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Bella Italia versinkt im Schmutz

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Guido Ceronetti, bis vor kurzem im deutschen Sprachraum wenig bekannt, bringt in lockerer Tagebuch- wie auch in der kultivierten Form des Feuilletons Dinge zur Sprache, die heute jeden, in Italien und anderswo, zutiefst bedrängen. Er jammert zwar nicht, ist auch nicht sentimental, klagt aber an, mitunter sehr scharf, auch ironisch, wohl wissend, wie er eine Zeit anprangern muß, die im Zeichen des Fortschritts, der Industrialisierung, des Fernsehens, des Massentourismus und einer „verbrecherischen japanischen Lärmindustrie" nicht nur Landschaften, sondern auch Menschen zerstört.

Wie Ceronetti seine geliebte Heimat betrachtet, sie analysiert und dann sehr anschaulich mit ihrem früheren Zustand vergleicht, dafür spricht etwa das Bild von diesem heiteren Land des Gesangs, in dem man keine Lieder mehr hört, dafür umso lauter die

Schreie „mechanischer Münder". Verwahrlosung, Schmutz überall, und die Hütten der Fischer verfallen. Es wird jetzt im Weltmeer gefischt. Ein „Glück" nur, daß, infolge der Landflucht, in abgelegenen Dörfern das überlieferte Leben weiter besteht, reduziert auf die dagebliebenen Alten, aber umgeben von seltenen Blumen, von Schafen, Ziegen, auch Eseln und deren wohlriechendem Mist.

Das Buch ist gut übersetzt, fällt auch äußerlich angenehm auf, bietet dem Fremden viel Neues, regt an. Was stört sind die Fahrlässigkeiten bei aus dem Griechischen stammenden Wörtern und in griechischer Sprache und Schrift erfolgten Zitaten.

ALBERGO ITALIA. Meine italienische Reise. Von Guido Ceronetti. Aus dem Italienischen von Viktoria von Schirach und Barbara Krohn. Carl Hanser Verlag, München 1993. 184 Seiten, öS 233,-.

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