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Ein Richter resigniert

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Ivan Klimą, 1931 in Prag geboren, gehört zu jenen Autoren, die in der CSSR mit einem Schreibverbot belegt sind, aber im Ausland publizieren dürfen. Sein „Gnadenrichter“ ist ein Zeitroman, prall voll von Handlung, in epischer Breite realistisch erzählt. Zentralfigur ist der Richter Adam Kindl, vierzig Jahre alt, Richter von Staates und der Partei Gnaden, dreißig Jahre tschechischen und auch jüdischen Schicksals verkörpernd. In der Romankomposition wechseln zwei Ebenen des Geschehens ab. Erstens die Situation des Richters 1971, als er, ein überzeugter Gegner der Todesstrafe, einen Mörder zum Tode verurteilen soll, zweitens aber die Vergangenheit im Strom der aus dem Unterbewußten immer wieder auftauchenden Erinnerungen. Denn alles Vergangene „ist gleichermaßen wirklich wie unwirklich, Schatten ohne Blut“.

Und die Gegenwart im Jahre 1971? Ein Leben in zwischenmenschlichen Beziehungen, überschattet von dem Mißtrauen aller gegen alle, überwuchert von der Angst, schon zu denen zu gehören, die überwacht werden. . „Vielleicht“, sinniert der Richter zum Schluß, „hätte ich mich behaupten können, aber da hätte ich mich völlig anders verhalten müssen. Da habe ich lieber gesagt, daß ich gehe.“

DER GNADENRICHTER. Von Ivan Klima. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1979, 672 Seiten, öS 280,80.

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