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... sprech ich Hoffnung aus und Dank...

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Lieber Stipe, ich weiß, Du magst keine Komplimente, und deshalb wäre dieser Brief ungeschrieben geblieben, gälte es lediglich, meinen und meiner Freunde Dank für Deine Kommentare während der Papstreise auszusprechen.

Doch da war eine Gruppe von Gehbehinderten, die bat, man möge doch die Rollstühle rund um den Bildschirm aufstellen, und die aufgeregt fragte, ob das nun „der Herr Dalma” sei, der, da spreche, und wieso „der Herr Dalma” denn nicht in Rom sei, sondern in Irland, in den USA … ach so, in Wien! Und da war das Altersheim in Meidling, das (warum bei mir? Ich ahne es nicht!) anrief und fragte, ob auch ganz gewiß „der Herr Dalma” die Papstreise kommentieren werde.

Und da waren die vielen brąven katholischen Seelchen, die glücklich waren, diesen Papst in Großaufnahme zu sehen, und die gar nicht recht verstanden, was Du zusammenfassend sagtest, und die dennoch zufrieden waren. Und das ist noch nicht alles.

Denn da war die große Masse derer, die es nicht notwendig haben, Christen zu sein, weil sie ihr Lebtag nia nix Unrechts tan haben und somit vollkommener sind als die größten Heiligen. Auch sie fanden (Stichproben ergaben es), „schön hat er g’red’t, der Herr Dalma”, und das will doch etwas heißen in einem Lande, in dem Kinder den Papst mit dem Petrocelli verwechseln und von ihren Müttern aufgeklärt werden: das sei doch gar nicht der Petrocelli, sondern nur so a Pforra, weißt, in Rom.

Für sie alle, für jene, die mich beauftragt haben, und für jene, die mich nicht beauftragt haben, weil ihnen nicht gegeben ist, sich des Worts zu bedienen, schreibe ich diesen Brief, sie alle ahnen ja nicht, daß Du Bibliotheken durchstöberst, bevor Du einen erläuternden Satz sprichst oder niederschreibst, sie alle ahnen ja nicht, daß ein Kommentar das Ergebnis nächtelangen Studiums ist, und daß Dir dann via Schneideraum am Ende gerade jene Bilder zugespielt werden, die Du nicht ausgesucht hast, so daß Du gezwungen bist, drauflos zu improvisieren.

Aber sie alle spüren die Faszination Deiner nüchternen Ergriffenheit, die von Deinen Freunden daran erkannt wird, daß der dalmatinische Akzent (den ich so liebe), Dir unbewußt, leise durchschlägt und Du den Sehern und Hörern nicht nur begreiflich machst, was der Papst gesagt, sondern auch, was er damit gemeint „chat”.

Hut ab vor der Simultanübersetzerin - aber Du warst es, der dem Hugo Portisch jene Stichworte zuspielte, die echte und fulminante Portisch-Sze- nen auslösten. Du warst es, der den frommen Seelchen und den ratlosen Agnostikern verständlich machte, in welchen weltpolitischen Zusammenhang diese Papstreise zu stellen ist.

„Der Dalma, der glaubt ja wirklich, was er sagt”, meinte einst ein journalistisches Dummi. „Ja”, antwortete ich, „der sagt, was er weiß”.

In Dankbarkeit. Dein

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