Waltraud Anna Mitgutsch, Jahrgang 1948, stammt aus Oberösterreich, aus einem Dorf nahe der tschechischen Grenze. Ihr Erstlingswerk, ein Roman, ist autobiographisch, aber im Mittelpunkt steht nicht sie selbst, sondern die Mutter, deren Lebensweg und Charakterbild sie nachzeichnet, von der Kindheit bis zum Tode.Ihr eigener Lebensweg, von dem in dem Roman nicht die Rede ist, führte sie nach einer Assistentenzeit an der Innsbrucker Universität weit in die Welt hinaus - durch Europa, nach Israel, in den Fernen Osten und 1979 nach Nordamerika, wo sie jetzt in Boston lebt. So weit der Horizont der
Alfred Kolleritsch bietet „Verstreutes, Gesammeltes”, wenig Erzählerisches: Die Erzählung „Die Ebene” ist ein Stück dichter Prosa, das Prosastück „Von der schwarzen Kappe”. In dem philosophischen Essay „Der Einzelne und das Allgemeine” sagt die Gesprächspartnerin des philosophierenden Mannes: „Du kannst so herrlich erzählen und mich fesseln. Kaum bringst du das Erzählte in einen größeren Zusammenhang, machst du es mit deinen Gedanken tot.” Mit diesem Satz rührt Kolleritsch an das Spannungsverhältnis und die Problematik seiner erzählenden Prosa.Das Thema der
Die im Nachlaß gefundenen unregelmäßig geführten Tagebücher von Stefan Zweig beginnen vor dem Ersten Weltkrieg und enden am 19. Juni 1940, dem Tag, an dem er England verläßt, um in Brasilien eine neue Heimat zu suchen.Erst bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beginnt er wieder regelmäßig Tagebuch zu führen -mit einer Unterbrechung vom Dezember 1939 bis Mai 1940.Dem Bild des Humanisten Stefan Zweig, der die „Welt von gestern” beschwört, fügen die Tagebücher kaum neue Züge hinzu -vielleicht, daß hier noch stärker hervortritt, daß er ein unpolitischer Mensch war.Mit dem
Für viele Autoren und Kritiker gilt das Genre des historischen Romans heute als antiquiert. Eine mutige Themenwahl also, die der Autor Peter Ebner getroffen hat. Die Handlung seines Romans läßt die letzten neun Tage aus Schuberts Leben erstehen, in denen Ebner ihn zwischen Wahn und Wirklichkeit sein Leben an sich vorüberziehen läßt, bevor der Einunddreißigjährige seiner Typhus-Erkrankung erliegt.Den Erinnerungsfetzen, die aus seinen Fieberphantasien hervorsprudeln, steht die triste Wirklichkeit der letzten Lebenstage entgegen. Ohne Geld hat er Unterschlupf suchen müssen in der Wohnung
Barbara Frischmuth hat oft genug bewiesen, daß sie Wirklichkeit zu zeichnen versteht, genau so aber auch, daß es sie immer wieder in ein Reich der Mystifikationen und Utopien zieht. Kopftänzer sind viele ihrer Figuren: Intellektuelle, die sich im Widerstreit und Widerstand zur Realität und ihren gesellschaftlichen Mächten befinden. So ist es charakteristisch, daß sie ihrem neuen Roman den Titel „Kopftänzer" gab.Von Kapitel zu Kapitel wechselnd, laufen in ihm zwei Handlungen nebeneinander her, um sich erst zum Schluß für kurze Zeit zu berühren. Hauptfigur der einen Handlung ist die
Alois Brandstetter bringt als Erzähler, der der Tradition verpflichtet und der Moderne geöffnet ist, ebenso wie als Universitätsprofessor für deutsche Philologie die besten Voraussetzungen mit, um eine Anthologie österreichischer Erzählungen herauszugeben. Er wählte, wie er im Nachwort sagt, Qeschichten aus, die ihm gefallen.Das größte Problem für den Herausgeber einer solchen Sammlung besteht darin, daß er auf vorgegebenem Raum möglichst viele Autoren zu Wort kommen läßt; einundfünfzig sind es geworden. Erzählen ist für Brandstetter in der Tradition Stifters „ein
Unvergessen bleibt mir ein kleines Buch — ich weiß Titel und Autor nicht mehr —, das ich Ende der zwanziger Jahr las. Es verfocht die These, daß zu jeder Zeit gleichgültig vier Liter atur Stile wirken — damals in den zwanziger Jahren also der vorgestrige Naturalismus, der gestrige Impressionismus, der gegenwärtige Expressionismus und als Stil von morgen die Neue Sachlichkeit- und daß die Generation der Enkel zwar Verständnis hat für das Vorgestrige, nicht aber für das Gestrige.Was alles habe ich damals als Schüler an Literatur verschlungen, von Gerhart Hauptmann bis zu Arnolt
Das dritte Buch Brigitte Schwaigers, das in die Heimat ihrer Kindheit nach Freistadt in Oberösterreich führt, macht erneut deutlich, wie sehr ihre Fähigkeit zu schreiben an eigene Erlebnisse gebunden ist. Diesmal schildert sie — mit dem Ruch des Süßlichen — den Katholizismus, den sie auf Schritt und Tritt in der Klosterschule einatmete und der sie beim Nachdenken zu immer neuen Fragen führte, zum Beispiel, was der Pfarrer mit den vielen Sünden macht, die ihm im Beichtstuhl anvertraut werden, und was der liebe Gott damit macht, wenn der Pfarrer sie ihn wissen läßt.Erinnerungsfetzen
Mit dem Vergleich, Andreas Okopenko Österreichs Arno Schmidt zu nennen, hat sich der Verlag in seiner Werbung wohl etwas vergriffen. Auf jeden Fall aber ist der 1930 in Kaschau in der Ostslowakei Geborene, der 1939 mit seiner Familie nach Wien kam, einer der prominenten Wiener Autoren der mittleren Generation. Sein neuer Roman „Kindernazi" ist einer der nicht endenwollenden literarischen Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung: „Da gab's allerdings die Nazis und unter denen gleichsam die Kinderstars der Nazis, die Kindernazis eben."Von ihnen weiß der Autor sehr authentisch zu
Rudolf Bayr legt einen höchst bemerkenswerten Essayband vor: „Die Eiben von Sammezza-no", dessen Essays vor allem Kultur und Landschaft der Toskana und Süditaliens zum Thema haben. Der bei weitem umfangreichste Essay der Sammlung gilt jedoch dem zur Heimat gewordenen Salzburg, dem er sich in kritischer Liebe verbunden fühlt.Was in allen Essays auffällt, ist ein polemischer Zug, der an die Stelle jener leisen Ironie und Skepsis getreten ist, die bisher für Bayr charakteristisch waren.Das zeigt sich besonders, wenn er — der hochgebildete Humanist — den landläufigen
Das zuerst 1980 englisch bei einem New Yorker Verlag erschienene Erstlingswerk einer vierzigjährigen Autorin, aus Graz gebürtig, die zunächst als Austauschschülerin und wenig später durch Heirat in die USA kam -kein Roman, sondern ein zorniger Lebensrückblick im Kampf mit der Vergangenheit, in die sich die bei Kriegsende fünfjährige Autorin durch ihre nationalsozialistischen Eltern verstrickt fühlt.Mit solcher Belastung lebt sie in New York inmitten jüdischer und nichtjüdischer Freunde und fühlt sich stets hin und her gerissen zwischen altem Zuhause und neuer Heimat.Der
Bei Leo Perutz' jetzt neu aufgelegtem Buch handelt es sich um einen historischen Roman aus dem Frankreich Richelieus. Im Todesjahr des allmächtigen Kardinals war ein Äufstandsversuch des Marquis von Cinq-Mars gescheitert, doch es rumorte weiter, beim Adel und im Volk. Bei solcher Konstellation — so die Fabel des Romans — entstand beim Kardinal der Gedanke, mit Hilfe des schon aufgehetzten Volks den Adel in einer einzigen Nacht auszurotten.In einer derart von Unruhe erfüllten Zeit geht in Paris ein junger Bursche namens Turlupin seinem Beruf als Barbier geselle nach. Zu seinen Kunden
