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EG-Wurst

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Nicht, daß ich Euch Österreichern das Herz schwer machen möchte für Euren Eintritt in die EG, aber vor- wamen muß ich Euch. Selbst auf die Gefahr hin, daß es Euch den Magen umdreht. Wir Deutschen haben nämlich schon wieder eine schwere Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof einstecken müssen. Diesmal ging es um die Wurst.

Bei dieser Gelegenheit haben wir großteils zum ersten Mal erfahren, daß es bei uns überhaupt eine Art ,Jlein- heitsgebot“ für Wurst gibt. Die deutsche Wurst-Verordnung schließt nämlich ohnehin nur den größten Dreck aus und erlaubt an die 40 Zutaten, bei deren Kenntnis dem Wurstesser schon vom Lesen schlecht würde—Blutplasma über Sojamehl bis zu sonstigen Schlachtabfällen und Bindemitteln.

Aber der EG-Kommission in Brüssel graust es offenbar vor nichts, denn selbst dieses Reinheits-Sieb mit den weiten Maschen eines Haifisch- Fangnetzes ist ihnen noch zu streng. Künftig darf auch jede andere EG-Wurst (aus Europäischer Grausligkeit) bei uns verkauft werden, auch wenn sie Zutaten enthält, die bei uns zur Herstellung verboten sind.

Aber die Krokodilstränen unserer Metzger und Wurstfabrikanten können wir nur mit begrenzter Rührung in unserer Wurst mitessen. Schließlich ist es weder verboten worden, reines Bier zu brauen und es auf dem Etikett als solches zu kennzeichnen, noch ist es jetzt für illegal erklärt worden, saubere Wurst von hoher Fleischqualität herzustellen und sie zum Markenzeichen für Lebensmittel-Reinheit zu machen.

Es ist nur nicht erlaubt, den Schmarrn der anderen vom Markt auszuschließen. Kaufen und essen muß den Schrott und Schamott niemand, solange die Etiketten und vor allem die Kontrollen stimmen.

In der nun beginnenden Fastenzeit können zum Beispiel unsere Münchner Metzger einmal darüber offen nachdenken, warum im letzten Fasching noch lauter als früher der Qualitäts- und Geschmacksverlust der berühmten Münchner Weißwurst so beklagt worden ist.

Wenn einer nämlich auch innerhalb der Münchner Weißwurst-Verordnung alle Spielräume für den Wasser- und Fettgehalt, für Bindemittel, Häutel und Kräutel maximal ausschöpft, spart er schon sehr viel Fleisch, wenn einer aber bei der Weißwurst den Zusatz .Münchner“ wegläßt, fällt auch der Markenschutz weg. Die Wurst wird schlechter, fetter, verderblicher, aber die Gewinnspanne dafür größer.

Letztlich wird es also auch in der EG um die Qualität gehen. Und ein Verbraucher, der sich alles vorsetzen läßt, bleibt immer selbst der Hans Wurst.

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