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Durch die gegenwärtige Türe

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Der einundsechzigjährige Jurist Ernst David ist als Lyriker ein „ständig auf den Wellen des Schöpfungsmeeres Wandelnder”.

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Der einundsechzigjährige Jurist Ernst David ist als Lyriker ein „ständig auf den Wellen des Schöpfungsmeeres Wandelnder”.

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Selbstverständlich ist uns allen der Gebrauch der unmittelbar benachrichtigenden Sprache geboten. Der Nutzen solchen Sprechens sei nicht nur nicht geleugnet, sondern dankbar anerkannt. Das Verwalten der Überlebensmittel für unsere schicksalhafte Leiblichkeit geschieht ausschließlich nach den Regeln solchen durchaus tausendfältig verzweigten, unterscheidenden, treffenden Sprachgebrauchs.

Die Gefahr für uns Vielsprecher hegt im allmählichen Einstimmen des eigenen Verständnisses in diese platte Werkzeugrede, im erschöpften Rückzug auf leibliches Weitermachen und in der bleibenden Erniedrigung der Sprache.

Doch sowenig wirtschaftliche Obsorge allein unser Wesen beschreibt und beglückt, so wenig erfüllt sich die Sprachbegabung in Sachbestimmung. Das selbstübersteigende Wesen des Menschen braucht und bewirkt die selbstübersteigende Sprache. Die Metaphysik fordert Metasprache. Die Seele bedarf des Ausdrucks für dimensionenüberschreitende Verweise, komplexe Erfahrungen,

Ein Plädoyer für die Lyrik hält „am lebenden Objekt” der Romancier Matthias Mander unbeweisbare Wahrnehmungen, wunderbares Freiheitsempfmden, für Staunen, Demut, Dank, für außer- und übersprachliches Sehnen und Gelingen.

Der Mensch braucht Lyrik. Und er bekommt sie auch, nutzt sie je nach Maßgabe seiner Er-wecktheit bewußt oder unbewußt in sprachimmanenter Bildhaftig-keit oder in wissender Zuwendung an das Angebot dieser allerhöchsten aller Kunstgattungen. Innerhalb ihrer gilt somit als Rangregel, wie rein und scharf und stark das lyrische Kunststück diese transrationale, komplexe, existentielle, ästhetisch selbstsetzende Strebung des Lesers oder Hörers heraufruft und beantwortet, weckt und deckt.

Der Impuls zur Wesensmitte, die Beflügelung zur umfassenden, durchdringenden Schau, die geistige Stärkung - eine schweigende Starke nach dem kurzen, aber schönen Umweg über die Worte! — sind das Kriterium für Lyrik: sonst unzugängliche Annäherungen an Letztentscheidendes, vertrauensstiftend, beglückend noch im tiefen Unglück.

Ich spreche nun von den Wort-

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