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Begreiflich, daß in diesen trüben Hochsommerwochen das Programm allmählich so weltbewegend wird wie die österreichische Innenpolitik und so aufschlußreich wie sowjetische Zeitungen. Anderswo ist das wesentlich ärger.

Einen Seitenblick auf die große Liebe des Erzherzogs Johann konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. Denn seit der selige Bundespräsident Schärf den Johann zum Antihabsburger erklärt hat, ist kein Halten mehr.

Der alte, angeblich klassische Filmschinken wurde denn auch tagelang mit solcher Intensität und mit solcher Ehrfurcht angekündigt, als träte darin Willy Brandt persönlich auf. Was mich betrifft, so bestätigten sich meine dunklen Erinnerungen an die Zeit vor 29 Jahren. Wenn man nämlich seit etwa einem halben Jahrhundert mit etlichen Habsburgern durch dick und dünn gegangen ist und dabei feststellen konnte, welche Faktoren in dieser Familie konstant bleiben - Qualitäten sowohl wie selbstverständlich auch Eigenheiten -, und wenn man dann erlebt, wie bewundernswert geschickte Drehbuchautoren und Regisseure es fertigbringen, diese Faktoren dem Weltbild der Mali-Tant' anzupassen, so kann man nicht anders, und lacht Tränen.

„Erzherzog Johanns große Liebe“ lief 1950 durch die Kinos. Seither ist die Zweite R&> publik auf ihr eigenes Niveau herabgesunken, aber die Mali-Tant' hat überlebt, ihre

Geschichtsvorstellungen wurden zum allgemein anerkannten Staatsmythos, und mit dieser Mischung aus nostalgischer Verhöhnung und ironischer Gerührtheit gewinnt man Wahlen. (Manche mögen's nicht und zahlen daher drauf.)

Ansonsten herrschte der graue Fernsehalltag inklusive „Quiz in Rotweißrot“, für das Prominenz vom engelhaft geduldigen Herrn Bundespräsidenten abwärts bemüht wurde. Hüde Spiel stellte immerhin die Frage, ob Hofmannsthal denn tatsächlich den „Schwierigen“ geschrieben habe. Er hat. Gewonnen, gewonnen, gewonnen!

Aber dann sah man im steiri-schen Piber die Lipizzaner auf Sommerfrische, und die patriotische Ader begann heimlich zu pochen. Mein Gott, sind diese edlen Viecher schön! Das gestohlene barocke Federt, das wir uns an unser do-naualpenländisches Hüterl gesteckt haben, das soll uns, um die „Linzerischen Buam“ zu zitieren, „keiner abituan“.

Wahrscheinlich bin ich einst als Lipizzaner zur Welt gekommen, Sängerknabe wurde ich mangels Stimme nie, und dann wurde ich rechtzeitig zur Unperson. Ich brauchte also nicht als Hofrat in Pension zu geh'n.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß ich seit meiner („wohlverdienten“?) Pensionierung nichts als fernsehe. Das tue ich neuerdings wieder im Auftrag der FURCHE-Redaktion. Die hat es sich selber zuzuschreiben.

Und tut's. Gerne. Das Leserecho gibt ihr recht.

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