Anhand der. sich über ein halbes Jahrhundert erstreckenden Korrespondenz läßt sich Herz- manovskys Produktivität als Zeichner und Schriftsteller verfolgen. Echt Herzmanovsky möchte man immer wieder aus- rufen, etwa wenn es in einem Brief vom 9. August 1917 heißt: „Ein Astralhühnerauge kündet kosmischen Wetterwechsel an. Selig der Ruhige, der mit den Gefäßschwielen denkt.“ Ironische Selbstkritik fehlt nicht.Kubin gibt in einem Brief vom 9. Jänner 1908 eine Interpretation seines künstlerischen Schaffens, die auch für Herzmanovsky gelten könnte:„Ich bin der Organisator des
Drei Erzählungen — das zweite Werk der Wienerin Inge Merkel. In der dritten gibt sie Einblick in die Entstehungsgeschichte ihres vorangegangenen Romans „Das andere Gesicht”, fühlt sich durch ein Spiel des Zufalls, hinter dem für sie Unheimlicheres steht, „mit Schauern an die Schwelle zwischen Einbildung und Wirklichkeit streifen”. In dieser Zwischenzone ist sie zu Hause, auch in den beiden anderen Erzählungen.In der einen gestaltet der Gott Eros die Beziehungen zwischen einem alternden Wissenschaftler und zwei jungen Schwestern, in der anderen die Beziehung zwischen einer
Adolf Haslinger, Ordinarius für österreichische Literatur an der Universität Salzburg, zeichnet als Herausgeber einer Anthologie, die zum Thema Reisen verschiedene Geschichten und Gedichte, Skizzen und Gedanken von vorwiegend österreichischen,aber auch Schweizer und deutschen Autoren vereint.Die Skala der Namen reicht zeitlich von Grillparzer bis zu Werner Schneyder, von Seume bis zu Enzensberger. „Ein Buch vom Reisen, ein Buch zum Reisen", sagt der Verlag in seinem Klappentext; der Herausgeber korrigiert diese Formulierung, wenn er in einem knappen Vorwort die Anthologie als ein Buch
Dietmar Grieser hat sich mit seinen Reisen auf den Spuren zahlreicher Dichter Ruf und Rang eines Literaturdetektivs erworben. Zuletzt waren es die Dichterwitwen, die ihm Material für ein Buch gaben. Jetzt sind es die Dichtererben, denen sein Interesse gilt.Die Dichter, deren Erben er vorstellt, reichen in Alter und Niveau von Ludwig Ganghofer bis Ingeborg Bachmann. Bei Ganghofer teilen sich heute, 62 Jahre nach seinem Tod, elf in guten Verhältnissen lebende Enkel die nur noch spärlich fließenden Tantiemen.Sind Ganghofers Werke in 35 Millionen Exemplaren verbreitet, so die von Hermann Hesse
Satire hat — man denke an Helmut Qualtinger — ihre räumlichen, sprich nationalen Grenzen, da die Gegenstände, die sie aufs Korn nimmt, meistens darüber hinaus nicht verständlich sind. Zu den weltberühmten Ausnahmeerscheinungen gehört außer Kishon der Amerikaner Art Buchwald.Die Themen seiner neuen Satiren sind den letzten Jahren amerikanischer Zeitgeschichte entnommen, aus der Politik ebenso wie aus dem Alltag. Daß die Auswahl dabei auf den deutschen Leser und die Grenzen seines Verständnisses Rücksicht nahm, ist selbstverständlich.Es kann eigentlich nichts schaden — muß sich
Gerold Späth, Jahrgang 1939, hat sich in seinen bisherigen Romanen und Erzählungen als ein Schweizer Grimmelshausen und Rabelais erwiesen.In seinem neuen Erzählband fällt sein Blick nicht nur wie bisher auf die heimatlichen Gefilde am Zürichsee, auf die Menschen um ihn herum, deren Kleinbürgerlichkeit er so gern auf spießt, er geht auch über die Schweiz hinaus, zum Beispiel in der Titelerzählung „Sacramento” in den Wilden Westen Amerikas zu Ende des vorigen Jahrhunderts in der Zeit des Goldfiebers. Er setzt in dieser Geschichte, in deren Mittelpunkt ein 1867 ausgewanderter junger
Am 29. Mai wurde Hans Weigel 75 Jahre alt. Thema seines neuen Buchs ist das eigene Metier. Weigel läßt den Leser an dem Werden und Wachsen dieses Buches teilnehmen, sodaß er ihm den Untertitel geben kann „Ein Buch über dieses Buch“. Wie von selbst ergibt sich dabei nicht nur die Naturgeschichte eines Schriftstellers, sondern ein Bild des gesamten Literaturbetriebs vom Autor über Verleger, Lektor, Hersteller bis zum Literaturkritiker, Buchhändler und Leser.Nie scheut er sich, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, etwa wenn er die Existenzsorgen eines Schriftstellers von Rang vor Augen
Eine begrüßenswerte Erinnerung an einen Erfolgsautor der zwanziger Jahre sind die beiden Bücher, die die Nymphenburger Verlagshandlung aus Anlaß des 100. Geburtstags von Leonhard Frank am 4. September 1982 herausbrachte.In dem einen Werk sagt seine Witwe, „was noch zu sagen ist“, in dem anderen, einer Anthologie, zieht der Herausgeber Manfred Gregor-Dellin die „Summe“ seines Lebenswerks dahingehend, daß ihm die Zeit- und Sozialkritik von Anfang bis Ende tief und bestimmend eingeprägt ist. Aus dieser Perspektive traf er die Auswahl für „Die Summe“ — so der Titel der
„Was sich in Wien derzeit abspielt, ist für mich heller Wahnsinn. Die Partei in Wien steht in der Tat vor einer Existenzkrise. " Ö VP-Klubobmann Heinrich Neisser nimmt sich in einem FURCHE-Interview (Seite 4) kein Blatt vor den Mund. Für ihn ist Heinrich Wille, „von all den Kandidaten, die bisher ins Spiel gebracht worden sind, die weitaus beste Lösung" als künftiger Obmann der Wiener Volkspartei.Im Zusammenhang mit der ÖVP-Reform wird nach Meinung des Klubobmannes die Frage der Bünde „eher hochstilisiert". Obwohl er ein überzeugter Verfechter des Föderalismus
Der namhafte Literaturkritiker Curt Hohoff veröffentlichte Erinnerungen an das literarische Vorkriegsmünchen, in dem er mit jungen Jahren als Norddeutscher heimisch wurde.Es ist viel von Münchner Literatur- und Künstlerstammtischen die Rede und viel von der Persönlichkeit Georg Brittings. Manches kann man über den Verleger Carl Hanser erfahren, der gern zu einem der Stammtische ging, und über Henri Nannen, einen Schulfreund Hohoffs, der damals in München Redakteur der „Kunst im Dritten Reich" war.Nannens damalige Einstellung gibt Hohoff aus der Erinnerung wieder: „Du bist im
Die Erzählungen und die Lebensbilder großer Persönlichkeiten machen den Kern und die Fülle des Werks von Stefan Zweig aus. Man dachte bisher. Zweig schrieb nur einen Roman: „Ungeduld des Herzens". Umso mehr überrascht der jetzt aus dem Nachlaß erschienene zweite Roman „Rausch der Verwandlung".Der Roman beginnt mit der plastischen Schilderung eines Provinzpostamtes in einem belanglosen Dorf unweit von Krems. Dort waltet die junge Christine Hoflehner ihres Amtes, kärglich bezahlt, ohne von der Welt etwas zu kennen, bis sie durch die Einladung reicher Verwandter in das
