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Wie deutsch ist österreichisch?

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Die Frage „Gibt es österreichisch?" wurde um 22.30 Uhr erörtert, also zu einer Stunde, in der die Österreicher als einziges Volk der Welt bereits beginnen, sich langsam vom Schlafe zu erheben, und dann anderntags um 1125 Uhr, also wieder zu einer Zeit, da die Österreicher ihr Mittagsschläfchen halten. Und das ist schade, denn die Österreicher kamen dadurch um einige jener kostbaren Improvisationen Hans Weigels, die niemand mitschreibt, und die daher verlorengehen, und außerdem um sehr wesentliche Denkanstöße, die Wolf In der Maur der Diskussionsrunde lieferte.

Daß es österreichisch gibt, weiß, wer sich, die Sprache Stifters, Hofmannsthals und Dode-rers noch im Ohr, hin und wieder in die Lage versetzt sieht, bundesdeutsch-deutsche Manuskripte begutachten oder gar korrigieren zu müssen, deren Wortschatz sich zusehends auf Schlagzeilengeschnodder reduziert, in denen nichts mehr „ist", sondern nur'noch „erscheint'., die Vorvergangenheit an die Stelle einer unbewältigten Vergangenheit getreten ist, der „Moment" den „Augenblick", die „Stunde" und die „Zeit" verdrängt hat, und in denen man „gebrauchen" für „brauchen", also „benötigen" gebraucht, also „benutzt", um von dem unvermeidlichen, aber total überflüssigen Füllwort „mal" ganz zu schweigen. Und über die Massenmedien schwappt das alles in die Nachbarlander über.

Um die Ansteckung in Grenzen zu halten, bedürfte es jener „Leuchtbojen", auf die In der Maur anspielte, als er das Wort „Schönbrunnerdeutsch" in den Raum stellte. Aber wo gibt es Bojen, und wo leuchten sie auf? Doch gewiß nicht in den Sprechversuchen unserer Parlamentarier („Rein phonetisch sind sie entsetzlich", gestand mir einst die unvergeßliche Maria Eis vom Burgtheater). Wo also? Laßt uns die Ebner-Eschenbach, Wildgans und Werfel anrufen!

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