nein, es handelt sich nicht um die „Liebe zu den drei Orangen“ von Prokoffjew, und „Emanzen“ ist daher kein Druckfehler. Gemeint sind vielmehr jene „Drei Engel für Charlie“, die in Hinkunft, mit „Serpico“ alternierend, unsere Montage verschönern sollen. Denn, um Bert Brecht zu zitieren, „im Gegensatz zum wirklichen Leben“ sind die drei emanzipierten jungen Damen, die sich im Auftrage Charlies detektivisch betätigen, durchaus attraktiv.Charlie selbst bleibt vorläufig gesichtslos, gibt seine Anweisungen per Telefon und führt im übrigen, wie man so hört, ein idiotisches
Begreiflich, daß in diesen trüben Hochsommerwochen das Programm allmählich so weltbewegend wird wie die österreichische Innenpolitik und so aufschlußreich wie sowjetische Zeitungen. Anderswo ist das wesentlich ärger.Einen Seitenblick auf die große Liebe des Erzherzogs Johann konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. Denn seit der selige Bundespräsident Schärf den Johann zum Antihabsburger erklärt hat, ist kein Halten mehr.Der alte, angeblich klassische Filmschinken wurde denn auch tagelang mit solcher Intensität und mit solcher Ehrfurcht angekündigt, als träte darin Willy Brandt
Daß Sterns Stunden fast immer Sternstunden sind, wissen nahezu alle Fernseher. Den ganzen Reiz dieser unverwechselbaren Mischung aus deutscher Präzision und jüdischer Ironie wird man allerdings kaum in der Bundesrepublik, sondern viel eher in der Schweiz und in Österreich auskosten können.Bei dem jüngst gelaufenen „Hund als Ware“ handelte es sich um die Wiederholung einer schon vor Jahren dargebotenen Stunde Sterns, aber das tut nichts zur Sache.Nicht oft genug kann man den eiskalt sich selbst bemitleidenden Egoisten vor Augen halten, daß sie den Hund, der vor Urzeiten den
Von Krimi-Serie zu Krimi-Serie trachten die Amerikaner eine jeweils ärgere Seite des Landes zu enthüllen, über dessen Eingang das gründliche Scheusal, die Freiheitsstatue, wacht.War es bei „Petrocelli“ eine zwar kinderlose, aber immerhin funktionierende Ehe, die eine allzeit optimistische Lösung versprach, deren letztes Argument die kinnknochen-knackende männliche Faust ist, war es in den „Straßen von San Franzisko“ die unterschwellige Bindung zwischen dem älteren und dem jüngeren Mann, die von den bundesdeutschen Produzenten eilends kopiert werden konnte, so kam nun endlich
Programmatisches Vorhaben bleibt in Österreich fast immer Stückwerk. Das ist gut so. Die österreichischeste aller Symphonien ist Schuberts „Unvollendete“.Was dem Erzherzog Ferdinand Max, dem späteren Kaiser von Mexico, bei seinem Aufruf vom Februar 1853 zum Bau einer Sühne- und Vo-tivkirche vorschwebte, die architektonische und künstlerische Darstellung des „Viribus unitis“, des Wahlspruchs Kaiser Franz Josephs, der Einheit aller Völker des Donauraumes in der Vielfalt ihrer nationalen Ausprägung, es blieb unvollendet Unvollendet, und dennoch hinreißend, fehlerhaft, und dennoch
Man muß es verkosten. Man muß sich durch dieses Buch hindurchkosten- nicht nur durch die Fülle der herrlichen Abbildungen, die fürs erste dazu verlocken, sondern auch durch den lexikalen Teil von A bis Z, der jeden, der Bücher nicht zu überfliegen pflegt, sondern sie zu genießen versteht, staunen machen wird ob der Menge dessen, was er - obgleich vielleicht Weintrinker und Österreicher obendrein - über Wein, Weinbau, heimatliche Weingebiete, Weinsorten, Weinpflege, Weingeschichte immer noch nicht weiß.Für den lexikalen Teil sowohl wie für die Feuilletons, die ihn auflockern und die
