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Wegwerfhunde

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Daß Sterns Stunden fast immer Sternstunden sind, wissen nahezu alle Fernseher. Den ganzen Reiz dieser unverwechselbaren Mischung aus deutscher Präzision und jüdischer Ironie wird man allerdings kaum in der Bundesrepublik, sondern viel eher in der Schweiz und in Österreich auskosten können.

Bei dem jüngst gelaufenen „Hund als Ware“ handelte es sich um die Wiederholung einer schon vor Jahren dargebotenen Stunde Sterns, aber das tut nichts zur Sache.

Nicht oft genug kann man den eiskalt sich selbst bemitleidenden Egoisten vor Augen halten, daß sie den Hund, der vor Urzeiten den Leitrüden aufgab, um dem Menschen anzuhangen, dem er vertraute, daß sie den Hund, der ihnen als seinen Göttern vertraut, als Spielzeug benützen, als Waffe mißbrauchen, als Modeartikel, als Herrschaftssymbol, als Terrorobjekt.

Menschen, die zwar nicht an die Unsterblichkeit der Seele, wohl aber an das Weiterleben der Leichen glauben, sprechen blasphemische Gebete auf amerikanischen Hundefriedhöfen, machen Hündinnen zu Gebärmaschinen, die nach , dem soundsovielten Kaiserschnitt eingehen, protzen mit den Stammbäumen, die sie bei ihresgleichen verhöhnen, bei Hunden aber fordern, füttern die zu Sofapölstern degenerierten Gegenstände ihrer Selbstverherrlichung bis zur Herzverfettung, werfen sie weg.

Vom Wegwerfhund (in Frankreich etwa 200.000 jährlich) bis zum Wegwerfembryo war es nur ein Schritt. Er wurde getan. Denn die Humanitären sind inhuman, die Hunde sind wenigstens und vor allem ehrlich hündisch.

Hunde haben Stilgefühl. Sie verschmähen, um ihre Duftmarken zu setzen, schlichte Haustüren, und bevorzugen klassisch gemeinte Säulen an den Toren makartischer Fassaden. Kürzlich, als die Demokratisierung des Wiener Burggartens noch im vollen Gange war, hätte man mit einem Straßenköter diesen Tatort nicht durchwandern dürfen. Er hätte sich losgerissen und, schon des Geruches wegen, seinen Aggressionen freien Lauf gelassen.

Ein Rassehund hingegen, durch gezielte Inzucht tolerant geworden und an die zeitge-> mäße Verschmutzung edler Dinge längst gewöhnt, hätte, schon des Geruchs wegen, lediglich die Schnauze weggedreht und erst beim Verlassen des Parks diskret das Bein gehoben.

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