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Ein Jahr Bacher II

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Bei Hexenjagden immer auf Seiten der Hexen. Als General de Gaulle noch lebte und Meinungsproduzenten rund um den ganzen Globus versuchten, ihn mit Hilfe von Verwün- schüngen in seine Bestandteile aufzulösen, hielt ich es mit den Franzosen und war mehrheitlich für ihn. Nicht anders ergeht es mir derzeit mit Franz Josef Strauss: er wird mir täglich sympathischer. Und daß in jeder meiner Glossen das Wort Habsburg vorkommt, seit die Meinungsproduzenten nach vorangegangener Brüllphase übereingekommen sind, Otto und das Europa-Parlament mit Totschweigestrafe zu belegen, versteht sich von selbst.

Als die Ära Bacher I damit begann, daß an Barockfassaden und an Denkmälern in Schmierschrift die geistvolle Parole „Tod dem Bacher- Funk!“ zu lesen war, wußte ich, der neue Generalintendant mußte der richtige Mann sein, und ich wußte auch, was nun zu tun war. Ich hatte Gerd Bacher vor vielen Jahren kennengelernt, aber als ihm nun Wiener Haxelbeißer den Spitznamen „Tiger“ anhängten, da war ich sofort bereit, mit Bacher durch dick und dünn zu gehen.

Als „Stierwascher“, als westösterreichischer Exote also, sich in Wien durchzusetzen, war an und für sich schon eine Leistung, die man honorieren mußte. Und dann kam alles andere dazu: Die Versorgung ganz Österreichs mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen, die Informationslawine, die Umwandlung des ORF zu einem Transformator, zu einer geistigen Schaltstelle Zwischen Ost und West, die Entwicklung eines österreichischen Medienstils, die Heranziehung vieler, die etwas konnten, und die bereit waren, etwas zu geben.

Die Ära Bacher II unterscheidet sich von Bacher I in- soferne, als sie einen Übergang von der Verwünschungsphase zur Totschweigephase darstellt. Manchmal freilich dringt Keifen von links und Raunzen von rechts noch an die Öffentlichkeit. Daß gut Ding Weile braucht, Schwerpunkte ganz allmählich gesetzt sein wollen, daß die Palette, die grau geworden war, sich immer mehr bereichert, daß endlich wieder neue Namen auftauchen, daß die Information sich erweitert hat, wird kaum bemerkt. Und das ist gut so.

Weniger gut ist das leise Knurren. Es gilt wieder einmal der Informationslawine. Dagegen zu argumentieren, ist ebenso zwecklos wie die Antwort, ęlie ich einst einer Leserbriefschreiberin geben mußte. Jene Dame teilte mir nämlich mit, sie wünsche nicht, informiert zu werden, weder politisch noch sonstwie, denn ihr Haus sei ein katholisches. Leises Weinen hilft nichts in solchen Fällen. Man muß es laut sagen, man muß laut die Wahrheit sagen: daß nämlich Bacher II zum österreichischen Stil von Bacher I zurückgefunden hat.

Möge diese Feststellung aus dem Munde einer Unperson dem Generalintendanten nicht schaden. Möge sie den Beginn der Totschweigephase beschleunigen, damit der hochbegabte, temperamentvolle Mann endlich in Ruhe arbeiten kann!

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