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Vielgeprüfter Bacher

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Bachers zweites Generalintendantenjahr bescherte dem Chef des österreichischen Rundfunks unversehens eine Quelle neuer Schwierigkeiten: man will dem unbequemen Rundfunkchef durch eine Prüfungskommission Spielraum nehmen.

Diese Prüfungskommission ist im Rundfunkgesetz ausdrücklich vorgesehen. Im § 14 heißt es, daß eine dreiköpfige Kommission aus Sachverständigen und Buchprüfern zu bestellen ist, die den österreichischen Rundfunk nicht nur auf Ordnungsmäßigkeit, sondern gleichzeitig auch auf Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit prüfen soll.

Nun ist diese Kommission ein absolutes Novum in der Verwaltung bundeseigener Unternehmen. Denn der Rechnungshof prüft ja mit einem eingeübten Apparat sowieso Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit von Betrieben, die dem Bund (oder den Ländern) gehören, und hat schon in der Vergangenheit seiner Aufgabe gegenüber dem ORF entsprochen.

Aber das überspitzte Rundfunkvolksbegehren wollte hinsichtlich der Kontrolle des Unternehmens ganz sicher gdhen und fügte den Passus auf Prüfung durch drei Sachverständige ein. Diese Sachverständigen entwarfen nunmehr für das vergangene Geschäftsjahr, das Bacher erst nach dem ersten Drittel übernahm, einen Prüfungsplan, der vorgesehen hätte, daß drei Büros mit zahlreichen Assistenten praktisch in allen Abteilungen des Rundfunks, in den Studios, Sendern und Büros, Kontrollen und Prüfungen durchführen. War schon das System unsinnig, so erregte sich auch die Unternehmensführung mit Recht darüber, daß der Zeitraum von den Prüfern großzügig mit etwa einem halben Jahr festgelegt wurde.

Prüfung ohne Ende

Und Bacher, der nicht immer den richtigen Ton im Umgang mit Politikern trifft, vermeinte darin eine bösartige Schikane zu sehen. Denn außer der Prüfungskommission und dem Rechnungshof hat er selbst ein Rationalisierungsunternehmen beauftragt, den Betrieb genau zu durchleuchten und eine Prüfung der Arbeitsplätze und der technischen Einrichtungen durchzuführen. Überdies fühlt sich Bacher durch den Aufsichtsrat des Rundfunks über-

wacht, der laufend von seinem Recht auf Überprüfung Gebrauch macht und durch zwei Ausschüsse sowohl Programm wie Finanzen durchleuchtet. Ja, und schließlich sieht die Geschäftsordnung des Aufsichtsrates überdies noch vor, daß ein Revisor bestellt wird, der laufend für den Aufsichtsrat Prüfungshandlungen durchführt. Zwar ist dieser Revisor noch nicht bestellt — aber der Aufsichtsrat kann davon noch immer Gebrauch machen.

Im Aufsichtsrat krachte Generalintendant Bacher in den letzten Sitzungen öfters mit den politischen Vertretern zusammen. Werfen die Politiker dem Generalintendanten Ungenauigkeit der Auskünfte und mangelnde Zusammenarbeit vor, hält ihnen Bacher wiederum vor, von den Problemen und den konkreten Schwierigkeiten in einem desolaten Unternehmen, als das er den ORF übernahm, keine Ahnung zu haben.

Nun freilich sitzen im Aufsichtsrat politische Vertreter, die schon seit vielen Jahren die Unternehmensprobleme studieren und mit Recht kontern, Bacher sei erst viel zu kurz an der Spitze des Rundfunks, um sich solche Angriffe gegen Aufsichtsräte leisten zu können.

Verweigertes Bilanzgeld

Der Aufsichtsrat wird allerdings in den nächsten Monaten stärker als bisher Bühne der politischen Auseinandersetzung um den Rundfunk werden.

Denn für den verstorbeftien Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden, SPÖ-Zentralsekretär Liwanec, wird der Parteivorsitzende Kreisky höchstpersönlich seinen Weg in die Argentinierstraße nehmen.

Um die Funktion von Liwanec war es zwischen Kreisky und Pittermann zu einer neuerlichen heftigen Fehde gekommen. Denn Pittermann, der dem Fernsehen selbst das Filmen im Parlamentsgebäude untersagt und den Bacher im Gegenzug zur Un- persoh für Fernsehaufzeichnungen erklärte, wollte Exminister Czettel in den Aufsichtsrat schicken — weil auch Liwanec vom Parlamentsklub delegiert war. Kreisky seinerseits wollte Zentralsekretär Gratz zum Nachfolger von Liwanec machen. Und als die Wellen des neuerlichen Konflikts zwischen Parteivorsitzenden und Klubobmann auch an die Öffentlichkeit zu schlagen drohten, hievte sich — quasi als Kompromiß — Kreisky selbst in den ORF-Auf- sičhtsrat. Ihm konnte Pittermann die Funktion nicht streitig machen.

Während Generalintendant Bacher mit Pittermann offenen Krieg führt, weiß man, daß er mit Kreisky ein gutes, sich laufend verbesserndes

Verhältnis besitzt. Wird Kreisky also im Aufsichtsrat sogar zum Protege für Bacher, den die ÖVP gegen den Willen der SPÖ in den Generalintendantensessel gehoben hat?

Immerhin: Auch die ÖVP reichte dem großen „Unabhängigen“ im staatseigenen Hörfunk und Fernsehen ein schmackhaftes Bonbon: die Prüfungskommission darf nur zwei Monate kontrollieren und darf den Rundfu’nkbetrieb nicht erheblich stören…

Die zwei Monate sind freilich schon um: denn zur Prüfung der Bilanz, die von der Gesellschaftsversammlung akzeptiert wurde (allerdings ohne ein Bilanzgeld für den sowieso hochdotierten Gerd Bacher zu beschließen) hat schon diesen Zeitraum in Anspruch genommen…

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