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Der Streit um den durch die Reform keineswegs außer Streit gestellten österreichischen Rundfunk geht weiter: Neuer Höhepunkt ist eine ÖVP-Belangsendung, in der am Rundfunk selbst scharfe Kritik geübt wird und die dem Interdikt durch den Rundfunkchef verfiel — vor dem „Generalintendanten“ habe ich einen Horror.

Belangsendung hin, Belangsendung her: das berührt mich persönlich kaum. Was mich aber aufrührt, das sind die Belange des Rundfunks selbst: seit einem Viertelfahrhundert bin ich sein regelmäßiger Mitorbei-ter und jahrelang hieß mein „Cete-rum censeo“: „Bacher esse delendum.“ Warum? Weil das größte Massen-

medium — leider mit Monopolcharakter! — in einer pluralistischen Gesellschaft, in einem demokratischen Staat nicht von einem Mann beherrscht werden darf: gleichgültig, wer dieser Mann ist.

Gewiß nicht aus Dankbarkeit für meine Antibacherreden hat mich dann der Herr Bundeskanzler in seine Rundfunkreformkommission berufen: er wollte durch die Teilnahme eines Interessenvertreters der freien (vogelfreien) Mitarbeiter die Meinungsvielfalt in diesem seinem Instrument erhöhen und vielleicht auch die Lage der Parias im Rundfunk verbessern helfen, was freilich nicht geschah.

Leider stand die Arbeit der Kommission, die das neue Rundfunkgesetz erarbeitete, im Zeichen der Schicksalsfrage aus einer bekannten Roseggergeschichte: „Nehma ihn mit, oder laß ma ihn da?“ Nicht den Regenschirm, versteht sich, sondern den Bacher. Also wurden für die Bestellung des Rundfunkchefs Paragraphen ausgetüftelt, die alle Möglichkeiten und Unmöglichkeiten (wie sich später herausstellte) offenließen. Bacher sollte bleiben, aber auch entfernt werden können.

Im parlamentarischen Ausschußgerangel spielte schließlich — im letzten Moment — der blau-braune Peter den Roten den Schwarzen Peter zu: Er ließ die Dreifarbenlösung des Rundfunks platzen.

Ein neuer Rundfunkchef mußte her: seine Hervorzauberung geschah mit den verbundenen Augen der Ju-stitia und unter der Devise: „Wir werden einen Richter brauchen.“ Erfolgverheißend, zumal nach dem kolossalen Echo bei der Bundespräsidentenwahl. Aber Oberhammer ist kein Kirchschläger, und so wäre es besser gewesen, sich ans ursprüngliche Volkswort zu halten: „Wir werden keinen Richter brauchen.“

Nach einem Jahr Rundfunk unter Oberhammer sagten die einen hochentzückt, der Alleseherdennrund-funkfachmann an der Spitze habe unvorstellbar viel gelernt; die anderen meinen wenig respektvoll, er habe sogar dasjenige, was ihm in einem Schnellsiedekurs beigebracht worden sei, wiederum vergessen: Wie unterschiedlich doch die Meinungen über einen so wichtigen Mann sein können. Ich leistete mir auf einer Konferenz der Wiener SPÖ im Sophiensaal die Behauptung: „75.000.— Schilling im Monat (jetzt schon wieder mehr) sind zuviel für einen Lehrling.“

Von unten erhielt ich Beifall, von oben den nachträglichen Freundschaftsrat, nichts mehr in der Öffentlichkeit über den Rundfunk zu äußern. Ich kann diesen Rat nur im umgekehrten Sinn befolgen, wenn ich als ehemaliger Antibacherfron-deur noch einen Rest von Selbstachtung behalten möchte. Denn eines steht fest: Oberhammer hat heute noch mehr Macht als Bacher sie hatte, und er versteht sie zu nützen. Auch das System ist gleichgeblieben: es hat nur die Farbe gewechselt.

Und das gefällt mir nicht: ob-schon ich sonst einiges für Rot übrig habe. Das gefällt vielen nicht, das wird immer mehr Leuten nicht gefallen, neue Fronten — quer durch die Parteien — u-erden sich bilden und ein neues „Ceterum censeo“ wird fällig werden: Nur wird es anders lauten als „Bacher esse delen-dum“.

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