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Die Meinungsmacher

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Gehören auch Sie zu den gequälten Hausfrauen, die monatlich über Babywäsche, Rasierschaum, Partei und Vaterland befragt werden? Oder hat letzte Woche in Ihrem Betrieb ein falscher Finanzprüfer Einsicht in Ihre Bücher verlangt? Für Sie, für zahlenhörige Mathematiker, computergläubige Techniker und nervengeschädigte Interviewer ist Marc Cimarosas Werk „Die Meinungsmacher“ geschrieben.

Cimarosa beschreibt die betrügerischen Methoden, mit deren Hilfe bizarre Statistiken über Meinung, Gewohnheit und Kauf verfertigt werden, mit bitterbösem, sozialkritischem Humor. Eine Handvoll Interviewer, korrumpiert durch zu geringe Bezahlung, wenig Sozialleistungen und unrealistisch gesteckte Befragungsziele, steuert bewußt mit frisierten und gefälschten Fragebögen die Ergebnisse. Da nicht ist, was nicht sein darf, akzeptieren die Geldgeber, die mächtigen Konzerne, gerne die positiven Aussagen über ihr Image, die ein geviftes Thema im Fließbandverfahren kreiert hat. Der ehrliche Forscher wird wegen zu verwirrender Antworten der Befragungspersonen zum Betrüger gestempelt und entlassen.

Für Österreicher etwas zu „piefkinesisch“ und zu unkritisch nach der Bourgeoisie-Proletariat-Sichtweise zu Papier gebracht, arbeitet Branchen-Insider Cimarosa ein überspitztes, aber sehr unterhaltsames Berufsbild vom Meinungsforscher heraus.

Der kleine Mann — in diesem Fall der Interviewer — tritt gegen einen Orwell-Staat an, der die intimsten Angelegenheiten vercodieren, schematisieren und letztlich manipulieren will, und schlägt ihm ein Schnippchen.

Ein Buch für Menschen, die den täglichen Zahlenkrieg nicht mehr mitmachen wollen, oder für Empiriker und Statistiker.

DIE MEINUNGSMACHER. Von Marc Cimarosa. Europaverlag, Wien 1986,256 Seiten.

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