Den Hauptteil in Luise Rinsers neuestem Tagebuch von 1979 bis 1982 nehmen Berichte über ihre Reisen ein. Aus den kleineren Notizen des Tagebuchs seien einige Themen genannt: die Tagebücher von Thomas Mann — mit der Bemerkung „stock- und stinkbürgerlich, alles in allem ein Ärgernis” —, Erlebnisse bei Lesungen, Kriegsdienstverweigerung, Nuklearangst, Ausländerfeindlichkeit, Bemerkungen über Reagan, den sie „Teufel, den Herrn unserer Zeit” nennt.Man horcht auf, wenn das Stichwort Terroristen fällt, zu dem sie in diesem Tagebuch zu sagen weiß:„Werde ich schuldig, wenn ich den
Das Erstlingswerk einer Sechzigjährigen, ein Roman in Briefen.Die Handlung setzt am 12. März 1979 ein. Da lernen sich ein Herr und eine Dame, beide aus gutbürgerlichem und er dazu noch aus jüdischem Hause, kennen, als sie — angezogen von einer seltsamea Himmelserscheinung — auf dem Heldenplatz in Wien stehen bleiben und in ein Gespräch geraten, das sie brieflich fortzusetzen beschließen, mit der Verpflichtung für jeden, jeder persönlichen Begegnung mit dem anderen aus dem Weg zu gehen.Behutsam aufblätternd enthüllt der nun einsetzende Briefwechsel — voll von mythischen Bildern
„Kaffeehaus war überall” ist ein weiterer Briefband aus dem Nachlaß von Friedrich Torberg, thematisch anknüpfend an die „Tante Jolesch”. Von den acht Briefpartnern am interessantesten Dr. Justinian Frisch, der längst verstorbene Herstellungsleiter des Bermann-Fischer Verlags in Stockholm, und Milan Du-brovic. Frisch findet ein Wort, das blitzartig den ganzen Charakter Torbergs aufdeckt, wenn er von dessen „alttestamentarischer Verbissenheit” spricht, und Torberg gibt eine Selbstcharakteristik, wenn er sich bezeichnet „als der behutsamsten einer, der mit der Sprache umgeht,
Ein Sammelwerk mit 23 Interpretationen von Romanen und Erzählungen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; gemeinsam ist allen Interpretationen, daß sie „die Umsetzung sozialer, politischer, kultureller Zielvorstellungen in realistische Programmatik" untersuchen.Die Beiträge sind verfaßt von Germanisten einer jüngeren Generation, geschrieben nicht in einem soziologischen oder literaturwissenschaftlichen Fachjargon, sondern in gut verständlicher Sprache, sodaß die Thematik auch außerhalb des Universitätsbetriebs eine fesselnde Lektüre bietet und dem Leser interessante
In einem umfangreichen und instruktiven Nachwort gibt der Herausgeber der Anthologie gleich eingangs eine klare Einordnung des Jugendstils in die Literaturgeschichte. Ein Verzeichnis der Autoren, Texte und Quellen mit biographischen Notizen sowie Literaturhinweise erhöhen den Nutzen für den Leser.Die chronologisch angeordnete Auswahl beginnt mit Dauthen-dey und bringt als vorletzten Text das Erzählgedicht Kokoschkas „Die träumenden Knaben”, dessen Erstausgabe 1908, in den Wiener Werkstätten hergestellt, in der Stileinheit von Bild und Text zu einem Hauptwerk des Wiener Jugendstils
Aus den Unterlagen eines Berner Archivs faßt der 1921 in Breslau geborene englische Historiker Walter Laqueur dokumentierte Begebenheiten, die verschiedene jüdische Familien erlebten, denen die Flucht aus Deutschland in die Schweiz gelang, zu dem Schicksal des jüdischen Arztes Dr. Lasson zusammen. Er läßt ihn nüchtern sein Leben und Schicksal und das seiner Familie bis zum Ende des Krieges wie eine Autobiographie berichten, und unversehens gestaltet er mit dieser Technik einen spannenden Zeitroman aus dem Berlin zwischen 1933 und 1945.Der Roman setzt ein Denkmal denen, die zugrunde
Alfred Paul Schmidt, durch avantgardistische Prosa bekannt geworden, schrieb einen normal erzählten realistischen Roman: einen Entwicklungsroman. Der Leser begleitet den Lebensweg eines Findelkindes bis in die Mitte seiner Schulzeit. Es ist, wohin es auch kommt, schwer zu bändigen, erst recht, als es aus der stei-rischen Provinz in die Landeshauptstadt Graz kommt - in ein • katholisches Heim. Uber allen seinen Taten und Untaten steht das Motto: irgendwie wird es sehen weitergehen.Worauf alles hinausläuft? Der in der Pubertät Befindliche bedarf der Erlösung des Fleisches. Wo wird er sie
Abraham B. Jehoshua errang mit seinem in sieben Sprachen übersetzten Roman „Der Liebhaber” internationalen Erfolg. Jetzt stellt ihn sein deutscher Verlag mit fünf Erzählungen vor, und es bestätigt sich darin der Eindruck, daß hier ein Autor nuancenreiches realistisches Erzählen mit einem psychologischen Tiefenblick verbindet, der unter die Haut dringt.Die Titelerzählung „Angesichts der Wälder” handelt von einem Studenten, der sich zum Abschluß seines Studiums nicht aufraffen kann. Seine Freunde glauben, er brauche Einsamkeit. So nimmt er, ihren Ratschlägen folgend, in der
Das erste Buch von Peter Ebner. Der 1932 in Wien Geborene lebte längere Zeit in England und Griechenland. Nach Wien zurückgekehrt wurde er Mittelschullehrer und veröffentlichte bisher nur in Rundfunk und Presse Gedichte und kurze Prosa. Sein Roman „Der Erfolgreiche" ist in kurzen Sätzen geschrieben, in einer klaren einfachen Prosa, die Empfindungen hautnah wiedergibt, die Gedanken zu Empfindungen werden läßt.Der Erfolgreiche namens Munzing vermittelt Verkäufe von Industrieunternehmen. Die Handlung des Romans ist in drei Tage zusammengerafft. Am Abend des zweiten Tags trifft er
Alois Brandstetter läßt von seinem literaturgeschichtlichen, volkskundlichen und etymologischen Wissen immer mehr in seine schöngeistigen Werke einfließen. Mit dem Wissenschaftler verbindet sich der Heimatdichter, so auch in den neuen Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend.Ein wesentlicher Bestandteil des ländlichen Lebens seiner Kindheit in Oberösterreich wurde der Traktor. Eine Probefahrt darauf geriet dem Zehnjährigen zum größten Erlebnis seiner Kindheit. Zum Traktor trat das Auto, und es bestätigte sich „sehr unheilvoll in der Wirklichkeit die sprachliche Verwandtschaft von
Einige Germanisten meinen, Literatur der Arbeitswelt sei Literatur von Arbeitern für Arbeiter. Gegen diese enge, ja falsche Interpretation hat sich Max von Grün immer entschieden gewandt. Er tut es auch hier in seiner Einleitung, wenn er schreibt:„Ich halte diese Deutung für dumm und beschränkt, denn Literatur ist für alle da. Es interessiert mich weniger, womit der Autor seinen Lebensunterhalt verdient, es interessiert mich, wie er die Welt, in der er lebt, sieht, bewertet, interpretiert, und diese Welt hat nun einmal mit Arbeit zu tun."Alle Beiträge sind realistisch geschrieben,
Peter Weiser, Jahrgang 1926, legt seine Erinnerungen vor. Seine vielseitige Tätigkeit ist bestens bekannt, und sie gibt diesem Buch farbige Facetten: Chefdramaturg beim Sender Rot-Weiß-Rot, mit 25 Jahren prominenter Theaterkritiker, ab 1961 Generalsekretär der Konzerthausgesellschaft, seit 1977 Leiter der Energieverwertungsagentur. Der größte Reiz der Erinnerungen geht von der Schilderung des Wiener Großbürgertumes aus. Hinreißend die Darstellung seiner Kindheit und Jugend in Möd-ling.Weisers Erinnerungen sind eine Fundgrube für die Lebensanschauungen des damaligen Großbürgertums.
