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Die Laune des Diktators

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Klagenfurts Schauspiel ist heuer bewußt auf Österreich ausgerichtet. Nach Raimund und Werfel und der Uraufführung des Einakters „Spiel der Verrückten“ des Villachers Adolf Ulbing, das höchstens als Talentprobe zu werten war, entriß man ein Stück dem Dunkel der Lade und baute es vor einem aufmerksamen und beeindruckten Publikum auf: „Sulla oder Die Laune des Diktators“ von Heinz Zechmann, der längst kein Unbekannter ist. Das Werk des Villacher Mittelschulprofessors hat unbestreitbar Qualität. Ein kluger Szenenbau und gute (männliche) Rollen zeichnen das Spiel aus, in dessen Mittelpunkt die vielschichtige und kaum klar deutbare Gestalt des Diktators steht, der den Soldaten dem Staatsmann verband und den Genießer dem politischen Massenmörder, bis es ihm gefiel, alle Macht abzutun und den Weg ins Privatleben anzutreten.

Historiker haben die Wurzeln seines Tuns nicht gefunden, Zechmann legt es auf seine Weise aus: Laune, verbunden mit der Angst, sich selbst „zu versäumen“. Und er steigt in Roms Geschichte dort ein, wo sich am Rande schon die Träger des Künftigen zeigen - Pompeius, Caesar und Catilina, mit denen Sulla auf seine Weise zu verfahren sucht - mit Drohung und Zwang. Im Rausch der Sinne hat Sulla immer noch Zeit, Tod zu verhängen und dann in einem Anfall von Laune Gnade zu üben Männern gegenüber, die sich hatten kaufen lassen. Er lebt dem Einfall des Augenblicks und steht so Caesar gegenüber, der sich nach Grundsätzen richtet. Ein bewegtes Spiel zwischen Philosophie und Wort, von Aktion aufgelockert und von Spannung getragen, der sich an diesem Abend das Publikum gern ergab.

Kurt Julius Schwarz hatte das Stück im effektvollen stilechten Rahmen Hannes Raders in Szene gesetzt und die von Evelyn Frank gefällig gekleideten Akteure zum Erfolg geführt. Als Sulla lernte man Gerd Eichen kennen, der den Charakter seiner Rolle trefflich deutete und das Launenhafte vollendet wirken ließ, einem Caesar gegenüber, den Gerd Seid in römischer Strenge und Gradlinigkeit auftreten ließ. Uberzeugend des Catilina (Michael Bukowsky) Verschwörersinn und des Pompejus (Hanns Eybl) konzessionsbereite Gestalt. Töne des Herzens fand Gisela Kraft als Caesars Gattin Cornelia, Weibchenhaftigkeit brachte die Ly ris Elfriede Schüsseleder ins erotische Spiel. Einem Vor- und Nachspiel, darin ein Lehrer mit den Schülern über die Motive diskutiert, die Sulla einst zum Rücktritt bewogen, gab Norbert Kammil Sprechergewicht. Der starke Beifall rief den Autor vor die Rampe. Ein Stück, das nachzuspielen wäre, ging damit erstmals in Szene.

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