Wir Wilden auf dem Kontinent sind doch bessere Menschen. Diese Schlußfolgerung drängt sich auf, wenn man sich die eine oder andere Folge der laufenden britischen Fernsehserien „Rumpole" und „Pol-dark" zu Gemüte führt.
„Rumpole" bestätigt den Verdacht, das angelsächsische Rechtssystem sei (um Oscar Wilde zu variieren) in-einem Irrenhaus entworfen und während eines Gewitters kodifiziert worden. Da werden Zeugen angeschrien, ohne daß jemand eingreift, da wird öffentliche Moral geheuchelt, da gibt man vor, Angeklagte müßten, wenn vereidigt, in eigener Sache die Wahrheit sagen. Und da lobt man sich die vom „reaktionären" Kaiser Franz geschaffene Rechtsordnung hierzulande.
„Poldark", ein Edelmann, entdeckt, daß man sich der Ausgestoßenen und Getretenen annehmen müsse. Und dies zu einer Zeit, in der die Bourbons in Frankreich und die Habsburger in Österreich und in der Toskana von Staats wegen die ersten sozialen Einrichtungen schufen. In Frankreich schwammen einigen kleinbürgerlichen Psychopathen dabei so sehr die Felle davon, daß sie rasch mit Hüfe der Millionen des Herzogs von Orleans die Revolution beginnen mußten. In Österreich und in der Toskana gab es damals niemanden, der die Mobilisierung des Großstadtpöbels hätte finanzieren können. Unser Glück'.
Und über die Bildschirme erklärt uns westlicher Schwachsinn: „Bis Afghanistan, und nicht weiter", zur gleichen Stunde, in der es den Briten endlich gelungen ist, Rhodesien ans Messer zu liefern.
Nie nämlich wird ein Angelsachse begreifen, daß „Wahlen" im afrikanischen Busch nicht dasselbe sind wie Wahlen in Sussex oder Northum-berlandshire. Wir wilden Kontinentalen werden wieder einmal das Nachsehen haben.
