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Die Stücke von Bert Brecht

Uber die Stücke von Bertolt Brecht ist kaum Neues zu sagen, sehr wohl aber über deren jüngste Ausgabe im Suhrkamp-Verlag: „Die Stücke von Bertolt Brecht in einem Band.“ Vor allem, daß 1000 Seiten Brecht noch niemals so billig zu haben waren; was da jetzt außen kompakt und innen eng gedruckt um weniger als 200 Schilling ordentlich gebunden zu haben ist, würde selbst in einzelnen Taschenbüchern wesentlich mehr kosten. Zu sagen ist ferner, daß diese Ausgabe auch insofern eine Lücke schließt, als es oft gar nicht so leicht ist, das eine oder andere Stück von Brecht zu bekommen -ich erinnere mich an den vergeblichen Versuch, anläßlich der Wiener Aufführung von „Turandot oder der Kongreß der Weißwäscher“ bei Haspel innerhalb eines Tages ein Exemplar dieses Stückes aufzutreiben, auch in den Auslieferungen war keines greifbar. Brecht ist auch insofern ein Klassiker, als eher die Aufführung die Lektüre ergänzt als umgekehrt. Die meisten seiner Stücke kennt man erst, wenn man sie gelesen hat, manches erst, wenn man es zweimal gelesen hat, was man nur auf der Bühne gesehen hat, kennt man nicht Die meisten Brecht-Stücke haben jenseits ihrer Bühnenwirksamkeit eine intellektuelle Dimension, die von der Aufführung kaum vermittelt werden kann, erst beim Lesen und Vor- und Zurückblättern zum Vorschein kommt, was aber, wiederum typisch für Brecht, Vergnügen bereitet. Freilich, Brecht hat auch Stücke geschrieben, deren Bühnenwirksamkeit man beim Lesen überhaupt nicht erkennt, von denen man sich im Theater wenig erwartet, um dann um so angenehmer überrascht zu sein - mir ist es beim „Arturo Ui“ so gegangen. Und er hat auch Stücke geschrieben, bei denen er in seinem lebenslangen Balanceakt zwischen Humanität und Parteinahme auf ziemlich schreckliche Weise zum Sturz gekommen ist. Auch „Die Maßnahme“ ist in diesem Band enthalten -dessen Vorteil unter anderem darin besteht, daß es diese konzentrierte Ausgabe eines dramatischen Lebenswerkes demjenigen, der Brecht noch nicht genügend kennt, erleichtert, bei der Beurteüung dieses seines Balanceaktes die richtige Balance zu finden. Wobei bekanntlich auch so mancher zu Sturz gekommen ist. (Suhrkamp Verlag, Frankreich/M. 1978, 1008 Seiten, öS 192,50.)

Immer weitere Ringe...

Ein Bucherfolg widerlegt Vorurteile. Die 100.000 Exemplare der kartonierten dreibändigen Sonderausgabe von „Der Herr der Ringe“ von J. R. R. Tolkien widerlegen nicht nur das Vorurteil, ein Buch müsse entweder sofort verkauft oder aber verramscht werden (denn „Der Herr der Ringe“ wird seit einigen Jahren in wachsenden Ringen von immer mehr Menschen entdeckt), sondern auch das Vorurteil, heute könnten nur noch Reißer Massenabsatz finden. Tolkien schrieb sein ebenso kauziges und schrulliges wie anspruchsvolles und faszinierendes Opus, das, wie der Verfasser sagt, „in erster Linie sprachwissenschaftlich inspiriert war und ursprünglich darauf abzielte, den notwendigen .geschichtlichen' Hintergrund für die Elbensprache zu schaffen“, im Lauf vieler Jahre und trotz der Uberzeugung aller Kenner, derlei werde nie und nimmer auch nur zehn Leser finden. Tolkien ist ein echter Märchenerzähler. Sein Erfolg bezeugt die tiefe Sehnsucht auch der Heutigen nach dem Märchen. (Klett-Cotta, Stuttgart 1977, 3 Bände in Schuber, 1258 Seiten, 3 vom Verfasser gezeichnete Landkarten, öS 306,50)

Neue Super-Elite

Was Raymond Ruyer in seinem Werk „Jenseits der Erkenntnis - Die Gnostiker von Princeton“ darstellt, ist das Denken einer kleinen und elitären Gruppe von Wissenschaftlern, die der Uberzeugung sind, daß jenseits der naturwissenschaftlichen Erkenntnis auch im Zeitalter der Naturwissenschaft jene existentiellen Erfahrungen möglich sind, die dem Menschen das Bewußtsein vom Sinn seines Daseins

und von der Göttlichkeit der Schöpfung vermitteln. Das Denken dieser Gruppe ist noch in einem Stadium präpublizistischer Ausformung, seine Ergebnisse beginnen in Veröffentlichungen einzusickern, werden von Ruyer erstmals zusammenfassend und mit dem Anspruch, als Ergebnis der gemeinsamen Bemühung einer Gruppe zur Kenntnis genommen zu werden,' dargestellt. Vieles, was die Gnostiker von Princeton - ein überaus gängiges Etikett! - sagen, klingt gefährlich, was die politischen Konsequenzen betrifft, da zumindest in diesem Buch ohne weiteres auch Rechtfertigungen etwa für Zensurmaßnahmen gefunden werden können. Doch hegt diesen Gedankengängen zwischen Neo-Gnosis und Neo-Konservativismus die Erkenntnis zugrunde, daß gerade die Demokratie zu ihrem Uberleben grundlegender Wertvorstellungen bedarf. (Zsolnay Verlag, Wien 1977, 344 Seiten, öS 250,-)

Austauschsätze ins Ausland

Eine Königsidee sind die von Langenscheidt vorgelegten Hilfen für Fremdsprachkorrespondenten: „Englische Geschäftsbriefe heute“ und „Spanische Geschäftsbriefe heute“. Diese Bände machen es selbst dem total Sprachunkundigen mögüch, auf Anhieb korrekte Geschäftsbriefe in Fremdsprachen zu schreiben. Das Geheimnis: Zwar gibt es auch hier noch die „Briefmuster“ alten Schlages (hier jeweils 100), die leider selten so übernommen werden können, wie sie sind. Den Kern des Systems bilden aber 4000 „Austauschsätze“, aus denen sich 95 Prozent aller im internationalen Geschäftsleben vorkommenden Mitteilungen von anbahnenden Angeboten und Anfragen bis zu detaillierten Qua-litäts-, Verpackungs-, Zoll- und Transportproblemen zusammenstellen lassen - und dies mit einer erstaunlichen Flexibilität. Überdies wurden diese Sätze von internationalen Expertenteams verfaßt, entsprechen dem heute üblichen knappen und prägnanten Korrespondenzstil. Also eine großartige Sache. Nur ein Glück, daß man weiterhin Fremdsprachkorresponden-tinnen benötigen wird - für die verbleibenden 5 Prozent aller denkbaren Mitteilungen - und zum Lesen der einlangenden fremdsprachigen Post! (Langenscheidt-Verlag, Berlin/München 1977, 352 bzw. 344 Seiten, je öS 152,50)

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