Das Werk des amerikanischen Historikers Carl E. Schorske über das Wiener Fin-de-Siecle (FURCHE Nr. 29/1980) steht vorwiegend unter politisch-soziologischem Gesichtspunkt.In seiner Einleitung formuliert er, worum es ihm geht: „Wien im Fin-de-Siecle mit dem scharf empfundenen Beben seiner sozialen und politischen Desintegration erweist sich als eine der fruchtbarsten Brutstätten der ungeschichtlichen Kultur unseres Jahrhunderts."Es folgen sieben umfangreiche Essays, von denen nur der erste ein literarisches Thema hat: Schnitzler und Hofmannsthaleinander gegenübergestellt unter dem
Der aus der Sowjetunion über Israel in die USA ausgewanderte Efraim Sevela verliert nie den Humor, auch nicht hier in der Schilderung eines russischen Wintersanatoriums, das nur Parteifunktionären offensteht. Dort treffen sich eines Winters drei auf die sechzig zugehende höhere Würdenträger.Vor einem Vierteljahrhundert waren sie unzertrennliche Freunde gewesen, dann hatte das Leben sie in die verschiedensten Ecken des Landes verschlagen, doch jeder war auf der wackligen Leiter der höheren Parteihierarchie Stufe um Stufe emporgeklettert. Hier sehen sie sich nun wieder, sitzen zusammen in
Der Herausgeber, Gotthart Wunberg, Professor in Tübingen, versucht die Fülle des Stoffs nach einer umfangreichen Einleitung in zwölf Abteilungen zu bändigen. Die meisten Abteilungen enthalten eine kurze Einleitung, in der ein paar Worte zu den nachfolgenden Beiträgen gesagt sind. Insgesamt sind 160 zum Teil gekürzte Texte in die Anthologie aufgenommen.Außerhalb der Literatur kommen zu Wort u.a. Ernst Mach, Sigmund Freud, der Maler Klimt, die Architekten Olbrich und Otto Wagner, in der Musik Arnold Schönberg, auf dem Theater Joseph Kainz - um ein paar Namen zu nennen.Literarisch standen
Seit Jahrzehnten gilt Hilde Spiels Liebe dem Essay. Vier Essaysammlungen hat sie bereits zwischen 1953 und 1976 veröffentlicht. Aus ihnen hat sie jetzt eine Auswahl getroffen und sie durch seither in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte Arbeiten bereichert.Einige Essays bieten Autobiographisches. Die Mehrheit beschäftigt sich mit österreichischer Literatur. Der Blick über die Grenzen geht auch nach Ungarn, und natürlich nimmt England und die englische Literatur in den Essays von Hilde Spiel einen breiten Raum ein.Aus der österreichischen Literatur bietet sie Essays über
Prominente des politischen und kulturellen, Lebens treten auf, prominent vor 1934 und 1938 und prominent wieder nach 1945. Von vielen weiß Taucher in dem dritten Band seiner Autobiographie Interessantes zu berichten. Auch von manchen Kollegen aus der alten „Frankfurter Zeitung“ ist die Rede, z. B, von Erik G. Wik- kenburg, der ihm auch in Wien nahesteht. Und natürlich fehlen auch nicht Einblicke in Tauchers weiteren Lebensweg.Er spricht von der 1945 gegründeten Zeitschrift „Wiener Bühne,,, von dem Weg, der ihn zum österreichischen Rundfunk führte. In seiner Zeitschrift wirkte er
„Briefe an Freunde und Zeitgenossen“ heißt der Untertitel, den Torberg selbst wahrscheinlich als unlogisch und sachlich falsch beanstandet hätte: unlogisch, weil natürlich auch die Freunde gleichzeitig Zeitgenossen sind, sachlich falsch, weil der Band fast ebenso zahlreiche Briefe seiner Korrespondenzpartner bietet.Angeordnet sind die Briefe nach der alphabetischen Namensfolge der Briefpartner, so- daß der Band mit Broch beginnt und mit Zuckmayer endet. Unter den nicht viel mehr als zwanzig Namen dazwischen seien erwähnt Max Brod, Paul Celan, Ludwig von Ficker, Albrecht Goes, Fritz
Andreas Birkner, einst Pfarrer in Siebenbürgen und im Banat, seit 1966 Krankenseelsorger an den Freiburger Universitätskliniken, wählt zum Schauplatz seines Romans das Ferienparadies Ischia, jene Insel, auf der sich nach mancher Meinung die Nau-sikaa-Episode der Odyssee zugetragen haben könnte.Der Bibliothekar Johannes Probst, der seinen Homer im Kopf hat und auf Ischia alles und jedes in Beziehung setzt zum Geschehen der Odyssee, und seine Frau Constanze verbringen dort in St. Angelo jedes Jahr ihre Ferien. Diesmal tauchen gleich bei ihrer Ankunft als alte Urlaubsbekannte Martin und
Auf einer Auktion ersteigerte die Stadt Mainz 1979 ein Konvolut mit Briefen und Gedichten Zuckmayers. Die Briefe waren 1915-20 an den Kriegskameraden Kurt Grell gerichtet, die Gedichte hatte Zuckmayer den Briefen beigelegt. Bei der Katalogisierung stellte sich heraus, daß fast alles unveröffentlicht war. Das war die Geburtsstunde dieses Buches.Zwei Themen durchziehen die Briefe: die Arbeit und der Glaube ans Leben. Mit Fortdauer des Kriegs werden die expressionistischen Töne in den Gedichten und Briefen stärker. Es sind Töne eines utopischen Idealismus.Das Bild des jungen Zuckmayer wird
Ein Querschnitt durch Zweigs Werk aus Anlaß seines 100. Geburtstags am 28. November: vie leriei von dem, was Zweig einst zu einem internationalen Erfolgsautor machte, aus den Novellenbänden und den historischen Miniaturen, dazu als wertvolle Bereicherung einige Essays, Vorträge und Reden, z. B. über „Das Wien von gestern" und „Worte am Grabe Sigmund Freuds".Das Nachwort von Max von der örün führt zur Frage: Was wird bleiben von Zweigs Werk? Das entscheidet nicht mehr die Zweig nächste, sondern bereits die übernächste Generation. Zwischen beiden steht Max von der Grün, Jahrgang
Von 1924 bis 1963 reicht die zweibändige Auswahl aus den Literaturkritiken Friedrich Sieburgs. Der Großteil der Auswahl zeigt den Sieburg der Jahre von 1948 -1963, dessen Kritiken nach dem Krieg zuerst in der „Gegenwart“, seit 1956 im Literaturblatt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschienen.Er war der-Anhänger einer werkimmanenten Interpretation, der Kritiker, für den Form, Gesittung, Noblesse höchste Werte darstellen, sodaß ihm Thomas Mann als Höhepunkt der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts erscheint. Auffällig ist, daß er sein Interesse vorwiegend bekannten
Hans Trümmer, 1947 in Bruck an der Mur geboren, debütierte 1979 mit dem Roman „Versuch, sich am Eis zu wärmen“. Er rechnete darin mit der Kleinstadt ab, zu deren Besonderheit es für ihn gehört, „der Jugend den Elan einfach abzuwürgen“.Jetzt, in seiner Erzählung, hat er das eigene Ich vergessen und zeichnet mit der Distanz des Erzählers ein verlorenes Leben nach, das Leben der Luise oder eigentlich Aloisia WeinzettL die als Putzfrau seit dreißig Jahren in einer Fabrik die Büros der Angestellten säubert und zu Hause als Zubrot für Kollegin- , nen Kleider näht.Ist das ein
