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Ein Meisterwerk

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Das so reizvoll Eigentümliche an einem „Fragment“ kommt wahrscheinlich auch daher, daß man den Schreiber davon nicht abstrahieren kann: Als sozusagen greifbarer Schatten ist Herbert Eisenreich in der „Abgelegten Zeit“ durchwegs gegenwärtig, nicht erst im Anhang zu den fast 600 Seiten, wo er dem Leser leibhaftig entgegentritt, in der Rolle eines Besiegten, der freilich durch das implizite Bekenntnis zum Fragmentarischen seiner Leistung vor allem sich selbst besiegt hat.

„Sieger und Besiegte“ sollte das monumentale Endprodukt ursprünglich heißen, und es berührt seltsam, daß Eisenreich nun beides in einem ist, Besiegter und Sieger, als wäre er damit als die eigentlich legitime Hauptperson in seinem Roman aufgegangen. In der Tat steht er ja als Literat so paradigmatisch für jene fünfziger Jahre, aus deren Sicht er schreibt, wie die Figuren, von denen er behauptet, daß er sie „natürlich frei erfunden“ habe, obwohl auch ein nur peripherer Zeitgenosse konkret Identitäten wie Uridü=Moldovan, Woller= Wotruba, Frapan=Csokor unschwer durchschaut. Sie sind ebensowenig frei erfunden wie der Wahrheitsgehalt der Aphorismen, in denen sich das Geschehen immer wieder kristallisiert.

Der Roman als das Kunstwerk der offenen Form? Ein so vollkommenes Fragment wäre dafür gewiß nicht das schlechteste Beispiel.

DIE ABGELEGTE ZEIT. Von Herbert Eisenreich. Verlag Herold-Edition Atelier, Wien 1985. 600 Seiten, geb., öS 348,-.

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