6890765-1979_44_20.jpg
Digital In Arbeit

Dafür und dagegen

Werbung
Werbung
Werbung

Als man die Queen an ihrem fünfundzwanzigsten Hochzeitstag fragte, was sie von der Ehe halte, sagte sie „Ich bin dafür“.

Und wenn man mich fragt, was ich vom neuen Programmschema des Fernsehens halte, so kann auch ich fürs erste nur sagen, daß ich dafür bin. Es kommt gewiß noch vieles nach und ein krummgeschlossener Bacher ist immer noch besser als gar keiner. Ich bin dafür, daß ZiB 1 und mitunter wirklich hervorragende Vorabendprogramme einander nicht mehr überschneiden und daß man auf beiden Kanälen zur gleichen Zeit erfährt, wie sehr österreichische Parteiereignisse die Welt in ihren Grundfesten erschüttert haben, und was nebenbei auf dem übrigen Globus passiert ist.

Ich bin dafür, pünktlich „Zehn vor Zehn“ zu sehen und zu hören, welche Meinung zu den Tagesereignissen die Meinungsbilder inzwischen gebildet haben und welche nicht, weil sie’s im Demokratieunterricht nicht „gehabt“ haben. Ich bin für die neue Wetterkarte, für die neuen Kennmelodien, für die neuen Tagesmenüs. Ich bin dafür.

Als der anglikanische Bischof im Eheunterricht den Prinzen Philipp fragte, was er von der Sünde halte, sagte dieser „Ich bin dagegen“ (sozusagen als stenographisch kurzes, aber treffendes Bekenntnis eines bekehrten Junggesellen). Und wenn man mich fragt, was ich davon halte, daß uns jetzt am Montag statt des lieben Viehs die Windsors ins Haus stehen, so kann auch ich nur sagen: ich bin dagegen. Bekanntlich leben Berichterstatter und Interviewer in dem Wahn, die katholische Kirche habe keine anderen Sorgen als den Zölibat. Das Illustriertenpublikum, die große Masse der Konsumenten also, wird in dem Wahn belassen, Könige hätten keine anderen Sorgen als ihr Privatleben.

Der Bestärkung in diesem Wahn dienen Mythologisierungsversuche wie jene soeben angelaufene Serie über König Eduard VIII, von England, der tatsächlich seine Pflicht (ich höre Tanten schluchzen) seinen privaten Neigungen opferte, wobei den letzten Vorwand zwar die heterosexuelle Beziehung zu Wallis Simpson, den Ausschlag für Regierung, Kirche und Parlament jedoch deren Gegenteil gab. Ein offenes Geheimnis, das umzudichten nicht fair ist. Nicht fair gegenüber dem jüngeren Bruder, König Georg VI., der während des Bombenkriegs über seine physischen Kräfte hinaus das Äußerste leistete und überall zur Stelle war, wo Londoner Bürger zu Schaden gekommen waren - gegenüber Georg VI., der mit einer halben Lunge im Leib starb, bis zur letzten Stunde arbeitend wie einst Franz Joseph.

Nicht fair gegenüber der Nichte, Königin Elizabeth, die seit ihrer Kindheit ein Pensum an Selbstbeherrschung und Pflichterfüllung leistet, von dessen Ausmaß rund um die Uhr unsere heimischen Spießer sich nichts träumen lassen, weil es ihre gewerkschaftliche Vorstellungskraft - übersteigt. Ein Arbeiter, der arbeitet, ein Student, der studiert, sind uninteressant. Ein König, der seine Pflicht vergißt, macht Tanten schluchzen. Ich bin dagegen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung