Jesus lebte als Jude seiner Zeit. Es ist anzunehmen, daß er die normale Bildung eines palästinensischen Juden seiner Zeit erhalten hat. Doch war das Judentum im Zeitalter Jesu keineswegs einheitlich strukturiert.
Neben den zwei im Syn- edrion, das heißt im Hohen Rat, vertretenen Fraktionen der Pharisäer und der Sadduzäer gab es noch eine Reihe von Gruppen, die die messianische Zeit herbeisehnten und die an der innerjüdischen Verwaltung nicht teilnahmen.
Einige dieser Gruppen sind uns aus der Geschichte bekannt, so zum Beispiel die Essener, deren Texte im Nordwesten des Toten Meeres nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden, und die verschiedenen Aufstandsparteien, die den Krieg gegen Rom von 66 bis 70 beziehungsweise 73 n. Chr. geführt haben. Zu einer der apokalyptischen Gruppen gehörte auch die Bewegung des Johannes des Täufers, mit der wohl der junge Jesus sympathisiert hat.
Aus den Evangelien geht hervor, daß Jesus einerseits wie die Apokalyptiker das kommende Gottesreich verkündigt, daß er aber auch andererseits in den Synagogen gepredigt und sich der typischen Gleichnissprache der pharisäischen Rabbiner bedient hatte.
Soweit wir bisher sehen, war es ein Spezifikum Jesu, sowohl apokalyptisch eingestellt zu sein als auch die Gleichnissprache der Rabbiner zu benützen.
