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Die Spirale dreht sich

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Das Jahr 1971 brachte bisher bereits empfindliche Preiserhöhungen: Dieselöl, Heizöl, Milch und Milchprodukte waren teurer geworden, ebenso Möbel und Holzwaren, Mehl und Brot, die Auslandspostgebühren und — nicht zuletzt — die Autohaftpflichtversicherungen. Doch Anfang Juli riß die Kette der Preiserhöhungen ab. Spätestens seit da war es auch klar, daß vor dem 10. Oktober keine größeren Preiserhöhungen zu befürchten seien.

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Das Jahr 1971 brachte bisher bereits empfindliche Preiserhöhungen: Dieselöl, Heizöl, Milch und Milchprodukte waren teurer geworden, ebenso Möbel und Holzwaren, Mehl und Brot, die Auslandspostgebühren und — nicht zuletzt — die Autohaftpflichtversicherungen. Doch Anfang Juli riß die Kette der Preiserhöhungen ab. Spätestens seit da war es auch klar, daß vor dem 10. Oktober keine größeren Preiserhöhungen zu befürchten seien.

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Doch jetzt ist die Wahlschlacht geschlagen, die Rücksichtnahme der Parteien auf die Wähler wird wieder auf das normale Maß herunlerge- schraubt und der Weg zu neuen Preisen freigegeben.

Der erste kritische Tag im kommenden Jahr wird der 1. Jänner sein: zu diesem Termin sollen die Benzin-, Dieselöl- und Ofenölpreise angehoben werden und die Strompreise neu festgesetzt werden.

Die Erhöhung der Treibstoffpreise wurde von den Mineralölflrmen bereits unmittelbar nach Abschluß der Preisverhandlungen mit den ölför- demden Staaten beantragt. Doch damals Im März dachte man in Österreich mehr an die bevorstehende Bundespräsidentenwahl als an die Erhöhung der Treibstoffpreise. Unmittelbar nach der Wahl beschäftigte sich die paritätische Lohn- und Preiskommission mit dem nicht preisgebundenen Heizöl und stimmte einer Preiserhöhung um 25 Prozent zu. Doch in der unpopulären Frage der Treibstoffpreise kam es zu keiner Entscheidung. Daß nach Festsetzung eines Wahltermins eine Entscheidung gefällt werden würde, glaubten nicht einmal die ärgsten Optimisten unter den Mineralölfirmen. Doch inzwischen ist der Blel- gehalt des Benzins herabgesetzt worden, was zu einer neuerlichen Erhöhung des Preisantrages führte. Augenblicklich besteht ein Antrag auf Erhöhung des Preises für Normalbenzin um 50 Groschen auf 3.90 Schilling, für Superbenzin um 40 bis 45 Groschen auf etwa 4.30 Schilling und für Dieselöl um 30 Groschen auf 3.50 Schilling. Handelsminister Dr. Staribacher bremste zwar die Hoffnung der Mineralölindustrie auf derartige Preiserhöhungen sofort massiv ab, kann aber nicht umhin zuzugeben, daß er am 1. Jänner wohl mit einer Preiserhöhung rechne.

Auch die Strompreise werden angehoben werden: Erste Anträge wurden bereits im Juli in der Höhe von 18 bis 26 Prozent gestellt, die Verbundgesellschaft wird dieser Tage einen Antrag auf eine Erhöhung der Preise um 15 bis 20 Prozent stellen. Die restlichen Landeselektrizitätsgesellschaften werden unmittelbar auf die Verbundgesellschaft folgen. In der Verbundgesellschaft gibt man sich optimistisch und rechnet damit, bereits ab 1. Jänner neue, höhere Tarife kassieren zu können. Auch die österreichische Bundesbahn will mehr Geld: Nachdem bereits im Sommer erstmals sehr vage von der Möglichkeit einer Tarifregulierung gesprochen wurde, scheint es jetzt so gut wie sicher zu sein, daß im Laufe des kommenden Jahres die Tarife angehoben werden. Der Tarifausschuß der Bundesbahn wird sich bereits Anfang November mit dem Problem befassen, die neuen Fahr preise sollen auch eine Änderung der bisherigen Tarifklassen bringen. Die Mehreinnahmen aus dieser Erhöhung sollen, wie der ÖVP-Presse- dienst bereits zweimal meldete, rund 850 Millionen Schilling im Jahr betragen. Das Verkehrsministerium hat allerdings immer noch dementiert, daß bereits fixe Beträge eingeplant seien, daß aber bereits konkrete Berechnungen der ÖBB im Verkehrsministerium liegen, wurde nicht dementiert.

Weitere Anträge gibt es auch für den Weizenpreis, hier wird eine Erhöhung um 25 Groschen je Kilo gefordert, und für Zucker. Gerade der Zuckerpreis ist aber erst vor zwei

Jahren um vier Prozent angehoben worden. Der jetzige Antrag will nun von der Preisbehörde eine neuerliche Überprüfung der Kalkulationen und eine neue Erhöhung der Preise erreichen. Höhere Zuckerpreise könnten aber wiederum zu Preissteigerungen bei Süßwaren und Limonaden führen. Aber auch der Milchpreis kommt nicht zur Ruhe: Ein Antrag auf Erhöhung des Erzeugermilchpreises um zehn Groschen je

Liter liegt bereits vor. Bekommen aber die Bauern mehr für die Milch, so wird zweifelsohne auch der Verbraucherpreis angehoben werden müssen. Das würde aber wieder zu einer Erhöhung der Preise für Milchprodukte führen.

Das kommende Jahr wird aber nicht nur Preiswünsche, sondern auch Lohnforderungen bringen: Die Handelsangestellten haben ihre Forderungen bereits deponiert, die Metallarbeiter rechnen ebenfalls mit einer Lohnrunde. Die Lohn-Preis- Spirale dreht sich wieder.

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