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Das Angesicht der Erde erneuern

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Eiines der Bilder aus der bekannten Adam-Reihe Rudolf Hausners zeigt die Konturen einer Landschaft, deren Gebirge und Täler, deren Wasser und Wolken an Augen und Wangen und Lippen erinnern. Es ist, als nähme die Erde ein menschliches Antlitz an.

Die Humanisierung des Planeten Erde ist der Auftrag der Christen und aller, die gleichen Sinnes mit ihnen an diesem Schöpferauftrag mitzuwirken bereit sind. Das Ungewöhnliche, das Aufsehen- und Ärgerniserregende ist, daß auch viele Christen zuwenig an diese Möglichkeit glauben.

„Der Mensch ist von Natur aus schlecht“, sagen die einen, „durch die Erbsünde für immer verdorben“, die anderen.

Viele Ungläubige versuchen deshalb, so viel wie möglich für sich aus diesem

Leben herauszuschlagen, und viele Gläubige trösten sich mit dem „Lohn im Himmel“ über die angebliche Wirkungslosigkeit ihrer Erdentaten hinweg.

Die Erbsünde ist keine Erfindung, sondern eine Urerfahrung der Menschheit. Und doch hat Jesus niemals gesagt: Legt eure Hände in den Schoß und erwartet die ewige Herrlichkeit! Er hat vielmehr dazu gemahnt, Hungrige zu speisen, Kranke zu pflegen, Verzweifelnde zu trösten.

Niemals hat Jesus gesagt, es gelte, die Erde zu verachten und nach einem . Reich der reinen Geister zu trachten. Vielmehr lautet der Auftrag, „das Angesicht der Erde zu erneuern“.

Verheißen sind uns ein „neuer Himmel und eine neue Erde“, das „neue Jerusalem“ - nicht ein von Atombomben in die Luft gesprengtet Planet, nicht ein in sich zusammenfallendes Universum. Und eine „Auferstehung des Fleisches“, nicht nur Ewigkeit des Geistes.

Deshalb hat keinen Glauben, wer die Möglichkeit verwirft, den Hunger eines Tages zu verbannen und Gerechtigkeit auch für die Armen, die Getretenen, die Vergessenen zu realisieren. Deshalb ist kein Christ, wer den Krieg für eine Naturgewalt und das Mühen um Frieden für ein Tun ohne Hoffnung hält.

Pfingsten ist nicht das Fest des Geistvorrangs vor der Materie, sondern der Verheißung, daß Weltbewältigung und Erdvollendung nicht ohne oder gar gegen Gott, wohl aber durch Teilhabe am Schöpfergeist möglich sind.

Der Einwand, daß zweitausend Jahre Christentum das Böse nicht zum Verschwinden brachten, ist der Widerspruch eines lallenden Kindes, das die Dimension von Zeit noch kaum erahnt.

Wollte man die rund fünf Jahrmilliarden Erdgeschichte mit einem Jahr gleichsetzen, dann dauerten 160 „echte" Jahre eine einzige Sekunde. Erst eine Stunde vor Mitternacht des Silvestertages wäre der Peking- Mensch, erst zehn Minuten vor zwölf der Neandertaler, erst um 23.55 Uhr des 31. Dezember der homo sapiens, aufgetaucht.

Erst über die letzte halbe Minute wüßten wir aus der Geschichtsschreibung Bescheid, erst zwölfeinhalb Sekunden von Jesus Christus.

Wer 2000 Jahre Ungenügen für einen Beweis der Unmöglichkeit hält, das Angesicht der Erde zu erneuern, ist kein Pfingstmensch.

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