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Endkampf Rundfunkreform

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Der unmittelbar nach dem Zusammentritt des neuen Nationalrates eingebrachte Initiativantrag von ÖVP-Sedte hat bis zur heutigen Fassung des Gesetzentwurfes eine Reihe von Metamorphosen durchgemacht. Durch heftigen Beschuß von seifen der Vertreter des Volksbegehrens als auch durch Abänderungsanträge von sozialistischer Seite konnte wieder eine weitgehende Annäherung an den ursprünglichen Entwurf erreicht werden, wenn auch dieser ursprüngliche Entwurf nun nicht mehr den Stein der Weisen zu enthalten scheint, ist er doch unter ganz anderen Machtverhältnissen in der Volksvertretung und in der Regierung entworfen worden, so daß nun manche Korrekturen auch von den ursprünglichen Initiatoren gefordert werden. Zunächst gab die ÖVP in der Frage der Vertretung des Bundes in der Gesellschafterversammlung nach. Der Volksbegehrensentwurf hatte noch die Vertretung durch Unterrichts- und Verkehrsmiuister vorgesehen — proporzgemäß gedacht ,—, der ÖVP-Entwurf sah zunächst die Vertretung durch den Bundeskanzler vor, man hat sich jetzt endgültig auf eine Vertretung durch die Bundesregierung geeinigt, eine Frage, die schließlich bei der Bestellung des Generalintendahten" noch von entscheidender Bedeutung sein wird. Auch in der Frage des Aufsichtsrates scheint eine Einigung erzielt worden zu sein. Die Sozialisten werden nun dem ÖVP-Vorschlag zustimmen, alle Bundesländer im Aufsichtsrat vertreten sein zu lassen, während ursprünglich nur drei Bundesländervertreter vorgesehen waren, die alternierend aus drei Gruppen von je drei Bundesländern besetzt worden wären. Die Zahl der Vertreter der im Hauptausschuß des Nationalrates vertretenen Parteien wird nunmehr sechs betragen und nach dem derzeitigen Kräfteverhältnis 3:2:1 aufgeschlüsselt sein. Als weitere Mitglieder des Aufsichtsrates waren ursprünglich nur Vertreter von Volksbildung, Wissenschaft und Kunst vorgesehen, noch der Abänderungsantrag der Sozialisten im Ausschuß enthält diese Aufzählung, während die ÖVP die Erweiterung der unabhängigen Mitglieder um je einen Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften und des Sportes forderten, wodurch sich die Zahl der „Unabhängigen“ auf fünf erhöht, was im Aufsichtsrat bei dem derzeitigen Machtgefüge einem Verhältnis von elf (ÖVP) zu acht (SPÖ) zu eins (FPÖ) entspricht. In der Sitzung des Ausschusses am Dienstag, dem 14. Juni, beziehungsweise in den viel fruchtbareren Kontaktgesprächen sollen die Sozialisten zu verstehen gegeben haben, sie würden diese Aufsichtsratszusammensetzung akzeptieren, also auoh den Vertretern der Kirche.

Keine Lex Freund

Zankapfel Nummers eins und heftigster Angriffspunkt der Sozialisten war die dm ÖVP-Entwurf vorgesehene Bestellung nur eines gemeinsamen Programmdirektors für Hörfunk und Fernsehen. „Lex Freund“ war ihr mildester Ausdruck für diese Bestimmung, und hinter der Hand gaben auch manche ÖVP-Politiker zu, daß sie an einer Entfernung des derzeitigen, der SPÖ angehörenden Femsehdirektors interessiert wären. Man hätte auch im Rundfunk schon einen geeigneten Kandidaten des ÖAAB für den Posten des gemeinsamen Programmdirektors gehabt, als sich doch die Eikenntnis durchsetzte, daß eine

solche gemeinsame Programmgestaltung durch einen Direktor aus der Natur der Sache wohl kaum zu rechtfertigen wäre und ein gegenüber an deren Ländern bei spielloses Verhalten dangestellt hätte. Man entschloß sich also in der ÖVP, auch hier zum Urentwurf zweier getrennter Programmdirektoren zurückzukehren und, sollte der Fall eintreten, eben offen gegen den unliebsamen Fernsehdirektor aufzutreten, das heißt, bei Auslaufen seines Vertrages (Ende 1967) diesen nicht mehr zu erneuern. Die Politikerklausel kann in ihrer derzeitigen Form nicht mehr als Lex Freund ausgelegt werden, da sie, mit Ausnahme des Generalintendanten, nur eine gleichzeitige Inkompatibilität zwischen politischer Tätigkeit und Tätigkeit als Direktor, Länderinten- dant oder unabhängiger Aufsichtsrat vorsieht. Direktor Freund müßte eben auf seine Funktion in der Gemeindevertretung Baden verzichten, Wenn ihm am Fernsehdirektor etwas liegt. Wie weit über

haupt die derzeitige Besetzung der Rundfunk- und Femsehspitze in die neue Gesellschaft übernommen wird, ist zumindest noch ebenso unsicher wie die Person des neuen Generalintendanten. Eine Wiener Wochenzeitung vermutete, es würde allein Direktor Füchsl sein, manche ÖVP- Kreise halten es für durchaus wahrscheinlich, daß Generaldirektor Scheidl den Posten des Verwaltungsdirektors erhalten wird. Es bleibt nur zu fragen, was wird der Proporz oder überhaupt parteipolitische Bindung noch zu bedeuten haben, wenn es doch im Gesetz heißen soll: „Sie (die Direktoren) sind dabei (bei ihrer Tätigkeit) außer an die vom Generalintendanten erlassene Weisung an keine Aufträge Dritter gebunden.“