Herbert Eisenreich, der von Friedrich Torberg testamentarisch als Herausgeber seines literarischen Nachlasses eingesetzt worden ist, wählte aus Hunderten und Aberhunderten von feuilletonistischen und essayistischen Texten rund fünfzig für diesen ersten Nachlaßband aus: vornehmlich dasjenige, das auch losgelöst von seinem Autor, für sich allein, spricht. Für die einzelnen Teile erfand er Titel, wie sie auch Torberg hätte erdenken können, z. B. „Apropos Deutsch als Sprache, als Kauderwelsch, und auch als ortografi“.Die ausgewählten Texte fügen dem Bild Torbergs zwar keine
Der längste Aufsatz in den frühen und nachgelassenen Schriften Klaus Manns gilt dem „Ende Österreichs". Als Zeitgenosse zeichnet Klaus Mann auf, was er empfand, als das Unheil sich zusammenbraute während seiner Uberfahrt von New York nach Le Havre Mitte Februar 1938 und dann am Abend des 11. März in Paris angesichts der vollendeten Tatsachen.„Man vergißt so leicht", notiert er, „daß eine Kollektiv-Katastrophe sich aus unendlich vielen persönlichen Katastrophen zusammensetzt." Er berichtet von jenen, die sich das Leben nahmen, die ermordet wurden oder die den Weg
Thema des Handbuchs, dessen erste Ausgabe 1938 in Zürich Tür den Leser in Österreich und Deutschland nicht erhältlich war, ist das Theater. Mehr oder minder große Dramatiker der Weltliteratur -Shakespeare, • Goethe, Kleist, Grabbe, Büchner, Strindberg, Shaw, Pirandello, Wedekind, O'Neill - geben den Stoff für Feuil-letons oder prägnante Aphorismen. Auch ganze Gattungen werden zum Thema des Kritikers: das antike Drama, das japanische Theater, französische Komödien, die ungarischen Bühnenautoren, der Schwank, das Kriegsstück, das Zeittheater, das psychoanalytische Stück.In manchen
Der Titel dieser Nachlaßpublikation ergab sich aus den schwarzen Wachstuchheften, die Ina Seidel fast ausschließlich zur Niederschrift ihrer Gedanken und Manuskripte benutzte. Als Herausgeber zeichnet ihr Sohn Georg unter seinem Schriftstellerpseudonym Christian Ferber.In seiner Auswahl entschied er sich für eine Gliederung in drei große Zeitabschnitte: 1905-30, 1930-50, 1950-74. Jeweils am Ende steht das Fragment eines Romans oder einer großen Erzählung: das realistisch einfach und lebendig erzählte Kapitel „November 1918" aus dem nicht geschriebenen Roman „Fides", die
Dem „Kasuar" - jenem Roman, durch den Mander vor einem Jahr als bis dahin unbekannter Autor berühmt wurde - folgen jetzt Erzählungen aus zwanzig Jahren: thematisch und stilistisch vielfach Variationen zum „Kasuar", zum Teil mit denselben Personen. Trotz dieser Bezüge zeigt sich aber ein wesentlicher Unterschied. Im „Kasuar" tauchten um die Zentralfigur namens Rausak Menschen nur als Schemen auf, blitzlichtartig beleuchtet, hier gewinnen Menschen aus Fleisch und Blut Leben, hineingestellt in eine scharf gesehene Umwelt und harte Wirklichkeit.Der gemeinsame Nenner, der
Hilde Spiel überrascht mit einer zarten Liebesgeschichte aus unserer Zeit, die sich in Triest begibt. Hier begegnen sich die Italienerin Franca und der Slowene Mirko von jenseits der Grenze, und zu ihnen tritt als dritte Hauptperson mit einem Flui-dum aus Geschichte und Gegenwart die heutige Grenzstadt, in der über Jahrhunderte hinweg Menschen der verschiedensten Nationalitäten zusammenströmten und die als Stadt ihre Prägung von ihnen allen empfing.Heute übt sie auf die Menschen jenseits der Grenze als Einkaufszentrum eine starke Anziehungskraft aus. So kommt eines Tages auch Mirko,
Qualtingers neue Satiren empfangen ihr Leben wieder aus der Mentalität des Wieners, aus der Atmosphäre Wiens, des Wiens von gestern und heute, im Sinne Qualtingers könnte man auch sagen: des ewigen Wiens.Eindrucksvoll ist bereits die erste Szene, in ihrer Menschlichkeit ebenso wie in ihrer Hintergründigkeit. „Der Burschi und sein Publikum" heißt sie.Burschi: das ist ein älterer Schauspieler, vom Tod gezeichnet, er unterhält sich mit einem Papagei, der auf dem Dach seines Käfigs sitzt. „Geliebt wird er von seinem Publikum, der Burschi", monologisiert er, „und warum? weil
Der Schweizer Gerold Späth ist in seiner Heimat schon lange ein berühmter Autor - zu Hause am Zürichsee, in seinem Geburtsort Rap-perswil. In dieser Landschaft, die er für sein Schaffen braucht, spielen seine Romane und Erzählungen.Ihre kleine Welt weitet er aus zu einem barocken Welttheater, in dem sich Rapperswil zu einem Barbarswil verwandelt. Seinem neuen Werk wollte er eigentlich den Titel Barbaria geben. Nachdem es aber als Manuskript mit dem auf Anregung von Günter Grass gestifteten Alfred-Döbtin-Preis ausgezeichnet wurde-, nennt er sein Opus jetzt Commedia. Es ist eine Komödie
Henz schrieb diesen Roman 1932 - das Erstlingswerk eines 35jähri-gen. Die Wirkung auf den Leser von heute wird je nach Alter verschieden sein. Aber wer von der jungen Generation sich nicht vom anti-erzählerischen Ressentiment hat einimpfen lassen, muß Achtung bezeugen vor der Gabe dieses Erzählers, ein weltanschauliches Thema aufzugreifen und es Gestalt gewinnen zu lassen: in der Form eines spannend erzählten Romans, dessen Diskussionen, der damaligen Zeit entstammend, auch heute keineswegs ermüden. Sie regen vielmehr an zur Wiederbeschäftigung mit den Verhältnissen und Problemen der
Das flott und etwas schlampig heruntergeschriebene Erstlingswerkchen eines Wiener Autors vom Jahrgang 1947 erzählt von zwei jungen Leuten. Sie haben nach Jahren der Trennung ihre Freude daran, wieder einmal gemeinsam Wien durchstreifen zu können. Der eine ist Erich, der Universitätsdozent, der andere Uwe, der Bergwerksingenieur, der in Südafrika einen Job gefunden hat und zu Besuch kommt. An einem Montag im Weihnachtsmonat beginnt die Handlung, acht Tage später an einem Dienstag endet sie. Was dazwischen hegt: Erinnerungen an gemeinsame Jugendjahre, Fremdheitsgefühle gegenüber den
Ein Stück eigener geistiger Atfi tobiographie steckt in der Zusammenordnung der ausgewählten Essays, die u.a. Franz Blei, Kafka, Musil, Broch, Werfel, Ur-zidil, Henz und Torberg gelten. Das Empfinden innerer Nähe zu ihnen hat sie entstehen lassen. Im Mittelpunkt steht der Aufsatz über das literarische Leben in Wien in der Abendröte der dreißiger Jahre.Zu dem Literaturbetrieb jener Zeit gehörte das Literatencafe Herrenhof mit seinem Rlei-Mu-sil-Tisch ebenso wie die Volkshochschule mit ihren Dichterlesungen.Mit seinen seit den frühen dreißiger Jahren ständig wachsenden literarischen
Richters „Flucht nach Abanon" spielt in München, und für den Münchner ist unverkennbar, daß die darin porträtierte Schauspielerin ohne Namen, mit der der Autor im selben Hause wohnte, Gertrud Kückelmann ist, die zu Beginn des vergangenen Jahres aus dem Leben schied.Stets umgibt ein Hauch Ver-sponnenheit die Schauspielerin, doch der Blick des Schriftstellers dringt immer tiefer in die Psyche der Gesprächspartnerin. Er erinnert sich einer Rolle, in der er sie auf der Bühne erlebte: „nicht existent und doch existierend, eine Frau ohne Körperlichkeit, ohne Verbindung zum Leben
