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Immerhin

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Den an Händen und Füßen gefesselten Gerd Bacher jetzt plötzlich für die täglichen Schrecknisse des Bildschirms verantwortlich zu machen, ist so kindisch, als wollte man einen an den Marterpfahl Gebundenen fragen, wie er denn die sadistischen Kulttänze der ihn umkreisenden Rothäute zulassen könne. Ich verstehe auch die allgemeine Aufregung über den in einem fortgeschrittenen Stadium der Demokratisierung befindlichen Dieter Seefranz nicht, der uns immerhin Gelegenheit bot, an einer irrenhausreifen Popsängerin und ihrem offenbar schwachsinnigen Gitarristen das Endprodukt der Selbstverdauung des Westens zu studieren, mit dem unsere Kinder und Enkel ganz allgemein zu tun haben werden.

Immerhin konnte man Seitenblicke auf die siebenstün-dige Hitler-Oper Syberbergs werfen, in der die Arien Andrö Hellers viel weniger aufschlußreich waren, als die faszinierende Banalität der Rezi-tative des Kammerdieners und des Chauffeurs. Immerhin war da im folgenden „Club 2“ auch Nike Wagner (mit den verjüngten Gesichtszügen der Cosima), die sich inmitten klischeehaften Faschismus-Geschwafels gegen den Mißbrauch der Musik ihres Urgroßvaters verwahrte. Ein Wunder, daß die in sich atridenhaft zerstrittene, gegen den Feind aber stets einmütige Wagner-Dynastie sich nicht schon längst zu solcher Deutlichkeit aufgerafft hat.

Immerhin auch gab es, im Anschluß an die Österreich-Serie, in der sämtliche Bundesländer bemüht sind, sich uns ' abzugewöhnen, jene großartige Stilisierung der französischen Salzburg- und Mozart-Schablone, die mit der Wirklichkeit wenig, mit Kunst sehr viel zu tun hat, stammte sie doch von dem hierzulande unbekannten, auf der ganzen Welt hingegen als Qualitätsmarke anerkannten Frangois Reichenbach,

Vollendete, und daher überzeugende Künstlichkeit hier, wie auch dort, bei dem als Reaktionär verschrieenen Alfred Hitchcock, der genau weiß, daß man Horror wie ein Ballett inszenieren muß, um ihn glaubhaß zu machen.

Und am Ende, im „Protokoll eines Verdachts“, erfuhr man immerhin, was für schreckliche Folgen es haben kann, wenn der Westen sich gegen Ostspionage zur Wehr setzt. Mit derlei unbedachten Handlungen kann beispielsweise das Büro eines Willy Brandt total lahmgelegt werden. Nicht auszudenken!

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