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Die Sache Dreyfus

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Unter dem Titel „Ich klage an" hat der ORF eine Serie ausgestrahlt, die sich wieder einmal mit der Sache Dreyfus befaßte. Den Franzosen, die sie drehten, stand zwar nicht, wie einst den Deutschen, ein Kortner zur Verfügung, dafür aber der Sinn für zeitgemäße Kostüme und Innenräume, und die Fähigkeit, in Außenaufnahmen auf Gemälde von Sisley und Monet anzuspielen. In. Wirklichkeit ging es ihnen allerdings um die Möglichkeit, der kirchenfreundlich regierenden Mitte, den Giscardia-nern.und den Gaullisten, eins auszuwischen.

Denn in der Sache Dreyfus standen die Klerikalen wieder einmal auf der falschen Seite. Wie vor 1938, als sie deutsch-tümelnd übersahen, daß Nazideutschland zur Weltgefahr heranwuchs. Und wie nach 1945, als sie sich der Linken anbiederten, während der sowjetische Imperialismus sich ein Stück der Weltkarte nach dem anderen, dank vorausgegangener Demokratisierung durch den Westen aneignet.

In der Sache Dreyfus gewährten die Klerikalen ihren Gegnern einen durchaus gerechtfertigten Triumph, weil man in geistlichen Rängen glaubte, gemeinsam mit der radikalen Rechten antisemitein zu müssen, obwohl doch etwa ein Lueger ohne seine Juden und seine Aristokraten wahrscheinlich nicht sehr weit gekommen wäre.

Die Blamage der Klerikalen in der Sache des armen, zu Unrecht verurteilten Dreyfus war so gigantisch, daß sie bis heute nachwirkt und dementsprechend in rhythmischen Abständen ausgeschlachtet wird. Und immer unter Aufbietung enormen Könnens. Denn immer sind es die anderen, die etwas können. Daß der Papst und die „Nichtengagierten" mit all dem nichts zu tun haben, zeigt sich zwar gerade jetzt sehr deutlich, steht aber auf einem anderen Blatt.

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