Am 29. November 1980 jährt sich zum 200. Mal der Todestag Maria Theresias. Aus diesem Anlaß entstand, herausgegeben von Walter Koschatzky, ein fürwahr monumentales Sammelwerk über Maria Theresia und ihre Zeit mit Beiträgen von mehr als fünfzig Autoren. Im Vorwort betont der Herausgeber, daß aus der Vielzahl der Stimmen ein dreifaches Denkmal entsteht: ein Denkmal der Herrscherin Maria Theresia, ein Denkmal der Zeit epoche und ein Denkmal des österreichischen Menschen -dazu bestimmt, „der Zukunft zu bewahren, was wert am Vergangenen ist".Die Beiträge sind in neun Gruppen
Ivan Klimą, 1931 in Prag geboren, gehört zu jenen Autoren, die in der CSSR mit einem Schreibverbot belegt sind, aber im Ausland publizieren dürfen. Sein „Gnadenrichter“ ist ein Zeitroman, prall voll von Handlung, in epischer Breite realistisch erzählt. Zentralfigur ist der Richter Adam Kindl, vierzig Jahre alt, Richter von Staates und der Partei Gnaden, dreißig Jahre tschechischen und auch jüdischen Schicksals verkörpernd. In der Romankomposition wechseln zwei Ebenen des Geschehens ab. Erstens die Situation des Richters 1971, als er, ein überzeugter Gegner der Todesstrafe, einen
Alice Herdan-Zuckmayer erinnert sich vor allem an das Wien vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Aus diesem Wien erzählt sie, und zwar: von ihrer Herkunft» ihrer Mutter, der Burgschauspielerin, ihrer Kindheit und Jugend, ihrer ersten Ehe und dem Beginn der zweiten mit Zuckmayer, zum anderen vom Leben und Wirken ihrer verehrten Lehrerin, der schon vor dem Ersten Weltkrieg berühmten Pädagogin Eugenie Schwarzwald. Ihr pädagogischer Leitgedanke war es gewesen, eine Schule zu schaffen, die nicht Schmerz und Langeweile bringt, sondern nur Freude.Von zahlreichen Anekdoten führte eine besonders
Literarisch namhaft geworden vor allem als ein Magier der Phantasie, tritt Peter Daniel Wolfkind jetzt mit autobiographischer Prosa hervor. Daß die junge Generation im Rückblick auf ihr Leben sich vor einem Schuß Sentimentalität nicht scheut, deutet der Titel „Sentimentale Geographie“ an.Am Anfang und am Ende dieser sentimentalen Geographie macht sich Wolfkind Gedanken über sein Zuhause, denn die Eltern des 1937 in Graz Geborenen stammen aus Jugoslawien und sein bürgerlicher Name lautet Vujica. Als Kind hörte er seine Eltern in ihrem Zuhause sprechen, hörte sie sagen, daß er in
Der Steiermärker Reinhard P. Gruber gibt in einem satirischen Roman Gelegenheit zum Lachen: Uber eine Familie, deren mit allen Klischeevorstellungen übereinstimmende innere und’ äußere Ordnung durch die erwachsen werdenden Kinder in Frage gestellt wird. Der Vater, gut verdienender Vorarbeiter, ist ganz Familienoberhaupt. Mit Frau und zwei Kindern lebt er im selbstgebauten Haus, stolzauf das Erreichte, Was noch fehlt, ist der erste Doktor in der Familie. Deswegen:muß der Bub die Matura machen und studieren.Der Sohn, der sich immer mehr zu einem Tunichtgut entwickelt hat, geht zunächst
Der Roman nennt sich „Der Kasuar”. Der unbekannte Autor mit dem Pseudonym Matthias Mander, 1933 in Graz geboren, ist ein hochspezialisierter Industriemanager. Wie die Arbeitswelt sein Leben bestimmt, so durchdringt sie auch seinen Roman. Inmitten der Industriewelt steht als Ebenbild des Autors Rausak oder im Wortspiel von rückwärts gelesen der Kasuar, „ein riesiger, kräftiger Laufvogel, schneller Renner, köpf voran durch Domen, Lianen: Der Kasuar, dessen Flügel sich nie in die Luft schwingen, aber - mit knochenharten Kielen bewehrt - schneidendes Durchpflügen des Dickichts
Gertrud Fussenegger, die 1912 in Pilsen als Tochter eines Offiziers Geborene, die noch einen Hauch vom k. u. k.-österreich zu spüren bekam, zeichnet hier Stationen eines Lebens auf, das ständig das Bild der Feuersäule als Inbegriff von Krieg und Revolution, Zerstörung und Blutvergießen vor Augen hat. Sie berichtet von der früh verstorbenen Mutter und dem kantig geraden Vater, von den Geschwistern und den fürsorglichen Pilsener Tanten, von ersten Liebschaften und Tanzstunden, von Freunden und Freundinnen, von Lehrern an Schule und Universität, von ersten schriftstellerischen Arbeiten,
Schriftstellemd in der Generationenfolge der Seidels: der mecklenburgische Pfarrer Heinrich Alexander (1811-1861), der 1839 geistliche Lieder erscheinen ließ, sein Sohn Heinrich (1842-1906), der den Ingenieursberuf an den Nagel hing und als freier Schriftsteller u. a. „Leberecht Hühnchen” schrieb, eines der erfolgreichsten Bücher der Jahrhundertwende, und sein Enkel, der Pfarrer Heinrich Wolfgang (1876-1945), der seine Cousine Ina (1885-1974) heiratete, schließlich noch Inas Bruder Willy (1887-1934) und Inas Sohn Georg (1919), der unter dem Pseudonym Simon Glas oder Christian Ferber
Günter Busch, der Direktor der Bremer Kunsthalle, schrieb die Einleitung, Liselotte von Reinken zeichnet verantwortlich für den umfangreichen editorischen Apparat, der bewundernswert ist in seiner Akribie und seiner die Materie ausschöpfenden Fülle.Lange war es üblich, die Gestalt der Paula Modersohn-Becker ins Gefühlvoll-Schwärmerische zu deuten. Dagegen wendet sich Busch schon um ihres künstlerischen Werkes willen - mit seinem hohen Anspruch, seinem Ernst und seiner Strenge. Dazu bieten sich für den heutigen Leser auch noch andere Gesichtspunkte an, die die Künstlerin interessant
Man kommt dem Charakter dieses Romans am nächsteh, wenn man ihn als ein allegorisches Kammerspiel bezeichnet. Gleich zu Beginn des Romans klingt das Thema an: „ ;Ich bin der Regisseur', sagt der Regisseur, ,und keiner von euch soll versuchen, ein eigenes Leben zu leben. Ich bin der Regisseur, und ich werde euch auf eure Plätze stellen.'“ Dieser Anfang mächt deutlich, daß hier sozusagen ein Stück aufgeführt wird: Die Welt als Puppentheater, die Menschen als Marionetten, bewegt' vom Regisseur - „ohne Regie enden wir alle im Chaos“.Jede auftretende Person verkörpert ein Prinzip:
„Die Zigeuner, ein ungeschaffen, schwarz, wüst und unflätig Volk, das sonderlich gern stiehlt“ - so urteüte 1544 Sebastian Münster in seiner Cosmographia. Aus Protest gegen die Formulierung schrieb sein Namensvetter Thomas Münster vor zwanzig Jahren einen historischen Zigeunerroman, gespeist aus der Sympathie für dieses merkwürdige Volk, sein Büd idealisierend. Aber, erst vor wenigen Jahren geschah es, daß zum erstenmal ein Zigeuner einen Zigeunerroman schrieb, einen Roman, in dem er mit Authentizität ein ungeschminktes Bild des Zigeunerlebens zeichnetEs ist das Bild und Leben