Wer will unter die Samurai? Der muß haben sehr viel Ehr', sehr viel Genügsamkeit und Selbstdisziplin, sehr viel bedingungslose Treue gegenüber dem Sippenchef oder dem Lehnsherrn. Er muß nicht nur „das Gesicht wahren“ und darauf achten, „was die Leute sagen“, denn das tun ja alle. Heutzutage muß er allerdings nicht mehr „haben ein Gewehr“ oder, wie in all den Jahrhunderten vorher, ein prächtig ziseliertes Schwert und eine großartige, furchterregende Rüstung. Er muß sich nicht mehr als „kami-kaze“, als „Götterwind“ vom Himmel herab mit einer Sprengladung auf die
Um es vorweg zu nehmen: aus praktischen Gründen.,Nachdem ich eine Monarchie, einen Ständestaat, eine terroristische Diktatur, ein Besatzungsregime und zwei Republiken durchlebt habe, zählen nur noch Erfahrungswerte,Gewiß, da war jener 17. August des Jahres 1917, als zum erstenmale des Kaisers Geburtstag mit meinem eigenen zusammenfiel, der Tag, an dem ich an der Hand meiner Großeltern auf dem Semmering die mir, dem Fünfjährigen, gigantisch erscheinende Front des Hotels Panhans entlangging und die Fahnen sah, diesen Farbenrausch aus Schwarz-Gold, Rot-Weiß-Grün und Rot-Weiß-Rot, der
Es war einmal eine Zeit, in der konnten die Erzähler erzählen. Sie vermochten Vergangenheit von Vorvergangenheit zu unterscheiden, waren der indirekten Rede kundig, benötigten, um sich auszudrücken, keiner Spiralsätze, imitierten nicht aus antielitären Gründen die Aufsätze von Sonderschülern und schrieben keine AntiErzählungen. Sie erzählten nur.In jener Zeit, die längst vergangen ist, lebte und schrieb Franz Nabl. Er hatte, da doch so viele gut und handfest zu erzählen wußten, mäßigen Erfolg, wurde gedruckt, gelesen, vergessen. Nach Jahrzehnten wurde er wiederentdeckt.
Was tun, als Rezensent des meisterhaften Werks eines meisterhaften Autors, mit dem man in allen Dingen unterschiedlicher Meinung ist, außer in den wesentlichen? Kann man denn einer Sprache widersprechen, in der jedes Wort knistert und jeder Satz Funken stiebt? Kann man von Hans Wei-gels überlegener Menschlichkeit weniger begeistertsein, nur weil er Dinge, die man mag, nicht mag? Zugegeben, die Sache wird schwierig, wenn er, wie diesmal, nicht über Österreicher oder über liebe Schweizer, sondern über Deutsche schreibt, über eine alte, nunmehr nostalgisch wieder aufgeflammte und gepflegte
Vor 35 Jahren, am 9. August 1943, wurde in Berlin-Plötzensee Franz Jä- gerstätter enthauptet.Unnötig, vor FURCHE-Lesern den „Fall“ Jägerstätter noch einmal zu entrollen, unnötig, noch einmal auf die Parallelität mit dem „Fall“ Jeanne d’Arc hinzuweisen, unnötig, noch einmal die Taktik zu demaskieren, mit der Staat und Kirche in dieser unserer Zweiten Republik nicht nur den .„Fall“, sondern sogar den Namen Franz Jägerstätters im Sinne Siegmund Freuds jahrzehntelang zu verdrängen versucht haben.Jede Verdrängung hat bekanntlich ein Trauma zur Folge. Das Trauma brach auf,
Es ist ein Verdienst des Herold-Verlages, Franz Goldners Geschichte der österreichischen Emigration (1938 bis 1945) nunmehr in zweiter, wesentlich erweiterter Auflage herausgebracht zu haben. Zahlreiche neue Unterlagen sind aufgetaucht, zahlreiche Fragen dennoch offengeblieben. Wenn der Autor dazu bemerkt, dieses Werk könne wohl nie ganz zu Ende geschrieben werden, ergibt sich diese Feststellung aus der Materie selbst.
