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Der Maler und der Regisseur

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Graziella Hlawaty hat vor einem Jahr mit ihrem Erzählband „Endpunktgeschichten“ viele Erwartungen geweckt. Mit ihrem Romanerstling hat sie sich eine große Aufgabe gestellt. Er basiert auf einer faszinierenden Idee: Ein Regisseur will das Leben des mittelalterlichen Malers Hieronymus Bosch verfilmen, mit dem er seit einiger Zeit gewisse Ähnlichkeiten verspürt. Wie dieser ist auch er zwischen zwei Frauen unentschieden, wie dieser fühlt er sich von Fratzen, Masken, Lastern, Obszönitäten, Heucheleien umringt. Die Bosch-Biographie und die Lebensumstände des zeitgenössischen Regisseurs werdenauf zwei ineinander verschobenen Erzählebenen dargestellt.

Spektakuläre Figuren umgeben den leidenden Filmmann. Eine aalglatte Maskenbildnerin, ihre kalt-schöne Tochter, eine in den Zynismus geflüchtete Journalistin, eine erst treu ergebene, dann unversöhnliche Ehefrau, ein lebenskünstelnder, schmarotzender Statist. Von der Jetzt-Szene wird, filmisch gesprochen, immer wieder auf ein Bild des flämischen Malers umgeschnitten, auf dem die Laster wie Ich-Sucht, Rachsucht, Gier als Personen dargestellt sind. Diese faszinierende Vorlage hätte noch mehr dichterische Gestaltung vertragen.

BOSCH ODER DIE VERWUNDERUNG DER HOHLTIERCHEN. Von Graziella Hlawaty. Zsolnay-Verlag, Wien 1979, 292 Seiten, öS 200,-

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