Zweig schrieb dieses Werk Mitte der dreißiger Jahre und läßt jene Jahre lebendig werden, in denen Calvin eine Diktatur im Stadtstaat Genf ausübte und weit darüber hinaus wirkte. Derart wird der historische Essay auch zum Spiegel des von Zweig erlebten und erlittenen Zeitgeschehens; immer wieder finden sich Betrachtungen, die sich auf die Gegenwart beziehen lassen. „Man täusche sich nicht“, heißt es zum Beispiel einmal, „Gewalt, die vor nichts zurückschreckt und jeder Humanität als einer Schwäche spottet, ist eine ungeheure Kraft“.Was sich für Zweig nach 1933 abzeichnete -
Die in der Anthologie vertretenen Namen - zum Beispiel Arn-fried Astel, Ludwig Fels, Günter Herburger, Michael Krüger, Luise Rinser, Klaus Staeck, Peter Paul Zahl - lassen keinen Zweifel, in welcher Richtung der Herausgeber bei der Auswahl der Autoren blickte. Stellvertretend für die vorherrschende Einstellung läßt sich Klaus Stiller zitieren: „Ich habe mir dieses Land nicht ausgesucht. Und hätte ich es mir aussuchen können, ich hätte es mir nicht ausgesucht.“Wer den Namen Klaus Stiller bisher nicht kannte, den belehrt die Biobibliographie des Bandes, daß der 1941 in Augsburg
Der jetzt 82jährige Rudolf Henz hat sich zeitlebens in Lyrik und Prosa aus der Warte des gläubigen Christen mit dem Zeitgeist auseinandergesetzt. Er findet in erstaunlicher Frische immer wieder neue Stoffe, um seine Uberzeugung zu demonstrieren, daß das Narrenschiff des Zeitgeistes sich in seiner ganzen Absurdität nur dann wahrhaftig vorführen läßt, wenn man die Rollen vertauscht und selbst in die Haut des Narren schlüpft. Als unbestellter Hofnarr hat er sich den Freibrief ausgestellt, seine Watschen nach allen Seiten verteilen zu dürfen. Er tat dies 1976 in dem Roman „Unternehmen
Der Name von Arnos Oz prägte sich ein, als vor einigen Jahren sein Roman „Keiner bleibt allein“ erschien, ein Roman, der ein Bild zeichnete von dem Leben im Kib-buz und den Gesetzen, die es bestimmen. Der Autor wurde 1939 in Jerusalem geboren, gehört also einer Generation an, die bereits in Israel aufwuchs. Sein Elternhaus verließ er mit fünfzehn Jahren, um seitdem in einem Kibbuz zu leben, und obwohl er inzwischen ein international berühmter Autor wurde, hat er nicht aufgehört, dort als Lehrer zu arbeiten.Schauplatz des Romans ist die Stadt Jerusalem, wo an einem Wintertag des
Dieser Roman eines Tschechen ist ein Stück Zeitgeschichte, aufgehängt am Leben des Icherzählers Jan Chrysostomos Kepka. Der heute vierzigjährige Autor Jiri Grusa gehörte zu jener jungen literarischen Generation, die ihr Sprachrohr in der Zeitschrift „Tvar“ besaß und mutig die offizielle Literaturlinie angriff, mit allen Folgen, die sich nach dem Prager Frühling daraus ergaben. Er lebt in Prag und erwartet einen Prozeß wegen des „16. Fragebogens“, dessen Manuskript in neunzehn Abschriften zirkulierte.Das Gesehen des Romans trägt sich in dem alten böhmischen Städtchen Chlumec
Wie so leicht bei Sammelwerken, ist das Buch nicht aus einem Guß, sondern widergibt die unterschiedlichsten Standorte der vierzehn Verfasser. Ihre Geburtsjahrgänge liegen zwischen 1930 und 1947. Ihr Sammelwerk ist bezeichnend für die Soziologisie-rung der Germanistik durch eine Generation junger Wissenschaftler. Zwei Autoren heben sich durch literaturgeschichtliche Substanz der Darstellung von den anderen ab: Peter Uwe Hohen-dahl mit seinem Aufsatz „Vom Nachmärz bis zur Reichsgründung“ und Rainer Nägele mit seinem Aufsatz „Deutsche Demokratische Republik“. Der erstere studierte
Es wirkt, wie der Verfasser einleitend bemerkt, fast wie Ironie, daß die Epoche in etwa mit der Regierungszeit Wilhelms II. übereinstimmt, „denn die literarische Blüte dieser Zeit fand ohne ihren politischen Repräsentanten statt, der sie nicht einmal sah. Der literarische Glanz überstrahlte das politische Elend“.Die Begrenzung auf die Entwicklung vom Jugendstil zum Expressionismus und die Teüung des Stoffs nach Lyrik, Prosa, Drama bringen es mit sich, daß kaum ein Autor eine geschlossene Darstellung findet. Mag man dies auch bedauerlich finden - es läßt sich von der Anlage des
Ein merkwürdiges Buch fürwahr: Einschlafgeschichten für Mütter. Merkwürdig — aber welcher Lektor, welcher Verleger hat es in langen Jahren nicht mindestens einmal erlebt, daß er ein Manuskript in die Hände bekommt, scheinbar ganz kunstlos, „nur“ aus echtem Gefühl erwachsen und doch ein Kunstwerk, vielleicht erklärbar daraus, daß solches Gefühl sicher vom Verstand gesteuert wird, der dafür sorgt, daß das Geschriebene nicht in Trivialität und Sentimentalität abgleitet. Wenn man selbst als Verleger oder Lektor einmal ein derartiges Erlebnis gehabt hat, weiß man um die
Als vor zwei Jahren Habes „Erfahrungen“ — Betrachtungen, Reflexionen, Essays über die Zeit und ihre Persönlichkeiten — erschienen, feierte die Sippenhaft unseligen Angedenkens frischfröhliche Auferstehung, indem ein prominenter Wiener Kritiker aus der Schule Karl Kraus' in einer namhaften österreichischen Zeitung in seiner Aggressivität gegen den Autor bis zu dessen Vater zurückging, während das Buch im übrigen — abgesehen von wenigen Ausnahmen, zu denen auch die FURCHE gehörte — in Österreich ignoriert wurde. Daran mochte die Thematik, die sich vorwiegend auf die BRD
„Geschichte schreiben ist schön und ist eine des Menschen würdige Tätigkeit“, äußerte einmal der Senior der österreichischen Historiker, Friedrich von Engel-Janosi. Edgar Traugott, ebenfalls ein Österreicher, seit vielen Jahren Chefredakteur der Nürnberger Zeitung, weiß um die Schönheit dieser des Menschn würdigen Tätigkeit. Als Frucht jahrelangen Reisens zeichnete er Erlebnisse und Begegnungen zwischen West und Ost auf, sie liegen nun unter dem für die Absicht des Brückenschlagens bezeichnenden Titel „Auf der Adamsbrücke“ als Buch vor.Traugotts Gedanken umkreisten schon
Neunzigjährig starb 1974 Franz Nabl in Graz. Im Alter bezeichnete er sich gern als einen „Schriftsteller im Ruhestand“. Nicht ganz zu Unrecht, denn seine sämtlichen Romane entstanden zwischen 1908 und 1935. Später folgten neben einigen Novellen nur noch autobiographische Bücher. Außerhalb Österreichs wurde er wenig gelesen. In seinen letzten Lebensjahren vollzog sich ein Wunder: die in Graz beheimatete literarische Avantgarde Österreichs mit Peter Handke scharte sich voller Verehrung um den bald Neunzigjährigen. Dadurch gewann seinName mit einem Schlag eine Bekanntheit, die ihm
Lange ist es her, daß Luise Rinser zur Literatur zählte. Wie bezeichnend, daß ein marxistischer Literaturkritiker — Heinrich Vormweg, der in Kindlers Literaturgeschichte der Gegenwart über die Prosa-Literatur der Bundesrepublik Deutschland seit 1945 schrieb — nur zwei Werke von ihr aus der ersten Nachkriegszeit kurz erwähnt und alles Nachfolgende verschweigt! Man sieht daran, daß die progressiven Wortführer einer jungen Generation über ihr Werk zur Tagesordnung gegangen sind, unbekümmert darum, daß sie selbst an Radikalität sozialer Gesinnung kaum zu überbieten ist. Diese
