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Die Goten

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Kaum eine andere germanische Wehrgemeinschaft der Völkerwan- derungszeit hat mit größerer Kraft die verfallenden römischen Formen erneuert, keine hat in politischer

und religiöser Hinsicht zu einer wirkungsmächtigeren Synthese gefunden. Die Goten erzeugten eine geistige Verbindung, die nach vor- übergehendem Abfall zum Funda- ment des Römisch-deutschen Rei- ches wurde.

Eine in dritter, verbesserter Auf- lage vorliegende Ethnographie Herwig Wolframs geht der Namens- und Stammesgeschichte dieses Volkes nach, berichtet über Wan- derung und Reichsbildung der Westgoten, die erst im beginnen- den achten Jahrhundert der Ara- bersturm überwogte, und würdigt die ostgotische Herrschaft über Italien unter Theoderich dem Gro- ßen (493-526).

Dabei werden die gotischen Ver- bände, die der Autor stets als Bar- baren bezeichnet, eher aus byzan- tinischer Sicht geschildert und damit durch die Romantik einge- leitete Glorifizierungen in entge- gengesetzter Richtung übersteuert. Zu wenig deutlich wird das politi- sche Lernvermögen, die auf dem Arianertum fußende religiöse Tole- ranz, die Kraft des Gefolgschafts- wesens: Eigenschaften, die das Absinken großer römischer Reichs- teile in Chaos und Gesetzlosigkeit vorübergehend verhinderten und die das Weiterleben des Gotentums im Geist Europas bestimmten.

DIE GOTEN. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. Von Herwig Wolf- ram. C. H. Beck Verlag, 3. Auflage, München 1990. 598 Seiten, öS 764,40.

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