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Der kranke Prinz

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Sein Selbstmord erschütterte den österreichischen Liberalismus, dessen Speerspitze er war: ein entschiedener Kritiker der Despotie, des Aberglaubens und der nationalen Affekte.

Kronprinz Rudolf litt zutiefst an einer Natur, die ihn enterbt hatte. Er war Opfer jahrhundertelanger Degeneration und der nahen Blutsverwandtschaft seiner Eltern. Zudem litt er an chronischer Bronchitis, ergab sich nach einem Reitunfall dem Morphiummißbrauch; eine erworbene Geschlechtskrankheit griff auf Gelenke und Augen aus.

Daß der fortwährende körperliche Verfall auch von seelischer Zerstörung begleitet war, belegt die einfühlsame und rücksichtsvolle Studie des Psychiaters John T. Salvendy. Der Autor schüdert, wie Rudolfs nervöse Brutalität seine Umgebung belastete, unterstreicht, daß Rudolfs eitles Todesritual die romantische Zuneigung seiner siebzehnjährigen Geliebten schwer mißbrauchte.

Am Ende spannungsgeladener Lektüre bleibt die Enttäuschung, das Entsetzen über den Kronprinzen, der, ob als besessener Jäger oder als manischer Progressiver, nur im tödlichen Kampf mit einer krankhaften Natur stand.

RUDOLF. PSYCHOGRAMM EINES KRONPRINZEN. Von John T. Salvendy. Amalthea Verlag, Wien 1987. 320 Seiten, Ln., öS 298,-.

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