Endlich ist Konradin Ferrari d'Oc-chieppos wichtigstes und populärstes Werk wieder erhältlich, in zweiter Auf-. läge, und ergänzt durch die Ergebnisse der jüngsten Forschung. Seit dieses Buch 1968 zum erstenmal erschien, dürfte als4mbestritten gelten, daß der „Stern der Weisen“, der Stern von Bethlehem, weder ein übernatürliches Phänomen noch ein Komet war, sondern die von babylonischen Astronomen bereits vorausberechnete Konjunktion des Jupiter und des Saturn im Sternbüd der Fische, die nach astrologischer (damals also wissenschaftlich exakter) Deutung besagte, daß im Westen,
Wir sahen den Stern und folgten ihm. Das war nicht immer leicht und gelegentlich gerieten wir in die Irre. Machten Umwege, wanderten im Kreis, gerieten an die falsche Adresse. An die Adresse der jeweiligen Machthaber (zu deren nicht geringer Bestürzung und insgeheimer Schadenfreude) und am Ende war sogar der Stall im Keller der Karawanserei nicht das Ziel der Reise, denn die Notunterkunft an der Straßenkreuzung inmitten Bethlehems war verlassen, das Kind und seine Familie wohnten bereits recht anständig in einem der Häuser, die. nun nicht mehr von verarmten davidi- schen Prinzen
Für gewöhnlich sind es ja Buch- Erstlinge, die Interesse, Verblüffung und Begeisterung auslösen, die mitunter, was Schwung und Originalität anlangt, von ihren Erzeugern tragischerweise nie wieder eingeholt werden können, die einen lebenslangen schriftstellerischen Ruhm begründen und dann, in späteren Jahren, immer aufs neue zitiert werden.Bei Elfriede Ott ist aber nichts gewöhnlich. Ihr literarischer Zweitling übertrifft nämlich den Erstling, sie hat sich seither offenbar „eingeschrieben“, nimmt jede Kurve, läßt die Sätze fließen und, wo es nottut, die Wörter purzeln,
„Oh Rose von Stambul“ - was hatte doch dieser Leo Fall für brillante Einfälle und wie raffiniert wußte er sie zu instrumentieren! Man sollte Altbekanntes nicht nur mitsummen, man sollte da einmal genauer ins Orchester hineinhören, es steht dafür.Leo Fall pflegte seine Melodien den ratlosen Librettisten vorzuspielen und dazu teüs Blödeleien, teils Verbalinjurien zu improvisieren. Aufgabe der „Dichter“ war es dann, publikumswirksame, also möglichst primitive Verse zu erfinden und drum herum eine ebenso publikumswirksame, also gemäßigt schwachsinnige Handlung zu bauen. Die
In Portugal ist die sozialistische Regierung Soares über ihren Alleinvertretung sanspruch einer wesentlich breiter auf gefächertenVolksmeinung gestolpert. Die Regierungskrise konnte den Staatspräsidenten Eanes nicht davon abhalten, nach Bonn zu reisen und die Lösung aller Fragen auf seine Rückkehr zu verschieben. Das ist in Lissabon so Sitte. Denn nach dem ersten, dem zweiten, dem dritten Glase schwarzblauen Weines, des „Tinto“, und nach dem ersten, dem zweiten, dem dritten geschluchzten „Fado“, dem unfehlbar der „Fado Canalha“, der Gassenhauer, als vierter Singsang folgt,
In seinem allerersten Roman machte der damals noch sehr junge John Galsworthy so ziemlich alle Fehler, die ein sehr junger Schriftsteller, ungeachtet späterer Welterfolge, in seinem allerersten Roman nur machen kann. Die Handlung, soweit vorhanden, verschwimmt in geballten Wolken explosiver Gefühle und gerät dabei nicht selten auf tote Geleise; ausgiebige Naturschilderungen wirken wie aufgeklebt; die uneingeschränkte Bewunderung, die der jugendliche Autor seiner eigenen, unter dem Namen „Le- gard“ auftretenden Person zuteil werden läßt, entbehrt nicht der unfreiwilligen Komik, und
Ein ganzes Bundesland mit allen seinen Landschaften nicht nur zu sehen und zu erkennen, sondern auch zu riechen, zu schmecken, durch alle Poren des Körpers hindurch zu spüren, seiner unverwechselbaren Melodie zu lauschen, sein anderes, sein glasig-östlicheres Licht liebzugewinnen, sobald man seiner gewahr wird, den Wegen dort, wo sie sich kreuzen, nach allen vier Himmelsrichtungen, ins Flachland und an die Hügel, nachzuträumen - das alles wird dem Leser möglich gemacht, der sich Sinn und Verstand für die Gewalt und die Schönheit des Worts bewahrt hat, des Worts, wie es aus Sebestyens
Auf Autobahnen vorzufahren oder auch nur das Tempo zu halten, ist ohne Blick in den Rückspiegel nicht möglich. Kein „morgen” ohne „gestern”. So, oder dem Sinne nach so, FURCHE-Mitarbeiter György Sebestyėn in seiner Eigenschaft als Chefredakteur der Kulturzeitschrift „morgen”, deren erstes Heft er soeben, gemeinsam mit den Re- daktionsmitgliedem Friedrich Cerha, Annemarie Düringer, Rupert Feuchtmüller, Hans Fronius, Stefanie Harrach, Jörg Mauthe, Gustav Peichl, Friedrich Torberg, Adam Wandruszka und Peter Weiser, der Öffentlichkeit vorlegen konnte.Aber nicht nur um
Namen tun nichts zur Sache. Weder die Namen der Autoren, noch die Namen der (schuldlosen) Darsteller. Zur Sache tut lediglich jene Million, die das Ministerium in eine Fernsehproduktion investiert hat, die sich „Staatsoperette“ nennt.Sie haben richtig gelesen. Der Fernsehfilm, der am 30. November spät- nachts gesendet werden soll, heißt nicht nur „Staatsoperette“, er ist es auch. Und der Staat, der darin auftritt, ist Österreich in seiner Erscheinungsform als Erste Republik. Selbstverständlich heißen die Politiker und Staatsmänner des auftretenden Staates nicht so, wie sie
Das Thema einer ihrer frühen und noch hochexpressionistischen Dichtungen, der „Räuberlegende“, hat Paula Grogger nicht wieder losgelassen. Jahrzehntelang spann sie den Faden weiter, reihte Seite an Seite, Episode an Episode, und es entstand, was sie (oder was der Verlag) einen Roman nennt, was sich aber so ohne weiteres gar nicht einordnen läßt: ein aus- ufemd dahinströmendes Werk, ein opus magnum, an Umfang bedeutender und viel gewaltiger als einst das „Grimmingtor“. Stürzt man sich hinein in dieses Wagnis und läßt sich fortreißen vom Sog dieser unaufhaltsamen Lust am
Vielleicht ist Paula Groggers Hauptwerk gar nicht ihr großer Erfolg, das „Grimmingtor“, vielleicht sind es wirklich diese sieben Legenden, die als wunderschöner Band zum 85. Geburtstag der Dichterin von Styria-Verlag herausgebracht wurden. In diesen Legenden nämlich ist sie an keine Bezüge, keinerlei Realität gebunden, hier lebt und schwebt ihre persönliche Welt, einer makellosen Kristallkugel gleich, in sich selbst.
