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Digital In Arbeit

Blechsarg

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Sein Berufsrisiko hatte ihn bereits eingeholt, über ihn konnte man nur mehr in der Vergangenheitsform berichten. Sein Beruf: Kriegsberichterstatter.

Der Nachruf stellt ihm das beste Zeugnis aus: Immer dann, wenn er nicht in einer Schießerei steckte — so war in dem Dokumentarstreifen Zwischen Armee und Guerilla” zu hören —, war er schlechter Laune.

Auch wenn nicht alle Mitglieder dieser Zunft ihre Profession so heroisch bewältigen, Mitleid wäre fehl am Platz. Das Risiko ist kalkuliert, das fahrende Völkchen an den Außenstellen unserer Informationsgesellschaft lebt nicht vom Frust allein. Modernes A benteu-rertum heißt die Formel, die Suche nach dem Nervenkitzel, den unsere versicherte und von Großkrisen freie Gesellschaft nicht mehr befriedigen kann.

Einmal den goldenen Schuß schaffen, als erster ein Foto, einen Filmbericht oder eine Reportage liefern, die die Welt bewegt — und die Kasse klingeln läßt —, ist Triebkraft für die Präsenz auf jedem neuen Kriegsschauplatz. Das Motto: Mit dem richtigen Riecher zu einer goldenen Nase.

Andererseits sind die medialen Frontkämpfer unverzichtbar. Sie sind unser Bindeglied zur grausamen Wirk-' lichkeit in vielen Weltregionen. An ihnen hängt eine ganze Informationsindustrie, die als Alternative nur das Propagandamaterial aus den Kriegsministerien zur Verfügung hätte.

Sie sind aber nicht nur das Auge unserer Informationsgesellschaft, sondern oft auch Kronzeugen bei Verbrechen gegen die Menschheit. Wen wundert es, daß so manches Regime diese unbequemen Beobachter aus dem Land entfernen will — notfalls in einem Blechsarg.

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