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Ein verlorenes Leben

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Hans Trümmer, 1947 in Bruck an der Mur geboren, debütierte 1979 mit dem Roman „Versuch, sich am Eis zu wärmen“. Er rechnete darin mit der Kleinstadt ab, zu deren Besonderheit es für ihn gehört, „der Jugend den Elan einfach abzuwürgen“.

Jetzt, in seiner Erzählung, hat er das eigene Ich vergessen und zeichnet mit der Distanz des Erzählers ein verlorenes Leben nach, das Leben der Luise oder eigentlich Aloisia WeinzettL die als Putzfrau seit dreißig Jahren in einer Fabrik die Büros der Angestellten säubert und zu Hause als Zubrot für Kollegin- , nen Kleider näht.

Ist das ein Leben? bekommt sie immer wieder von ihrer Schwägerin zu hören. Und plötzlich, ein Jahr bevor sie in die Rente geht, ändert sie ihr Leben. Das alte Ich fällt von ihr ab mit den altmodischen Kleidern, der spießigen Frisur, den bisherigen Lebensgewohnheiten. „Sie, .die alte Schachtel* würde es denen zeigen. Wenn sie einmal in der Rente sein würde, würde sie Reißaus nehmen von hier!“ Das war ihr fester Vorsatz. Das neue Leben soll aber nicht mehr seine Krönung im Rentendasein finden. Krebs - Metastasen - ein hoffnungsloser Fall. Im Todeskampf, im Beisein ihres Beichtvaters, kommen ihr die Worte von den Lippen: „Wenn mich der Herrgott sterben läßt, dann glaub ich an keinen Herrgott mehr.“ Sie stirbt sechzigjährig, einen Monat vor Antritt ihrer Rente.

In der Nachzeichnung dieses verlorenen Lebens schuf der junge Autor ein in Sprache und Komposition beachtliches Werk.

LUISES AUFFAHRT. Novelle. Von Hans Trümmer. Hoffmann und Campe Verlag. Hamburg 1981.96 Seiten, öS 98,60

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