Soweit nun Einigung erzielt wurde, und das ist, wie gezeigt, immerhin in einem beträchtlichen Teil der Fragen der Fall, würde der gemeinsamen Verabschiedung des Gesetzes — und das war und ist heute noch immer die Absicht der Vertreter des Volksbegehrens — nichts mehr im Weg stehen: wenn sich nicht alles nun auf die Besetzung des Generalintendantenpostens zugespitzt hätte. Hier scheint die SPÖ unerbittlich, die ÖVP aber auch nicht nachgeben zu wollen. Die SPÖ fordert daher entweder Einstimmigkeit bei einer Besetzung durch die Gesellschafterversammlung, oder

Im Zentrum der Generalintendant

Der Generalintendant wird auf Grund einer öffentlichen Ausschreibung vom Aufsichtsrat oder von der Gesellschafterversammlung ernannt werden. Das steht fest. War nach Einbringung des Initiativantrags durch die ÖVP noch zu befürchten, daß die Verabschiedung des Gesetzes bis zur Einigung über die Person des Intendanten hinausgezögert würde, so steht nun einer raschen Verabschiedung des Gesetzes nichts mehr im Wege, hat es doch die ÖVP auf alle Fälle in der Hand, die Person des Generalintendanten zu bestimmen. Vor Herbst ist allerdings nichts Definitives zu erwarten.

Und doch sollte man die in Frage kommenden und schon im Gespräch befindlichen Kandidaten vorstellen. Wenn auch bisher nur hinter vorgehaltener Hand über sie gesprochen wird, weil man fürchten muß, daß jeder genannte Mann auch schon ein toter Mann ist.

In alphabetischer Reihenfolge wäre zunächst Alexander Auer zu nennen, derzeit im Außenministerium in der Kulturabteilung tätig, ein Mann von umfassender Bildung und organisatorischem Können. Aus dem Salzburger Raum wird der Name des derzeitigen Intendanten des Salzburger Rundfunks genannt, Dr. Paul Becker, der eine jahrelange Rundfunkerfahrung neben seinen großen anderen Vorteilen mitbrächte. Ebenfalls aus Salzburg kommt der Name Dr. Peter Krön, Generalsekretär der Katholischen Aktion Salzburgs, Wirtschaftsjurist und geachtet in steirischen sozialistischen Kreisen aus der Zeit seiner leitenden Tätigkeit bei den Böhlerwerken. Dr. Fritz Kuhn, derzeit Geschäftsführer des Salzburger Preßvereins und ehemals Generalrepräsentant des Bertelsmann-Verlages, kommt ebenfalls aus Salzburg. Der bisher meistgenannte Kandidat aber ist der Generalsekretär der Konzerthausgesellschaft in Wien, Peter Weiser, dessen „Image“ allerdings durch die „österreichische Affäre“ etwas gelitten zu haben scheint. „Die Furche“ will hier nicht nur Kandidaten nennen, sondern darüber hinaus auch noch an jene Grundsätze erinnern, die wir schon öfter in unserem Blatt vertreten haben. Wer immer neuer Rundfunkintendant wird, er muß in voller Freiheit und Objektivität den Rundfunk wieder auf eine gesunde Grundlage stellen können. Es muß ein Rundfunk für alle Österreicher sein, auch wenn die Bestellung letztlich bei der ÖVP liegen wird. Die ÖVP möge daher auch bei einseitiger Bestellung nicht jemanden berufen, der von sozialistischer Seite grundsätzlich abgelehnt würde, schon im Interesse der Kontinuität des Rundfunks bei geänderten politischen Verhältnissen. Wer immer es auch sein wird, es muß ein Mann sein, der durch seinen Charakter und seine Standfestigkeit allgemeines Ansehen genießt, auch im Rundfunk, weil er nur so manche unpopuläre Maßnahmen durchsetzen können wird.

Zwfeidiittelmehrheit bei einer Besetzung durch den Aufsichtsrat, in beiden Fällen könnte eine Besetzung ohne Zustimmung der SPÖ nicht erfolgen. In der zweiten Forderung der SPÖ, die noch verbleibt, Mitsprache- recht des Hauptausschusses des Nationalrates 'bei der Festsetzung des Programmentgeltes, ist eine Einigung noch eher möglich, wenn auch derzeit unwahrscheinlich.

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