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Jonny ohne h

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„Umsonst habe ich mich vom ersten Tag an bemüht, zu zeigen, daß es mir in ,Jonny spielt auf nicht auf die Verherrlichung des amerikanischen Jazz-Wesens ankam, sondern auf die Darstellung der tragischen Situation der abendländischen Kultur, deren schöpferische Kräfte, von ihrer eigenen Problematik paralysiert, dem skrupellosen Ansturm einer vehementen Vitalität ausgesetzt sind."

So Ernst Kfenek 1935 in einem Aufsatz, den er mir für die „Akademischen Blätter" geschenkt hatte. Wir monarchistischen Studenten kämpften nämlich damals für eine Aufführung Kfeneks „Karl V." gegen eine Phalanx deutschtümelnder Klerikaler, die Zwölftonmusik für ebenso rasseschänderisch hielten wie Jonnys Jazzrhythmen ein Jahrzehnt vorher. (Ihre Nachkommen bejahen heute, umgekehrt, jeden blasphemischen Schmarrn.) Unser Kampf war selbstverständlich vergeblich.

Nach dem Krieg erzielte Linz mit Kfeneks „Leben des Orest" einen Serienerfolg, Graz spielte endlich „Karl V." und nahm dann auch den „Jonny" wieder auf, der nun allen österreichfern, wenn sie nur wollten, über den Bildschirm ins Haus kam. Danke, ORF! Der achtzigjährige Meister, dessen „Reisetagebuch aus den österreichischen Alpen" eine Liebeserklärung an unser Land ist, mag dazu ein wenig bitter gelächelt haben.

Was ist es, das die Wiedergabe von Theater- und Opernaufführungen auf dem Bildschirm so lebendig macht? Trotz aller Unzulänglichkeiten, und auch dann, wenn eine Inszenierung der spitzwinkeligen Hektik und der überschäumenden Produktivität jener zwanziger Jahre nicht gerecht wird. Damals reimte ein Gymnasiast: Es kommen Tage der Erinnerungen Und Staunen, wenn du sagst:

so war es einst. Ob klarer Freuden, heute nicht gelungen, Was hilft dann, daß du weinst?

Ob das prophetisch war, möge meine Generation entscheiden.

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