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Kurt Diemans Austro-Seop

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Ein Vertrag wurde geschlossen, der nicht nur besondere Bedeutung für die beiden Vertragschließenden hat, für den ORF und Gerd Bacher, sondern darüber hinaus für ganz Österreich: Denn dieser Vertrag beweist schwarz auf weiß für Schwarz und Rot, daß alte Sprichwörter aus „konservativen“ Zeiten auch für unsere „progressive“ Epoche ihre Gültigkeit haben. - Wem fällt da nicht gleich das Sprichwort ein: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“?

Gut, daß solche Weisheiten nicht aus der Mode kommen, sondern immer wieder - wie durch das spektakuläre Dokument - ihre aktuelle Untermauerune erhalten. Wer sich an sie hält.

wird nicht so leicht getäuscht und enttäuscht werden können. (Nicht einmal von ORF-Betriebsräten!)

Und noch mancherlei beweist der neue Bachervertrag, der dadurch einigen Anwert für die österreichische Innenpolitik im Allgemeinen - nicht Medienspeziellen - erhält: Er beweist, was sich alles nicht verträgt in Österreich, vor allem in der SPÖ, und was die ö VP - trotz einer bedenklichen Wahlniederlage! - alles vertragen zu können meint.

Das muß man den beiden Parteien mit ungeteiltem Wohlwollen und ebensolcher Hochachtung zuerkennen: Sie haben einen unerhört guten Magen! Und solches ist besonders wichtig in Österreich, dem Lande der.Backhendeln und Stelzen, der Millirahm-strudel und - Bacher zu Ehren! -auch der Salzburger Nockerln. Ohne einen solchen guten Magen würden die beiden Großparteien (das heißt, laut einigen Journalisten des sogenannten „bürgerlichen Lagers“: die Großpartei und die große Mittelpartei) an chronischer Gastritis leiden, und das würde sie wiederum daran hindern, das Wählervertrauen so herzhaft zu verdauen.

Allein: der Bachervertrag könnte noch manch Positives zeitigen - die Zeit wäre jedenfalls reif dazu: Ein paar Vorschußleistungen wurden ja bereits erbracht, und man sollte sie nicht total übersehen - in unserer im Grunde oft so leistungsfeindlichen „Leistungsgesellschaft“ schon gar nicht!

Da wurde vom Supervertragsgenießer ein Mann wenigstens an die Spitze des einen Fernsehkanals gebracht, der Superambitio-nen hat: im Hinblick auf die kreativen und patriotischen Möglichkeiten auch eines so von der Kreativität wegpolitisierten und entwurzelten Mediums, wie es das Fernsehen ist. Wer jetzt die Stunde des Sumpertums für angebrochen erklärt, bricht vielfach mit der eigenen Medienpolitik, die er jahrelang - zumindest durch zweite und dritte Hände -in dieser und jener Kolumne betrieben hat.

Und er vergißt noch eines: Ärger - und um vieles gefährlicher! -als ein „Gamsbartfernsehen“ ist das „Ho-Tschi-Minbartfernse-hen“. Und dem hat irgendjemand (es könnte auch Gerd Bacher selbst gewesen sein, was laut zu sagen, politisch unklug erscheint) wenigstens ein paar Härchen ausgezupft: verhältnismäßig schmerzlos, wie sich das für einen emeritierten und auf Samtpfoten durch den Mediendschungel streifenden „Tiger“ gehört.

Auch daß es im Fernsehen nach jahrelanger systematischer Ent-kultivierung, Zerpolitisierung und Verbolschewisierung wieder die aufgelassene Musikabteilung gibt, ist für das Musikland Osterreich erfreulich und zumindest in Nahsicht schon so etwas wie ein Erfolg - oder zumindest erfolgverheißend.

Den Vorschußleistungen müßten jetzt freilich mit der gleichen Rasanz, die das Gehalt des ORF-Generalintendanten emporschnellen ließ, die echten Leistungen folgen: in allen Kanälen und allen Programmen, damit die Kanalbrigaden der Medienpolitik Neues programmieren müssen, anstatt alte Suppen aufzuwärmen und darin das Haar (oder die Schweinsborste) des Bachervertrages zu entdecken.

P.S.: Wer Gerd Bacher jetzt seine gewiß exorbitanten Abfertigungsansprüche vorrechnet, müßte wohl erwägen, daß der gewesene Generalintendant Oberhammer redlicherweise anstatt eines Groschens Abfertigung eigentlich ein saftiges Pönale hätte auferlegt werden müssen.

Das „Austroscop“ ist eine politische Kolumne, die durch Provokation zum Denken anregen soll. Die einzelnen Formulierungen des Autors müssen sich nicht mit den Auffassungen der Redaktion decken.

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