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Das Beste seit langem

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1796, zwei Jahre nach Robespierres Terror. Das Gemetzel hat ein Ende gefunden, mit dem „Directoire“ ist eine Art von Demokratie ausgebrochen, die von der Revolution emporgespülte „neue Klasse“ bereichert sich auf das Schamloseste, die Korruption stinkt zum Himmel, das Leben ist schön. Louis Bėnoit Picard, Direktor der Großen Pariser Oper und Akademiemitglied, geißelt die Zustände in einer Komödie mit dem kilometerlange»! Titel „Mėdiocre et rampant, ou: Le Moyen de parvenir“, der Herzog von Sachsen-Weimar bittet Schiller, das Stück zu übersetzen, Schiller nennt sein Opusculum „Der Parasit“.

Annähernd zweihundert Jahre später nimmt sich der Österreicher Sebastian König des Stoffes an, läßt die Jugendlichen im zeitgenössischen Pop- Slang reden, stellt überhaupt augen- zwinkemd Aktualitätsbezüge fest und kleidet das Ganze in eine Rahmenhandlung, die zur neuen, überraschenden Wendung führt: nicht mehr ist, wie bei Schiller, das Theater eine „moralische Anstalt“, im wirklichen Leben triumphiert längst die charakterlose Unfähigkeit, die geschwätzige Tüchtelei. Man spielt Sebastian Königs „Wer zuletzt lacht“ heuer bis zum 28. August an Freitagen und Samstagen um 19 Uhr, an Sonntagen um 17 Uhr in dem bezaubernden Greiner Stadttheater von 1791. Directoire im Louis XVI.

Und mit dieser Inszenierung hat Hilde Günther sich selbst übertroffen. Sie sorgt für die scharfe Profilierung aller Charaktere, für knallende Pointen, für Rhythmus und Tempo. Michael Gert hat als Dorival (der bei Schiller Sėlicourt hieß) endlich die große Rolle, in der er zeigen kann, was in ihm steckt. Und die anderen alle, soll man sie und kann man sie einzeln aufzählen? Genannt seien vor allem die Jüngsten: Inge Träger und Zoltän Paul als Vertreter der lyrikbesessenen Generation des exaltierten Sturms und Drangs (und als die geeigneten künftigen Schlachtopfer Napoleons).

Nicht zu vergessen aber auch Helmut Wagner mit seiner tragikomischen Beamtenkarikatur, oder Erwin Bail (zugleich auch Bühnenbildner) als dümmlich raffinierter, alles ausspionierender ländlicher Tölpel (er wird unter Louis-Philippe an die Herrschaft gelangen). Mimi Kilinger trägt die korrekten, vom Burgtheater geliehenen Directoire-Kostüme mit Stil, und der Textvorlage adäquat.

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