6892983-1979_51_28.jpg
Digital In Arbeit

Wenn schon, dann Sandor

Werbung
Werbung
Werbung

Viel länger hätte ich diesen „Sandorf“ nicht mehr ausgehalten. Da haben sich Italiener, Franzosen, Bundesdeutsche und Rotmagyaren zusammengetan, nicht etwa nur, um den schlechtesten Roman zu verfilmen, den Jules Verne je geschrieben hat, sondern um den Österreichern vorzuhalten, wie niederträchtig sie doch waren und sind.

Glaube kein Zweitrepublikaner, es gebe nur um die bösen Habsburger. Oh nein, wir alle sind gemeint, die wir trotz Umerziehung immer noch getarnte Nazis sind, was allein schon Lederhosen, Gamsbärte und die hochgetürmten Blondzöpfe unserer Frauen beweisen.

Jules Veme hielt „Sandorf1 für einen typisch ungarischen Namen, weil er einmal etwas von „Sändor“ läuten gehört hatte und nicht wüßte, daß S im Ungarischen wie Sch gesprochen wird. Auch vermutet er in Siebenbürgen Loire- Schlösser. Aber das wäre das wenigste.

Schwerwiegender ist, daß die Westdemokraten den Kampf Österreichs gegen die nationalistische Pest, die in Hitler kulminieren sollte, für reaktionäre Tyrannei hielten und immer noch halten. Daß sie glaubten und glauben, österreichische Verwaltungsbeamte - bis 1918 die verläßlichsten und integersten der Welt, und auch heute noch vorbildlich - hätten sich mit Hilfe von Denunziationen bereichert und lebenslang nichts anderes zu tun gehabt, als edle Liberale zu verfolgen.

Einem Westdemokraten an Hand historischer Fakten nachweisen zu wollen, daß die österreichische Sozialgesetzgebung von den liberalisti- schen Ausbeutersystemen des Westens erst nach einem Viertel-, einem Halbjahrhundert oder mehr zögernd nachgeahmt wurde, würde möglicherweise bis an sein Trommelfell gelangen, aber nicht weiter. Gelangt ein so schauderhafter Gedanke bis zu den Gehirnzellen, er würde diese explosionsartig zerstören.

Doch getrost: was Sandorf nicht wußte, weiß Sändor schon längst.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung