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Als die Kommunisten kamen, war der große ungarische Meister Zoltän Kodäly schon zu alt um zu emigrieren. Dem Regime kam das sehr gelegen. Es überhäufte ihn mit Ehren. Auf einem Staatsbankett, bei dem die rote Prominenz den Meister feierte, hörte man den schon ziemlich schwerhörigen Kodäly in einer Gesprächspause zu seiner Tischdame sagen: „Nehmen Sie sich in acht, der Mensch zu meiner Rechten ist ein fürchterlicher Kommunist!"

Der ORF holte unlängst aus seiner „Videothek" Kodälys „Hary Jänos" hervor, eine Verfilmung, die wieder einmal bewies, daß auch das Aufgebot der hervorragendsten Schauspieler eine danebengeratene Inszenierung nicht zü retten vermag. Wenn man die blühende, ins Surreale gesteigerte Phantasie eines ungarischen Veteranen auf die Klischeevorstellungen des bundesdeutschen Publikums reduziert, Franzosen also zu parfümierten Weichlingen und Österreicher zu milden Trotteln macht, dann gerät einem auch der Ungar zur komischen (bundesdeutsch ausgedrückt „niedlichen") Figur - und das hat Kodäly wahrhaftig nicht gewollt. DennHäry Jänos wird erst dann zu dem Helden, der er sein will, wenn die Majestäten, mit denen er respektvoll, aber vertraulich verkehrt, wirklich kaiserlich, wenn die Damen, die vor ihm dahin-schmelzen, wirklich Damen sind, und wenn der große Napoleon, den er gefangennimmt, wirklich ein schnaubender Diktator ist.

Übrigens verwechseln alle Regisseure Kaiserin Marie Therese, Prinzessin beider Sizilien, mit jener Maria Theresia zwei Generationen vor ihr, die man heuer feiert. Das kommt davon, wenn man jungen Leuten Geschichte vorenthält, damit sie keine Vergleiche ziehen und nicht auf den Gedanken kommen, daß alles vergänglich ist. Auch die scheinbar unerschütterlichen Despotien des Ostens. Auch die scheinbar unwandelbaren Bonzokratien des Westens.

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