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Digital In Arbeit

Babylons Entwirrung

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Die europäische Fernsehkultur hat ihre Kosten - vor allem für Konsumenten. Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rhachtsie sich wahrscheinlich bezahlt.

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Die europäische Fernsehkultur hat ihre Kosten - vor allem für Konsumenten. Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rhachtsie sich wahrscheinlich bezahlt.

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Still und leise, fast unbemerkt von der österreichischen Öffentlichkeit, ist eine Entscheidung für die europäische Medienzukunft gefallen. Die Einführung der neuen Farbf ernsehnorm „D2Mac” finden Satellitenempfang.

Vordergründig bestand auch keine Notwendigkeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Unmittelbare Folgen sind auch nicht zu gewärtigen, und an Österreich lag es nicht, den Ausschlag zu geben.

Wesentlich wichtiger war da schon, daß sich der französische Staatspräsident Francois Mitterrand und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl einig waren.

Konsequenzen hat die Einigung der beiden Großen Europas dabei auf verschiedenen Ebenen. Europa ist derzeit noch immer medientechnologisch in zwei Lager gespalten.

Auf der einen Seite besteht als Norm für Fernsehgeräte das deutsche PAL-System, auf der anderen das französische SECAM. Bis vor kurzem sah es so aus, als ob diese Trennung auch bei den neuen Direktsatelliten beibehalten würde.

Jetzt werden sowohl der deutsche (TV-Sat) als auch der französische Direktsatellit (TDF) mit der neuen „D2Mac”-Norm ausgerüstet.

Dieser Entscheidung war allerdings ein heftiges Tauziehen vorausgegangen. Denn ein gemeinsamer Medienraum Europa verlangt Opfer. Da nützten auch keine Hinweise, daß es kein Problem mehr sei, den gleichen Fernsehapparat sowohl mit PAL als auch mit SECAM zu betreiben.

Schon gar nichts nützte es, in dem vom öffentlich-rechtlichen

Rundfunk dominierten Westeuropa darauf zu verweisen, daß damit die Startchancen privater Programmanbieter auf Jahre hinaus entscheidend gemindert werden.

Derzeit gibt es noch keinen einzigen Fernseher in Europa, der „D2Mac”-tauglich ist. Auf den Markt kommen sie wahrscheinlich 1986.

Inzwischen muß derjenige, der den Direktsatelliten nutzen will, zu seiner Parabolantenne noch technisches Gerät in der Größenordnung von etwa 20.000,- Schilling anschaffen.

Für Fernseher, die an ein Rabeinetz angeschlossen sind, wird sich nichts ändern — zumindest vorderhand. Wenn die Entscheidung für „D2Mac” einen tieferen Sinn haben soll, dann werden die Kabelgesellschaften nicht umhin können, die vom Direktsatelliten empfangenen Signale mit der neuen Norm an die Konsumenten weiterzuleiten — parallel zur herkömmlichen Versorgung. Wer sich einen „D2Mac”-tauglichen Fernseher kauft, will auch die Vorteile genießen. Und die liegen eindeutig in der wesentlich besseren Bild- und Tonqualität. So hat der Ton beispielsweise Compact-Disc-Qualität.

Für den angestrebten Programmverbund der europäischen Rundfunkanstalten als Antwort auf steigende Produktionskosten und die Abhängigkeit vom amerikanischen Filmmarkt bietet die neue Norm ebenfalls Wesentliches: Es lassen sich mehrere Sprachen gleichzeitig senden. Eine technische Antwort auf das babylonische Sprachgewirr in Europa.

Noch interessanter wird die Lösung allerdings für die fernere Zukunft..„D2Mac” eröffnet den Einstieg in eine wunderschöne Fernsehwelt. Denn diese Norm ist für den Transport von Fernsehbildern geeignet, die viel höher aufgelöst sind als die derzeitigen. „Hochzeilenfernsehen” heißt die Zukunft, an der hinter den Kulissen bereits eifrig gebastelt wird.

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