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Bücherburg im Ballsaal

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Früher Vormittag. Eine ansehnliche Menge wartet im Burghof. Junge, ältere und alte Leute. Einlaß in den Schweizertrakt. Einige stürzen gleich in die Ecke der Vorhalle: Zeitungen und Zeitschriften liegen auf zur Gratisbedienung. Ein Drängen und Wühlen.

Ich kenne die Säle von der letzten Baüsaison. Auf dem weiten Parkett, wo jetzt die Bücherwände der Verlage stehen, hab' ich getanzt. Eine liebe, kleine Stadt, die sie hier aufgebaut haben. Kojen in langen Reihen, dazwischen Boulevards und kleine Gäßchen. Zum Spazieren und Verweilen. Überall locken verheißungsvolle Umschlagbilder. Überall bin ich zum Besuch eingeladen. Am Boden kugeln Kinder zwischen Büchern und Polstern. Auf dem Orchesterpodium die Gegenwartsdichtung, in den breiten Wandelgängen die wissenschaftlichen

Publikationen. Nur im Büffet hat sich nichts verändert. Ich mache es mir mit einem Bildband bequem. Ein zweiter Leser setzt sich an meinen Tisch, zieht sein Taschentuch, und trompetet weithinhallend durch die Nase. Dann blickt er, die Wirkung seines Signals prüfend, um sich, und schlägt in genießerischer Erwartung seinen Band auf.

Eine Durchsage. „Der ORF-Steckbrief beginnt.“ Ein Foyer-Erstürmer zieht an mir vorbei. Sein mit Zeitschriften prall gefüllter Plastiksack hindert ihn am Schritt. Ich schau' ins Fernsehzimmer. Barockes Interieur. Ein paar Zuschauer auf goldenen Sesselchen gegenüber vier simultan laufenden Farbfernsehern. „Ein junger Autor wird vorgestellt.“ Ein bärtiger. Er erzählt aus seiner Jugend, und schwer klagt er die Welt an. Die goldenen Sesselehen glänzen diskret im feinen Dämmerlicht.

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