Die 360 Männer, die im Zuchthaus Marion im US-Bundesstaat Illinois einsitzen, zählen zu den schlimmsten, brutalsten, unbelehrbarsten Knastbrüdern Amerikas. Die meisten sind Rückfall-Täter und waren in anderen Anstalten, bei „normalem” Strafvollzug, nicht zu bändigen, sondern betätigten sich als Aufrührer oder Häftlingsbandenführer.
Bei ihnen versagte der „humane Strafvollzug”, sie waren nicht zu bekehre.n. Und so wurden sie nach Marion geschickt, Amerikas neuem Alcatraz. Hier geht es erbarmungslos streng zu. Hier wird nicht gefackelt. Und das scheint auch ein Trend zu sein: Amerikas Strafvollzug wird wieder härter.
In Marion ist jeder Häftling für 23 Stunden täglich in seine Einzelzelle gesperrt. Nur für eine Stunde pro Tag darf der Insasse sein „Loch” verlassen. In dieser Stunde darf er sich auf dem Zuchthausgang bewegen und andere Häftlinge treffen. Hat sich ein Häftling gut geführt, darf er für jeweüs zwei Stunden pro Woche Freigang machen. Wer immer den Zellenblock verläßt, wird mittels Handschellen gefesselt und von zwei mit Stahlknüppeln bewaffneten Wärtern begleitet.
In Marion gibt es auch noch einen verschärften Strafvollzug: Im „Sonderbau” sind die größten Rabauken untergebracht. Damit sie nichts zerstören können, sind Betten, Regale in den Zellen aus Beton und in Fußboden oder Wände einzementiert. Den „Sonderbau” darf ein Häftling nur verlassen, nachdem er zuvor völlig nackt gefilzt wurde. Ein „Sonderbau”-In-sasse wird stets von drei Wärtern begleitet, und wenn er von außer- ' halb zurückkehrt, muß er sich striktester Körperkontrolle unterziehen, mitunter sind im After Mini-Feilen oder -Messer eingeschmuggelt worden.
Rehabilitierung existiert im Marion-Sprachgebrauch nicht. Unumstrittene Strafvollzugsphilosophie ist hier, die Insassen psychisch zu entmannen”. Nur wer unter diesen Umständen wenigstens zwei Jahre „gedient” hat, bekommt — bei guter und widerspruchsloser Führung—die Chance, in ein weniger rigoros geführtes Zuchthaus zurückkehren zu können. Marion verkörpert das, was einst Alcatraz war, die berüchtigte Zuchthaus-Isolierinsel in der Bucht von San Francisco.
Marion ist aber auch der Beweis dafür, daß der US-Strafvollzug neue Formen annimmt: Die Reha-bilitierungs- oder Besserungsphilosophie wird immer schneller zu den Akten gelegt. Die Öffentlichkeit fordert immer lautstarker den unnachgiebigen Strafvollzug, die Sühne. Gerichte sind weniger „entgegenkommend”, die Urteile fallen härter aus. Das Zurück zum bestrafenden, schmerzenden Vollzug ist unverkennbar.
Zuchthaus-Direktor Gary Hen-man, der auf 25 Jahre Strafvollzug zurückblickt: „Marion ist abschreckend und deswegen erfolgreich. Kritiker kann ich nur fragen, ob sie für Zuchthaus-Typen wie diese hier eine bessere Lösung haben.”
