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Die Medien und die Menschen

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„Eine Presse für den Menschen“ forderte der Katholische Weltkongreß der Presse im Oktober in Wien. Die Erwartungen, die Rechte und Pflichten der „Rezipienten“ - der Leser der Zeitungen, der Hörer des Rundfunks, der Zuschauer beim Fernsehen - stellt nun auch Papst Paul VI. in den Mittelpunkt seiner Botschaft zum heurigen Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, zum „Mediensonntag“ am 7. Mai. Der Mensch ist gefragt, der einzelne, einmal nicht als Teil irgendeines Kollektivs.

Hat der einzelne überhaupt noch eine Chance angesichts der „koperni-kanischen Wende“, die im Informationssektor,, im Bereich der sozialen Kommunikation bevorsteht, mit Satelliten- und Kabelfernsehen, mit Bildschirmzeitung, mit totaler Elektronik? Mit immer schneller sich überschlagenden technischen Errungenschaften, die zu beherrschen, zu integrieren der einzelne längst überfordert ist, und die immer mehr Macht in immer weniger Händen zu konzentrieren drohen?

Der Appell an die Medienschaffenden selbst, in solcher Zeit, vor solchen Entwicklungen nicht gebannt wie das Kaninchen vor der Schlange auf die kommenden Dinge zu starren, sondern sie selbst in die Hand zu nehmen, mitzuwirken, mitzugestalten, die Rechte und Interessen der relevanten Gruppen ins Spiel zu bringen - dieser Ruf ist längst erschallt und nicht ungehört verklungen. Aber nicht nur die „Profi“ sind gefordert, jeder einzelne muß sich mit dem, was auf ihn zukommt, auseinandersetzen. Und nicht erst das -auch die soziale Kommunikation, wie sie sich heute bietet, ist noch lange nicht vom einzelnen bewältigt.

Der Papst erinnert an „communio et progressio“, das Pastoralschreiben von 1971, das längst zum Leitdokument der katholischen Medienarbeit geworden ist. Schon dort wurde auf die Verantwortung der Medienkonsumenten hingewiesen, eine aktive Rolle im Gestaltungsprozeß der sozialen Kommunikation zu übernehmen, um zu verhindern, daß an Stelle des „runden Tisches der Gesellschaft“, zu dem „alle entsprechend ihrer Vorbereitung und der Bedeutung der von ihnen vorgebrachten Gedanken den ihnen gebührenden Zutritt haben, sich Gruppen vordrängen, die nicht repräsentativ sind und daher von den durch sie beherrschten Medien einen einseitigen, nur auf ihre Interessen beschränkten Gebrauch machen könnten“.

Die Empfänger haben ein Recht auf rasche und zuverlässige Berichterstattung, auf Bemühen um Objektivität und auf Beachtung der Stufenordnung der Werte, führt Papst Paul VI. aus. „Bei künstlerischen Darstellungen erwarten sie mit Recht die Darstellung eines wahren Bildes des Menschen, sowohl als einzelnem wie als Teil einer bestimmten sozialen Umgebung.“ Und schließlich anerkennt der Papst auch das Recht des Rezipienten auf Zerstreuung und Erholung, „um wieder neue Kräfte zu sammeln und das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen“.

Der Mensch braucht gegenüber den Medien dreifache Fähigkeiten: die Sprache der Medien zu verstehen, eine geeignete Auswahl zu treffen und sie sicher zu beurteilen. Um diese Fähigkeiten zu entwickeln und zu schulen, muß die Unterweisung im Gebrauch und in der Beurteilung der Medien schon früh einsetzen. „Wenn es zutrifft, daß die Zukunft der Menschheitsfamilie zu einem beträchtlichen Teil davon abhängt, welchen Gebrauch man von den sozialen Kommunikationsmitteln zu machen versteht, dann erweist es sich als notwendig, der entsprechenden Bildung der Leser, Hörer und Zuschauer im pasto-ralen Dienst und ganz allgemein in den Bildungseinrichtungen eine vorrangige Stellung einzuräumen.“ Hier hat die Familie die erste Stellung: „Den Eltern kommt die Aufgabe zu, den Kindern zu helfen, daß sie in rechter Weise auswählen, im Urteil heranreifen und mit den Kommunikatoren' ins Gespräch kommen.“

Der Papst weist auf die Aufgabe der Schulen, vor allem der Lehrer und appelliert dann an die kirchlichen und kirchennahen Medien, ständig über das Angebot in den anderen Kommunikationsmitteln zu berichten und es zu kommentieren. „Die Christen und besonders die Jugendlichen müssen sich dessen bewußt sein, daß es sich letztlich um eine persönliche Verantwortung handelt und daß von den Wahlentscheidungen, die sie treffen, die Heiligkeit ihres Lebens, die Unversehrtheit ihres Glaubens, der Reichtum ihrer Kultur und davon abhängend ihr Beitrag zur allgemeinen Entfaltung der menschlichen Gesellschaft bestimmt werden. Die Kirche kann und muß sie informieren und ihnen helfen, aber sie kann ihnen ihre persönlichen und folgerichtigen Entscheidungen nicht abnehmen.“

Die Kirche kann dem Menschen die Entscheidung nicht abnehmen. Die Zeiten sind vorbei, in denen die Entscheidungen „oben“ getroffen und „unten“ akzeptiert wurden. Heute muß jeder für sich entscheiden. Mitunter kann er seinem Mitmenschen bei der Entscheidung helfen.

Etwa bei der Entscheidung für eine der beiden Zeitungen, für die an diesem Sonntag gemeinsam in allen Kirchen Österreichs geworben wird. Bei der Entscheidung, mit Bezug und Lektüre mitzuhelfen, daß die Ziele, die der Papstappell angibt, auch erreicht werden können. i

„Seid euch dessen bewußt, daß von eurer Entscheidung, wie von einem Stimmzettel, Ermutigung und Unterstützung, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, oder aber Zurückweisung bestimmter Angebote in den Medien abhängen“, sagt der Papst.

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