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„Etwas Höheres"

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Seit Journalisten das Dogma von der Unfehlbarkeit des Küng feierlich und ex machina scribifactoris verkündet haben, seit der Nobelpreiska-thole Boll aus der Kirche ausgetreten ist, während die katholische Modellkommunistin Luise Rinser offenbar noch überlegt, ob sie zu ihrer ersten Liebe, den in einem Jugendgedicht angehimmelten großen Adolf, zurückkehren soll, kann sich der österreichische Kirchenfunk endlich aktuelleren Themen zuwenden - etwa der Frage: „Warum Christen glauben". Die ersten Folgen dieser aus der Bundesrepublik übernommenen Serie ließen bereits erkennen, daß sie für Christen wie für NichtChristen sehens- und hörenswert ist.

Als diese ersten Folgen liefen, stand mir ohne Unterlaß das Bild jenes österreichischen Jungarbeiters vor Augen, den der ORF unlängst interviewt hat. Der junge Mann glaubt wie viele Österreicher „an etwas Höheres", nicht aber an den Gott der Bibel (die er nicht gelesen hat), den er für einen Großpapa mit Bart hält.

Wenn besagter Jungarbeiter eine Kirche betritt, sieht er vor allem anderen den Opferstock, er hat aber offenbar noch nie die Beiträge bemerkt, die ihm berechtigterweise von der , Gewerkschaft abgezogen werden, weil andernfalls die Gewerkschaft ja nicht imstande wäre, des Jungarbeiters Interessen zu vertreten.

Viele Mißverständnisse zwischen uns Christen und jenem Jungarbeiter wären durch die Aussage auszuräumen, daß man sich zwar einen vollkommenen Menschen vorstellen, nicht aber Gott definieren kann.

Er, der Logos, der Sinn, der hinter dem Ganzen steht, ist wie schon die Scholastiker des Hochmittelalters darlegten, immer der „ganze andere". Seinetwegen kann man das Leben ändern. „Etwas Höherem" zuliebe kaum - und das ist es eben.

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