6909228-1981_02_16.jpg
Digital In Arbeit

Predigten

Werbung
Werbung
Werbung

Die Predigten des Abraham a Sancta Clara sind eine Glanzlei­stung des großen Schauspielers Romuald Pekny. Die Identifika­tion mit der geschichtlichen und literarischen Gestalt des Pater Abraham gelingt so vollkom­men, daß der bezauberte Zuse­her und Zuhörer zur Überzeu­gung kommt: so und nicht an­ders muß es gewesen sein!

So und nicht anders waren Mimik, Gestik und Suada des großen Kanzelredners, der Hof­prediger wurde, nicht obwohl, sondern weil er „dem Volk aufs Maul schaute“. Ein durchaus österreichisches Phänomen.

Predigten im Geiste der der­zeit geltenden Staatsmythologie hielt uns die Serie „Ringstraßen­palais“ des Hellmut Andics.

Nicht, daß die obligatorische Kaiserbeschimpfung nach all den Mythologien, die im Laufe dieses Jahrhunderts bereits ge­predigt wurden, unsereinen noch irritieren könnte. Unsereiner fragt sich nur verdutzt, wo die Hofdichter der Republik den Mut hernehmen, 1981 immer noch an den Klischees festzuhal­ten, die 1918 von den Sieger­mächten als alleinseligma­chende Dogmen vorgeschrieben wurden:

Daß sie angesichts der kapita­listischen Ausbeutung in der Su­perdemokratie USA und des so­wjetischen Sklavenhaltersy­stems immer noch von den „so­zialen Spannungen“ zur Zeit un­serer Urgroßeltern reden kön­nen; daß ihnen angesichts der Rassenmetzeleien in Afrika, Asien und aller Welt das Natio- nalitätengekeif im alten Reichs­rat noch immer nicht als para­diesischer Zustand offenbar wurde; daß sie uns von der „De­kadenz“ Österreich-Ungarns in einer Zeit erzählen, in der die Se­xualdemokratie westlicher Großstädte jenen Entwicklungs­stand erreicht hat, der im alten Rom Caligulas in Erscheinung trat.

Und man weiß ja seither, wie es weitergeht.

(Einen ausführlichen Bericht zur Serie „Ringstraßenpalais“ finden Sie auf S. 12)

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung