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Ein Zeitgemälde

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Bei Leo Perutz' jetzt neu aufgelegtem Buch handelt es sich um einen historischen Roman aus dem Frankreich Richelieus. Im Todesjahr des allmächtigen Kardinals war ein Äufstandsversuch des Marquis von Cinq-Mars gescheitert, doch es rumorte weiter, beim Adel und im Volk. Bei solcher Konstellation — so die Fabel des Romans — entstand beim Kardinal der Gedanke, mit Hilfe des schon aufgehetzten Volks den Adel in einer einzigen Nacht auszurotten.

In einer derart von Unruhe erfüllten Zeit geht in Paris ein junger Bursche namens Turlupin seinem Beruf als Barbier geselle nach. Zu seinen Kunden gehört der Vicomte von Saint-Cheron, der in Verkleidung eines Tuchhändlergehilfen überall Aufruhr predigt; Turlupin, ein Träumer und Narr, läßt sich dafür gewinnen, in der Verkleidung eines Edelmanns als Spion an einer Versammlung des Adels teilzunehmen. Aus Angst, entlarvt zu werden, tötet er den verkleideten Vicomte, der an der Spitze des rebellierenden Volkes gegen die Adeligen angerückt war. Damit begeht er die einzige Heldentat des Tages, ohne es zu ahnen, denn - so schließt die Fabel — „mit dem Tode des Vicomte von Saint-Cheron war der Aufruhr zu Ende, ehe er noch begonnen war".

Die im Roman waltende Freude am Erzählen und Phantasieren und auch die Meisterschaft in der Komposition des farbigen Zeitgemäldes nötigen dem Leser Respekt ab vor dem Erzähler Perutz, dessen 100. Geburtstag in dieses Jahr fällt.

TURLUPIN. Von Leo Perutz. Paul Zsol-nay-Verlag, Wien 1984. 220 Seiten, Ln., öS 160.-.

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