Ich habe die Selbstbeherrschung jenes Mitarbeiters der repräsentativsten österreichischen Tageszeitung bewundert, der sich von einem uferlos dahinschwätzenden bundesdeutschen Terroristenanwalt beleidigen ließ und schwieg, statt massiv zu replizieren. So geschehen im „Club 2“ des Fernsehens, während einer Debatte unter dem Motto „Im Schatten des Terrors“, einer Debatte, zu der man etliche Erzeuger, Beihelfer und Hehler der Mordbrenner eingeladen hatte. Der Österreicher hatte festgestellt, daß Mord immerhin Mord sei und mußte es sich bieten lassen, daß daraufhin ein Wortschwall
Die älteren unter uns haben sieja noch alle gekannt: Förster und Kortner, Adele Sandrock, Elisabeth Bergner, Fritzi Massary, Josėphine Baker und vielleicht sogar die grandiose, arme, drogensüchtige Orska. Bis einschließlich 1. November kann man ihnen allen noch einmal begegnen, fährt man ins Met- temich’sche Schloß Grafenegg an der Autostraße WiemKrems, und betrachtet man die dort ausgestellten Zeichnungen und Graphiken Emil Orliks (1870-1932), der mit den Großen eines großen Vierteljahrhunderts befreundet war: mit Werfel und Wedekind, Rilke und Klabund, Gerhard Hauptmann und
War Jack London ein Dichter? Ich weiß es nicht. War er ein Abenteurer und ein Lebenskünstler, der von Kunst im Grunde nichts verstand? Ich weiß es nicht. War er ein Sozialist, und wenn ja, warum nicht gar? Hat er nur abgeschrieben, oder wäre, was er abschrieb, ohne seine überbordende und • eben doch wieder dichterische Phantasie nicht nur Stümperei geblieben? War er gebildet, oder reproduzierte er nur die kulturhistorischen Klischees, die jenseits des Ozeans gängig sind und die Amerika mit Erfolg versucht hat, auch den Europäern einzureden? War seine Empörung über
BudSjovice liegt nunmehr in der ČSSR, und das ist der große Unterschied. Als aber Budweis noch bei Böhmen war, da gab es das dort (auch): diese unvergleichliche, unwiederholbare, für immer verlorengegangene Mischung aus Tschechischem, Deutschem und Jüdischem, diesen Humus hoher und mittlerer Genialität, diese Ballung des grausig Komischen mit dem Absurden, aus der die Kafka, Werfel und Meyrink hervorwuchsen, diese bunte kleine Welt, in der nicht einfach deutsch gesprochen, sondern geböhmackelt wurde.Götz Fehr versucht, uns seelisch verarmten Nachgeborenen das Böh- mackeln beizubringen
1796, zwei Jahre nach Robespierres Terror. Das Gemetzel hat ein Ende gefunden, mit dem „Directoire“ ist eine Art von Demokratie ausgebrochen, die von der Revolution emporgespülte „neue Klasse“ bereichert sich auf das Schamloseste, die Korruption stinkt zum Himmel, das Leben ist schön. Louis Bėnoit Picard, Direktor der Großen Pariser Oper und Akademiemitglied, geißelt die Zustände in einer Komödie mit dem kilometerlange»! Titel „Mėdiocre et rampant, ou: Le Moyen de parvenir“, der Herzog von Sachsen-Weimar bittet Schiller, das Stück zu übersetzen, Schiller nennt sein