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Deutung und Bedeutung

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Der berühmte oft zitierte Satz Wittgensteins: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt" wird - im Lauf der Untersuchungen Erika Fischer-Lichtes zum Begriff der „Bedeutung" - einer entscheidenden Kritik unterzogen, der er nicht standhält. So wenigstens könnte man kurz den Succus dieser Arbeit charakterisieren. „Die Selbstreflexivität der Sprache ist der Grund dafür, daß Wahrnehmung, Erkenntnis, Selbstbewußtsein und Handeln von der spezifischen Struktur der jeweils vorgegebenen Sprache nicht determiniert sind, sondern daß über das sie beeinflussende Vorverständnis, das mit der Sprache vermittelt wird, in der Sprache reflektiert werden kann."

Von da aus wandelt sich auch das Verständnis der Wittgen-steinschen Sprachspiele, bzw. sie werden ebenfalls einer Kritik unterzogen. Das führt zu dem, was die Autorin den transzendental-hermeneutischen Sprachbegriff nennt: die Möglichkeit und Fähigkeit an allen Sprachspielen durch Reflexion und Kritik teilzunehmen. Sonst wäre Verständigung nicht möglich.

Es handelt sich um eine nur unter großer Konzentration lesbare wissenschaftliche Arbeit, die mit der Terminologie von Semiologie und Semiotik, denen sie noch den Begriff der Semiose beifügt, arbeitet. Die Fruchtbarkeit der Untersuchungen liegt erstens darin, daß der Mensch seiner selbst als eines bedeutungskonstituierenden Subjektes bewußt wird: eingespannt zwischen der pluralen Geschichtlichkeit der Bedeutungen (der Wahrheit) und der Einheit einer prima philosophia. Und zweitens kulminieren die Untersuchungen in eine Philosophie der Kunst (Ästhetik) deren er-normer Wert im letzten Satz der Arbeit zusammengefaßt ist: „Der Prozeß ästhetischer Bedeutungskonstitution setzt das von sogenannten objektiven Zwängen entmündigte Subjekt in seine Rechte als ein bedeutungskonstituierendes Subjekt in jedem seiner Verlaufsmomente wieder ein."

BEDEUTUNG, Probleme einer semtotisch Hermeneutik und Ästhetik von Erika Fischer-Lichte, Verlag C. H. Beck München 1979, 233 Seiten, öS 249,60.

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