Wie anständig sind die Österreicher? Richtiger gesagt: wie anständig sind die zahllosen „kleinen Leute“, von denen kein Aufhebens gemacht wird?
Es war einer jener genialen Einfälle, die bei Jörg Mauthe nicht selten sind, daß er am Ende seiner Fernsehserie „Familie Merian“ die offene Frage in den Raum stellte: Und was hätten Sie getan?
Hätten Sie sich der querschnittgelähmten Tochter gegenüber so benommen wie dieser Vater, diese Mutter, und vor allem die beiden Brüder, diese Rabauken -? Hätten auch Sie unter diesen Umständen den millionenschweren Goldschatz nicht angenommen, den ein erbenloser Achtzigjähriger Stück um Stück (der Fall ist durchaus nicht selten!) seit 1912 zur Seite gelegt hat?
Man träumt von Dingen, die man nicht hat. Und so schwelgen denn die Österreicher in Familiengeschichten, die gar nicht erst in Ringstraßenpalais abrollen müssen, obgleich (oder weil?) man ihnen klargemacht hat, daß Familien als typisch bourgeoise Institution aufzulösen oder, besser noch, gar nicht erst zu gründen sind.
Wahrscheinlich spielt dabei der österreichische Sinn für alles Strudelhafte eine gewisse Rolle, und so darf denn auch der kanadische „Edgar aus Tamarack“ auf Gefolgschaft hoffen. Offene Frage allerdings: wird Edgars gigantischer Schnurrbart Pol- darks kühne Gesichtsnarbe und ' männlich blitzendes Auge ersetzen können?
Keine Frage offen blieb bei der Werbeserie „Trautes Heim“ mit dem großartigen Alfred Böhm und der nicht minder großartigen Senta Wengraf. Die hatten gar keine Kinder ...