Der Wiener Publizist Roland Nit- sche versteht sich darauf, Themen der Zeit aufzügreifen und unter Vermeidung des berühmten oder berüchtigten Soziolagendeutschs für einen breiten Leserkreis darzustellen. Die Überdrußgesellschaft zwischen Reaktion und Anarchie und das vergessene Alter im Abseits der Gesellschaft waren das Thema seiner zwei letzten Bücher. Jetzt beschäftigt ihn, wie der Titel seines neuesten Buches lautet, der Weg aus der Krise: die Möglichkeiten, eine Zerstörung der Zivilisation durch Umweltverschmutzung zu verhindern, also eine Themenstellung, die durch den Club of
Nach vorausgegangenen verdienstvollen Brief-Editionen präsentiert die Nymphenburger Verlagshandlung jetzt eine reich illustrierte Ausgabe von Kubins Schriften in bibliophilem Gewand. „Vom Schreibtisch eines Zeichners“ hieß ein Band, der 1939 von Kubin erschien: Dokumentation, daß er im Laufe seines Zeichnerlebens („aus Innerem Drang zeichnen zu müssen, bedeutet ein Schioksal“) dennoch immer wieder von seiner Schreibfeder Gebrauch machte. Daß die Nymphenburger dieser Seite seines Schaffens Respekt erweist durch eine würdige Ausgabe, verdient hohes Lob. Auch editorisch macht die
Die Zeiten sind vergangen, in denen Thomas Mann, in einer dunklen Zeit deutscher Geschichte, nur für die Welt „draußen“ die Repräsentanz deutschen Geistes war, bewundernswert in seiner moralischen Größe. Auch jene, die vor 1945 von der Welt „draußen“ abgeschnitten waren, sehen ihn heute in diesem Rang. Damals aber, 1945, wirkten seine zu den Deutschen gesprochenen Worte oft verletzend, denn sie trafen Menschen, deren Wissen der Zeitgeschichte viele weiße Flecke aufwies und die als Angehörige intellektueller Berufe durch die Tätigkeitsverbote der Alliierten weitgehend vor dem
Der bibliophile Band mit einer auf 800 Exemplare begrenzten Auflage hat seinen Titel nach dem Namen eines Waldstücks auf der bayrischen Seite des Böhmerwaldes, nahe dem 1000 m hoch gelegenen Ort Waldhäuser, wo das Malerehepaar Reinhold und Hanne Koeppel lebte, sie hatten dort ein Künstlerheim geschaffen und standen in freundschaftlichem Kontakt zu den literarischen Persönlichkeiten der Nachbarschaft wie Hans Carossa in Rittsteig bei Passau und Siegfried von Vegesack in Weißenstein bei Regen, mit Hans Watzlik jenseits der böhmischen und Alfred Kubin in Zwickledt jenseits der
Zu den großen Figuren des europäischen, aber auch des deutschen Geisteslebens darf der ungarische Gelehrte Karl Kerenyi gezählt werden,, der vor 30 Jahren in die Schweiz übersiedelte und dort eine neue Heimat fand. Durch seine Emigration wurde er auch als Schriftsteller der deutschen Sprache so mächtig, daß er eine deutsche Prosa von einer Schönheit schreibt, wie man sie bei deutschen Wissenschaftlern nur in Ausnahmefällen antrifft. Davon zeugen auch seine Briefwechsel mit Thomas Mann und Hermann Hesse.Der zur Veröffentlichung freigegebene Briefwechsel mit Hermann Hesse setzt 1943 ein
Vor einem Jahr konnte man aus dem Haus Molden vernehmen, daß im Frühjahr ein reich bebildertes Buch von Qualtinger erscheinen würde: Vom Dritten Reich zum Dritten Mann. Außerhalb des Hauses Molden konnte man hören, Qualtinger habe nichts geschrieben, es handle sich um ein Buch von Wolfgang Kudrnofsky. Das Ergebnis, mit Spannung erwartet und Ende August endlich erschienen, präsentiert sich optisch wie folgt: Auf dem Schutzumschlag in großer Fettschrift „Vom Dritten Reich zum Dritten Mann“, klein darunter Wolfgang Kudrnofsky, dann wieder in großer Fettschrift Helmut Qualtingers Welt
Eine Autorin, deren literarische Produktion sich mehr durch Progres-sivität und Skandalträchtigkeit als durch Qualität auszeichnet, hat unlängst als Beispiel dafür, daß auch jüngere Schriftsteller eines Tages in die bedrängte Situation der heute alten und ganz alten Autoren kommen werden, ausgerechnet Hans Habe gewählt: groteskerweise, weil er als internationaler Erfolgsautor mit einer Weltauflage von mehr als zehn Millionen, unabhängig von weiteren Einnahmen, immer in großzügigen Verhältnissen leben kann und verständlicherweise, weil er durch seine Kommentare in der „Welt am
Explosiv hat sich im letzten Jahrzehnt der Massentourismus und mit ihm die Touristikbranche entwickelt. Da kann es nicht überraschen, daß bei einem derart stürmischen Aufschwung sich auch Mißstände breitmachten und Pannen vorkamen — Pannen in der persönlichen Planung des Urlaubers ebenso wie in der der Reisebüros und Großunternehmen. Die Verlagsbranche schaltete daraufhin, sie erkannte Urlaubsberatung als eine Lücke auf dem Ruchmarkt, die es zu schließen galt. „Der richtige Urlaub“ nannte sich im Herbst vorigen Jahres ein im Residenz-Verlag Salzburg erschienenes Buch. „Ein
Der Roman erschien in Jugoslawien 1966, seitdem wurde er in zehn Sprachen übersetzt. Nun auch ins Deutsche. Der Otto-Müller-Verlag benutzte eine Ubersetzung aus der DDR. Das Erscheinen des Buches dort war beabsichtigt, bisher aber nicht möglich. Wenn man das Buch gelesen hat, möchte man hinzufügen: aus verständlichen Gründen; denn seine Handlung zeigt das Funktionieren eines totalitären Systems.Der Roman spielt in Sarajewo zur Zeit der bis 1878 dauernden türkischen Herrschaft. Das Geschehen bietet sich dar in den fiktiven Aufzeichnungen von Ahmed Nurudin. Er ist Scheich in einem
Die in diesem Frühjahr im Artemts-Verlag Zürich erschienenen Bekenntnisse eines Pedanten von Johannes Urzidil stellen die erste Publikation nach seinem Tode dar, die nicht mehr von ihm selbst zusammengestellt wurde. Sie erhält für alle Freunde des Dichters eine besondere Wichtigkeit durch eine Bibliographie von Vera Machacko-wa-Riegerowa Prag, deren Erstellung sicher viel Forschungsarbeit, Zeitaufwand und Mühe bereitet hat.Mit 375 Titelnachweisen bis Ende 1938 zeigt die Bibliographie, wie vielfältig Urzidils Schaffen in den Jahren vor der Emigration war: Gedichte, Erzählungen,
Nach zwanzig Jahren, ausgefüllt vorwiegend mit publizistischer Tätigkeit, bricht der Romancier Friedrich Torberg endlich sein Schweigen mit dem Roman Süßkind von Trim-berg. Mit diesem Minnesänger aus der Würzburger Gegend hat es seine besondere Bewandtnis: er ist der erste Jude, der in deutscher Sprache dichtete. Schlägt man ein Lexikon auf, findet man darin eine Notiz wie die folgende: Spruchdichter aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, der einzige jüdische Dichter, der aus der mittelhochdeutschen Lyrik überliefert ist; sechs Sprüche sind erhalten, inhaltlich neigt er zum Deismus