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Das Privatleben

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Mit dem Privatleben stimmt etwas nicht. Die Verfassung schützt seine Freiheit, die Gesetze und die Behörden sorgen dafür, daß kein Gesetz und keine Behörde das Privatleben des Bürgers einengt oder stört. Das ist sehr richtig und sehr gut. Andererseits aber, gäbe es keine Gesetze und keine Behörden, müßte man keine Behörden und keine Gesetze haben, die uns vor den Gesetzen und vor den Behörden schützen.

Denn mehr können die Gesetze und Behörden für den Schutz des Privatlebens eines Menschen nicht tun. Sie können es nur von draußen schützen. Sobald man sich in seinem trauten Heim befindet, ist man nämlich kein Bürger mehr. Man ist Vater oder Kind, Ehefrau, Schwiegermutter, Bruder, Schwester, Schwager,

Großmutter... und jeder von diesen Menschen kann jedem in sein Privatleben reinreden, es einengen, stören, beeinträchtigen ...

Jedes Familienmitglied beschränkt das Privatleben jedes Familienmitglieds schon allein durch seine Existenz.

Und keiner kann ihn schützen. Solange es zu keinem Mord und Totschlag kommt, dürfen sich die Gesetze und Behörden nicht einmischen, sie sind eben dafür da, jede Einmischung zu verhindern.

Dem schutzlosen Menschen bleibt nur eine Lösung übrig: Sein Privatleben ganz auf die Straße zu verlegen, wo er wieder zum Bürger wird und voll unter dem Schutz der Gesetze und Behörden steht.

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