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Subtile Liebe

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Hilde Spiel überrascht mit einer zarten Liebesgeschichte aus unserer Zeit, die sich in Triest begibt. Hier begegnen sich die Italienerin Franca und der Slowene Mirko von jenseits der Grenze, und zu ihnen tritt als dritte Hauptperson mit einem Flui-dum aus Geschichte und Gegenwart die heutige Grenzstadt, in der über Jahrhunderte hinweg Menschen der verschiedensten Nationalitäten zusammenströmten und die als Stadt ihre Prägung von ihnen allen empfing.

Heute übt sie auf die Menschen jenseits der Grenze als Einkaufszentrum eine starke Anziehungskraft aus. So kommt eines Tages auch Mirko, einige zwanzig Jahre alt, aus Köper, dem ehemaligen Fischerdorf, das sich in einen Industrieort und emsigen Hafen gewandelt hat. Auf dem Markt begegnet er Franca - eine Begegnung, die beiden zum Schicksal wird.

Ein Geheimnis umhüllt Franca, sie wird behütet in dem Haus eines italienischen Commendatore, dessen Nostalgie tief in die k. u. k.Zeit zurückreicht. Auf das behutsamste nur darf Mirko sich Franca nähern, sie ist - so empfindet er es - „wie Stein, der noch unbehauen ist". Die wenigen, die um das Geheimnis wissen - um Francas psychische Erkrankung, ausgelöst durch Kindheitserlebnisse - hoffen, daß ihr Schicksal sich durch Mirko wendet. Statt dessen treibt es einer Katastrophe zu, nachdem Mirko, der ehemalige Steinmetzgehilfe, in Triest als moderner Künstler zum Erfolg kommt, bis zum Schluß die beiden jungen Menschen als füreinander bestimmt doch zusammenfinden. Franca darf hoffen, den Schatten ihres Schicksals abgeschüttelt zu haben.

Kein überflüssiges Wort stört in dieser kunstvoll sparsamen Erzählung. Bewundernswert die psychologische Durchdringung des Geschehens. Wer einen kultivierten Erzählton liebt, wird diese Liebesgeschichte als eine Kostbarkeit der heutigen Literatur empfinden.

MIRKO UND FRANCA. Von Hilde Spiel. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1980. 168 Seiten, öS 154,-

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